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Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Titel: Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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jedes Jahr eine Reise; das ist einfach nötig für mich, um neue Eindrücke zu sammeln, sonst wiederhole ich nur mich selbst in meinen Büchern.“
    „Fährst du auch manchmal nach dem Norden?“
    „Ja, zuweilen. Ich bin in Dänemark und Südschweden gewesen. Sag mal, du kannst doch Dänisch?“
    „Jawohl, Mutti sprach oft dänisch mit mir. Aber du brauchst ja nicht gar soweit zu reisen, Tante Edda. Der Seehundsrücken liegt auf der deutschen Seite der Grenze, und du glaubst gar nicht, was für ein gesundes Klima wir haben. Im Sommer vermieten wir Zimmer an Sommergäste. Bei besonders lieben Gästen ist der Mietpreis gleich Null, möchte ich bemerken.“
    „Ja, das wäre ja etwas für mich“, sagte Tante Edda trocken. „In der letzten Woche war meine Hausmiete auch gleich Null. Es ist übrigens das erste Mal in meinem Leben, daß ich in eine Wohnung hineingewandert bin und mich dort niedergelassen habe, ohne dazu aufgefordert worden zu sein.“
    „Tja, was hätte ich denn machen sollen! Aber im Ernst! Es ist herrlich bei uns im Sommer.“
    „Ich zweifle keinen Augenblick. Wir werden sehen, Britta, wir werden sehen.“
    Es war unser letzter Abend. Tante Edda packte, und trotz allem hatte ich einen Kloß im Hals. Allerdings sah für mich alles anders aus als vorher. Alles war leichter und heller, aber trotzdem.
    Einen Trost hatte ich: Eine Karte von Ellen. Sie schrieb, daß der letzte Abstrich bazillenfrei war. Noch zwei Abstriche mit einem Zwischenraum von einer Woche; wenn die auch in Ordnung waren, würde sie aus dem Krankenhaus entlassen.
    Aber noch standen mir vierzehn einsame Tage bevor -mindestens.
    Von Vati wieder keine Post. Unbegreiflich! Ich fragte Tante Edda, ob sie den Brief bestimmt in den Kasten gesteckt habe.
    „Das kann ich beschwören“, versicherte sie.
    Naja, dann mußte ich morgen telegrafieren.
    Ich kam aus der Küche. Tante Edda stand da und starrte auf ein Bild. Es hatte an der Wand im Schlafzimmer gestanden, mit der Rückseite zum Zimmer. Sie hatte es umgedreht aufgestellt, daß das letzte Tageslicht darauf fiel.
    „Ach, das hat Vati in der ersten Woche hier gemalt“, sagte ich. „Gefällt es dir?“
    Sie drehte sich um und lächelte.
    „Es ist fabelhaft, Britta“, sagte sie. „Wenn ich nur begreifen könnte, wie es deinem Vater geglückt ist, dieses merkwürdige Licht einzufangen. Dieses wunderbare, halbwegs blaue Licht, das alle anderen Farben in sich vereint. Diese merkwürdige blaue Farbe, die irgendwie Gold enthält. Es ist so typisch Paris, so absolut Paris, daß man den Straßenlärm hört und die Seine und die Metro riecht.“
    „Das ist aber kein guter Geruch“, lachte ich.
    „Vielleicht nicht, aber er ist typisch. Der Metrogeruch gehört zur Pariser Stimmung und ist unlöslich mit ihr verknüpft. Ja, Britta, ich bin - wie sagt ihr jungen Leute doch? - toll begeistert. Es ist recht und schlecht.“
    „Eine Wucht!“ schlug ich vor.
    „Meinetwegen! Wenn du einmal deinem Vater die Wahrheit erzählst und auch von mir sprichst, so grüße ihn herzlich und sage ihm, daß ich ihm zu dem kleinen Meisterwerk hier gratuliere.“
    „Er soll es wörtlich kriegen!“ gelobte ich.
    Das bekam er auch - später. Viel später.
    Es war Schlafenszeit, und ich legte mich mit schwerem Herzen ins Bett. Morgen um diese Zeit würde ich allein sein. Aber dann raffte ich mich auf. Jetzt sollte mein Selbstmitleid ein Ende haben!
    Jetzt wollte ich vernünftig sein!
    Das war ich Tante Edda schuldig.

Der alte Philosoph
    Der Zug war abgefahren.
    Ich blieb zurück auf dem Bahnsteig mit dem Taschentuch in der Hand. Nun hatte es keinen Sinn mehr zu winken. Ich biß mich auf die Unterlippe.
    Nicht heulen, Britta, sagte ich zu mir. Du bist voll guter Vorsätze, es wäre noch schöner, wenn du den Anfang mit Plärren machtest.
    Ich biß die Zähne zusammen, hob den Kopf und ging durch die Sperre.
    Was hatte ich mir denn für heute vorgenommen?
    Zuerst an Vati schreiben! Ich hatte noch zwei von Omis Zwanzigmarkscheinen. Wenn ich sie wechselte, würde ich schon durchkommen und die Katzen und mich einige Tage füttern können. Ich hatte noch einige Briefmarken. Es war also besser, das teure Telegramm zu sparen.
    Und was wollte ich sonst unternehmen?
    Nichts, was Geld kostete. Der Louvre kam nicht in Frage, der mußte bis zum Sonntag warten, dann war der Eintritt frei.
    Aber sollte ich jetzt nach Colombes zurückfahren? Oder lieber einen Spaziergang ins Zentrum machen, da ich ja sowieso in Paris

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