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Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Titel: Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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flüsterte sie.
    „Ich will dir nur sagen, daß dein Vater es so gut hatte, als ich mit ihm sprach. Er lag in einem wundervollen Bett in einem hellen Zimmer, und eine tüchtige und süße Krankenschwester pflegte ihn. Und als ich dann an seinem Bett saß, da habe ich ihm erzählt, daß ich dich furchtbar gern bei mir behalten möchte – daß du auf immer bei mir bleiben sollst, verstehst du?“
    Lisbeth richtete sich auf und blickte mich an.
    „Ich soll bei dir bleiben? Für immer? Bei dir wohnen? Auch wenn wir wieder in der Stadt sind?“
    „Ja – wenn du es willst. Ich habe dein Bett in meine Wohnung bringen lassen. Es steht jetzt in meinem Schlafzimmer – unmittelbar neben der Tür zum Badezimmer – da, wo früher die kleine Kommode stand, weißt du?“
    „Steht da jetzt mein Bett?“
    „Ja. Und alle deine Kleider hängen in meinem Kleiderschrank. Und du sollst deine eigenen Haken im Badezimmer und auf dem Flur bekommen. Und wenn du im Herbst zur Schule gehst, dann stellen wir einen kleinen Tisch, an dem du deine Schularbeiten machen kannst, an das Schlafzimmerfenster.“
    Die Tränen hatten ganz aufgehört. Lisbeth war überwältigt.
    „Und dann soll ich jede Nacht bei dir schlafen? Und jeden Tag mit dir zusammen essen – und für immer?“
    „Ja. Für immer. Vielleicht kannst du auch manchmal Erna etwas in der Küche helfen – oder einen Gang für sie machen – oder für mich – Hör mal, Lisbeth! Jetzt muß ich dich etwas fragen. Gibt es irgend etwas, worüber du dich ein klein wenig freuen könntest? Gibt es etwas, was du dir wünschst – etwas, was du ganz schrecklich gern haben möchtest?“
    Lisbeth sah mich mit großen, blanken Augen an. Ihr kleines Gesicht war noch immer geschwollen von dem vielen Weinen.
    „Natürlich gibt es eine ganze Menge, was ich gern haben möchte – aber ich glaube nicht, daß ich mich je wieder über etwas auf der Welt richtig freuen kann.“ Die letzten Worte klangen wie ein Schluchzen. Und nun begann das Weinen aufs neue – ein müdes, hoffnungsloses, aus wundem Herzen kommendes Weinen.
    Endlich bekam ich Lisbeth ins Bett. Sie war von dem vielen Weinen ganz erschöpft und so todmüde, daß sie sogleich in Schlaf fiel.
    Da bat ich Anne-Grete, nach dem Bahnhof zu radeln und einen Brief einzuwerfen, der noch mit dem Nachtzug mit sollte. Er enthielt eine Bestellung auf ein Fahrrad für Lisbeth mit dem Vermerk, es solle umgehend geschickt werden.
    Als Anne-Grete und ich dann später am Abend vor dem Kamin saßen, erzählte sie, Carl wäre dagewesen. Er war mit dem Auto von Oslo gekommen und hatte sie gebeten, mir auszurichten, ich möchte ihn, sobald ich zurück wäre, in seiner Berghütte anrufen. Die Rufnummer hatte er aufgeschrieben.
    „Lisbeth war an dem Tage übrigens sehr merkwürdig“, sagte Anne-Grete. „Sobald sie sah, wer da kam, lief sie weg und ließ sich nicht eher wieder blicken, als bis er fortgefahren war. Sie wäre bei Perle und Graubein gewesen, sagte sie. Als ich sie aber fragte, warum sie so unhöflich gewesen wäre, gab sie keine Antwort. Ein merkwürdiges Kind! Sonst ist sie doch die Höflichkeit und Wohlerzogenheit selber!“
    Ich lächelte still vor mich hin. Ich mußte daran denken, wie Lisbeth Carl gekennzeichnet hatte. „Er ist dumm“, hatte sie gesagt. Eine schlichte, offenherzige und erschöpfende Kennzeichnung!
    „Und nun sollst du also Mutterpflichten übernehmen“, sagte Anne-Grete. „Wie wird sich das wohl mit Carl Lövolds Zukunftsplänen reimen?“
    „Mag es sich nun reimen oder nicht“, sagte ich, „auf keinen Fall lasse ich Lisbeth im Stich.“
    Anne-Grete legte ihre Hand auf meine.
    „Das ist fein von dir, Steffi! Ich bewundere dich.“
    „Da ist nichts zu bewundern. Weißt du denn nicht, daß ich das kleine Ding unbeschreiblich liebhabe? Ich freue mich riesig darauf, sie ganz für mich zu haben, sie gut zu pflegen, hübsch zu kleiden, für ihre Gesundheit zu sorgen – oh, Anne-Grete, es ist ein wundervolles Gefühl, einen Menschen zu haben, für den man arbeitet!“
    „Das kann ich gut verstehen“, sagte Anne-Grete langsam. „Aber vergiß eins nicht, Steffi. Es kann wohl sein, daß du mit Lisbeth Enttäuschungen erlebst. Auf jeden Fall aber ist es todsicher, daß du manchen Verdruß bekommen und manche Angst ausstehen wirst. Es ist nicht dasselbe, wie wenn man mit einer Puppe spielt oder mit einem kleinen Hund oder einem Kätzchen. Ich bin nicht ganz sicher, ob du dir darüber klar bist, was du auf dich

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