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Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz

Titel: Bratt, Berte - Lisbeth 01 - Meine Tochter Liz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Kind. Die Eltern sehen ja auch beide gut aus. Lillian wurde sehr umschwärmt, das kann ich Ihnen sagen. Sie war meine Kollegin. Wir spielten zusammen in ,Nitouche’ Abend für Abend saß Carl in der vordersten Parkettreihe, und Lillian bekam die schönsten Blumen. War das eine Liebe! Noch bevor die Operette zum letzten Male gegeben wurde, waren Carl und Lillian verheiratet. Ich verkehrte in ihrem Hause, und da habe ich auch meinen Mann kennengelernt. So habe also auch ich mein Glück gemacht. Aber ich glaube, ich war vernünftiger als Lillian. Denn ich blieb beim Theater, während Lillian ihre Laufbahn aufgab. Übrigens geschah das auf Carls Verlangen, denn er wollte nicht, daß seine Frau etwas anderes täte als dem Haushalt vorstehen, die Wirtin machen, repräsentieren und so weiter. – Und jetzt? Jetzt sitzt die arme Lillian da – “
    „Glauben Sie nicht, daß sie zum Theater zurückkehren wird?“
    „Dazu dürfte es zu spät sein. Vergessen Sie nicht: sie ist jetzt fünfunddreißig Jahre alt und seit zwölf Jahren nicht mehr aufgetreten. O nein, sie hat keinerlei Aussicht mehr. Lillian kann einem natürlich leid tun – und Annchen auch –, aber es ist doch schließlich ihre eigene Schuld. Warum war sie auch so dumm, ihre Ehe auseinandergehen zu lassen? – Aber da tue ich ihr unrecht: es war ja Carl, der sich scheiden lassen wollte! – Lillian hat übrigens sehr verloren. Es macht kein rechtes Vergnügen mehr, mit ihr zu verkehren.“
    „Finden Sie es nicht etwas eigenartig, daß Sie mit Carl verkehren, wo Sie doch eigentlich die Freundin seiner Frau sind?“ Frau Rawen zuckte die Achseln.
    „Er ist doch ein so guter Freund meines Mannes.“
    „Ja, gewiß. Ich verstehe.“
    Es fiel mir schwer, die Unterhaltung mit Frau Rawen fortzusetzen. Ich hatte über so vieles nachzudenken.
    „Nun, Steffi? Wie gefällt dir meine Berghütte? Glaubst du, du könntest dich in ihr wohl fühlen?“
    Carl und ich waren auf der Heimfahrt. Er fuhr langsam und vorsichtig, denn der Weg war schmal und steinig.
    „Es ist eine wundervolle Berghütte, Carl. Mächtig elegant. Und du hast ja auch ein Dienstmädchen mitgenommen. Da hast du es sicher ebenso bequem wie in der Stadt.“
    Carl lachte.
    „Ja, weißt du, ich bin etwas zu alt geworden, um noch an der ewigen Grütze und am Abwaschen Gefallen zu finden. Ich gebe ehrlich zu, daß ich mich gern bedienen lasse.“
    Wir schwiegen eine Weile. Dann kam ich mit der Frage, die mir sehr zu schaffen machte:
    „Weshalb hast du mir nie etwas von Annchen gesagt?“
    Der Wagen machte einen Sprung, als hätte der Fuß auf dem Gashebel etwas gezuckt.
    „Hat Frau Rawen dir von Annchen erzählt?“
    „Ja. Sie glaubte, daß ich von deiner Tochter wüßte.“
    „Ich kam nicht dazu, sie zu erwähnen. Sie ist ja bei ihrer Mutter. Ich sehe sie nie.“
    „Das muß für dich sehr schmerzlich sein, Carl.“
    „Tja.“
    Er sagte nichts weiter. Ich auch nicht. Ich wollte nicht zudringlich sein.
    „Ich muß in ein paar Tagen nach Bergen zurück“, sagte Carl. „In der nächsten Zeit werde ich dann sehr beschäftigt sein. Aber im September komme ich wieder nach Oslo.“
    Wir standen auf dem Wege unterhalb der Hütte. Weiter hatte Carls Wagen nicht fahren können. Das letzte Stück – es mochten dreißig bis vierzig Meter sein – mußte man zu Fuß zurücklegen.
    „Steffi“, sagte Carl. „Nie kann ich mich einmal richtig mit dir aussprechen. Immer ist jemand da, der uns stört, und immer haben wir beide so schrecklich viel zu tun. Aber warte nur! Das soll anders werden. Im September.“
    Da kam ein kleiner Kobold in blauer Trägerhose den Hang heruntergerannt und flog in meine Arme. Und Carl wirkte plötzlich sehr fremd auf mich.

10
     
     
    Wir hatten Besuch bekommen.
    Anne-Gretes Knut hatte Ferien. Eines Tages stand er unangemeldet in unserem Wohnzimmer – ein gut aussehender, flotter, magerer, sportlich durchgebildeter junger Mann von fünfundzwanzig Jahren. Ich war mit ihm mehrere Male in der Stadt zusammengetroffen, aber ich wußte eigentlich kaum mehr von ihm, als daß er in Anne-Grete verliebt war und sie in ihn.
    Es lag kein Grund vor, weshalb Knut nicht hätte dableiben sollen. Er konnte auf dem Diwan im Wohnzimmer schlafen. Als wäre es die selbstverständlichste Sache von der Welt, übernahm er sofort mindestens die Hälfte aller Hausarbeit.
    Die wenigen Stunden, die er Anne-Grete allein ließ, benutzte er dazu, mit der Angelrute loszuziehen. Wenn er zurückkam, brachte er

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