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Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Titel: Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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geworfen, darauf könnte ich die Hand ins Feuer legen. Warum also kam kein Geld? Oder hatte Vati einen anderen gebeten, zur Post zu gehen? Das würde ihm ähnlich sehen, ihm, der von allen Menschen nur das Gute dachte! Vielleicht hatte dieser andere das Geld unterschlagen?
    Ich war sehr knapp dran. In der Haushaltskasse lagen nur noch ein paar Francs, und in das Geld in meinem Brustbeutel hatte die Arztrechnung ein häßliches Loch gerissen. Tante Edda wollte nichts davon wissen, daß ich ihre Ausgaben ersetzte, die sie während meiner Krankheit hatte. „Die Zwiebäcke und das Katzenfutter sind die Hausmiete“, sagte sie, „ich wohne ja gratis bei dir, Britta. - “
    Ich hätte natürlich einiges darauf antworten können, aber es war viel zu verlockend, ihren Vorschlag anzunehmen.
    „So, Britta, wir sind da.“
    Es war nur eine kleine Strecke von der Metro zum Zoo, aber ach, wie litt ich! Sehnsüchtig dachte ich an meine alten ausgetretenen Sandalen.
    Dort lag der Zoo vor uns - mit Umzäunungen und künstlichen Klippen, mit vielen Tieren und mit langen, langen Wegen, die in engen Schuhen mit Pfennigabsätzen zurückgelegt werden mußten. „Komm, wir setzen uns erst mal und studieren das Programm.“ Nichts hätte ich in diesem Augenblick lieber gehört. und getan. Wir setzten uns auf eine Bank. Tante Edda sah mich an. Ihre blauen Augen leuchteten verschmitzt. „So, Britta, nun denke ich, hast du genug gelitten. Bitte schön!“
    Und aus ihrer großen Tasche kamen - meine alten Sandalen!
    Ich hätte sie umarmen können, wenn es also möglich gewesen wäre, Schuhe zu umarmen. Im nächsten Augenblick war ich ein neuer und glücklicher Mensch, ich sprang von der Bank auf und konnte es gar nicht erwarten, möglichst viel vom Zoo zu sehen. Die Folterschuhe verschwanden in Tante Eddas Tasche.
    „Wirf sie in den Seehundsteich, Tante Edda, oder der Elefant soll sie fressen.“
    „Das Füttern der Tiere ist verboten“, sagte Tante Edda trocken. „Dies Verbot ist für Menschen wie dich gemacht, Menschen, die die Tiere mit Zucker oder Schokolade oder Schuhen mit Bleistiftabsätzen füttern - “
    Wir verbrachten mehrere Stunden in Vincennes. Natürlich ging ich gleich zu den Eseln. Für die hatte ich eine ganz besondere Vorliebe.
    „Ja, ich mag auch die Tiere von der Pferdefamilie“, sagte Tante Edda. „Die reizenden Shetlandponies, zum Beispiel - “
    „Ja, und weißt du, diese Tiere sind es ja seit Jahrhunderten gewohnt, in Gefangenschaft gehalten zu werden. Es tut nicht so weh, sie hinter Gittern zu sehen.“
    „Tut es dir denn weh, die anderen zu sehen?“
    „Dir nicht?“ fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf.
    „Eigentlich nicht. Siehst du, ein moderner, gut geleiteter und großzügig angelegter Zoo ist wie ein gutes Heim für die Tiere. Sie werden genährt und gepflegt und können sich bewegen - nein, sieh doch, wie der Bock da springt! - und sie sind geborgen, geschützt gegen Jäger auf vier und auf zwei Beinen. Hast du eine Ahnung, wieviel herrliche Tiere durch sinnlose Jagd ausgerottet sind? Weißt du, daß weder du noch ich noch irgendein Mensch auf der Welt jemals ein Quagga zu sehen bekommen wird? Schon im vorigen
    Jahrhundert starb diese Art aus. Die Zoos hüten die Tiere, die uns übriggeblieben sind, und pflegen sie so gut, daß sie gedeihen und sich vermehren und uns erhalten bleiben.“
    „Schöner wäre es aber, wenn sie draußen in der freien Natur erhalten bleiben könnten“, meinte ich.
    „Ja, klar. Und es wird auch sehr viel getan, damit das gelingt. Setze dich mal hin mit einer Afrikakarte und zähle, wieviel Nationalparks es da gibt. Oder in Amerika! Oh, wenn alle Menschen doch einsehen würden, wie wichtig es ist, jedes Geschöpf Gottes zu erhalten!“
    „Aber Tante Edda! Was ist mit dem Kalbsbraten, den wir gestern aßen?“
    „Hätte ich auch nicht gegessen, falls die Kälber große Seltenheiten wären und in Gefahr stünden, ausgerottet zu werden.“ Ich lachte, und wir gingen weiter. Etwas später waren wir bei den Menschenaffen. Ich blieb lange vor einem Käfig mit einem prachtvollen Gorilla stehen.
    „Tante Edda“, sagte ich. „Sieh dir die Augen an! Und den Ausdruck!“
    „Geht es dir jetzt so wie mir, Britta! Daß du dich beinahe schämst, weil ein so herrliches Tier mit einem so hochintelligenten Aussehen hinter Gittern sitzt und für Geld gezeigt wird?“
    „Ja, so ungefähr empfinde ich es.“
    „Hoffentlich fühlt es der Gorilla nicht. Übrigens, hat er es

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