Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss
Ich schrie so verzweifelt wie nie in meinem Leben!
Wie aus der steilen Kliffwand geschossen sprang ein Mann hervor. In seinen Armen hielt er ein flaches Paket, ein flaches Etwas, in eine Jacke gehüllt. Es hatte genau die Größe des Triptychons.
Der Mann sprang ins Wasser, watete zur Bucht, gegen das Boot hin.
Ich höre ein brüllendes »Halt« von Vati. Schon hatte der Fremde die freie Hand auf dem Boot, da sprang ihn der riesengroße Barry an. Er packte ihn am Arm, der Mann schrie auf, drehte sich um und ließ das Paket fallen.
Ach! Ach! Dies alles mit ansehen zu müssen, ohne einen Finger rühren zu können! Ich hielt mich krampfhaft an der Hundeleine fest, sah, wie Barry den Mann losließ, wie er mit den Zähnen einen Zipfel der Jacke zu fassen kriegte. Sie löste sich von dem, was sie schützen sollte. Barry ging tiefer ins Wasser, aber da war Vati heran. Aus dem seichten Wasser hob er - das Triptychon.
Über die See flitzte ein kleines Motorboot und trug einen gemeinen, widerlichen, gewissenlosen Verbrecher in die Freiheit.
Barry schüttelte sich gründlich wie nach einem erfrischenden Bad. Er hatte seine Pflicht erfüllt, so wie viele andere Barrys vor ihm ihre Pflichten bei Schnee und Sturm in den Alpen erfüllt hatten.
Der Mann im Boot interessierte ihn nicht mehr. Anscheinend interessierte er Paps ebensowenig. Denn der hatte sich auf einen Stein gesetzt und öffnete vorsichtig die Flügel des Triptychons. Lange blieb er sitzen, sah es sich aufmerksam an und merkte anscheinend nicht, wie das Motorengeräusch immer schwächer wurde.
Von dem Mann an Bord wußten wir nur, daß er einen Hundebiß am linken Arm hatte, daß er Pierre irgendwie ähnlich und ein Verbrecher sein mußte.
Vati ging am Strand entlang, winkte mir zu und machte ein Zeichen.
Ich verstand. Er ging jetzt bis zum anderen Warnschild. Dort war ein Zaun. Und auf dessen anderer Seite konnte er auf einem sicheren Pfad nach oben kommen.
Ich löste die Hundeleine, brachte mich selbst in Sicherheit und lief durch die Dünen Vati entgegen.
Einen Augenblick standen wir einander wortlos gegenüber. Dann streckte ich die Arme aus.
»Komm, Vati. Gib mir das Triptychon. Du mußt zum Arzt, zu Lillepus.«
»Ja, Britta.«
»Wo ist die Jacke, in der das Bild lag?«
»Ach die. die ist längst weg.«
»Aber Paps, das wäre doch ein Anhaltspunkt für die Polizei
gewesen!«
»I wo. Es war meine eigene Hausjacke, die der Dieb im Atelier geklaut hatte. Laß sie untergehen! Diesen Verlust kann ich schon verschmerzen!«
Resolut knöpfte ich meinen Rock auf. Schließlich trug ich Shorts darunter. Vati half mir, den Rock um das Triptychon zu wickeln, und endlich konnte ich nach Hause gehen.
Das knirschende Geräusch der Leine, als ich die Flagge hißte, klang mir wie himmlische Musik in den Ohren.
Ich ging zum Telefon, rief die Gendarmerie an und teilte mit, das Kind sei gefunden, der Verbrecher leider entkommen. Natürlich erzählte ich auch von dem Triptychon.
Dann setzte ich mich in einen Sessel, und Barry kam zu mir. Ich streichelte seinen schönen Kopf und sah ihm in die klugen, treuherzigen Augen.
»O Barry«, flüsterte ich, »was kann ich bloß für dich tun, Barry? Du unser Bester, unser guter, guter Hund! Was kann ich bloß für dich tun?«
Oh, natürlich konnte ich etwas für Barry tun!!! Unser Mittagessen stand noch im Kochtopf auf dem kalten Herd. Es sollte Kalbsfrikassee geben.
Ich schüttete den ganzen Inhalt des Kochtopfes in eine Schüssel und stellte sie Barry hin.
Im Laufe der nächsten Stunde kamen Ellen und Marion zurück, etwas später auch Vati und Tante Edda mit Lillepus. Die Kleine schlief fest in Vatis Armen.
Er sah unsere blassen, fragenden Gesichter an und lächelte. Ein glückliches Lächeln in einem vollkommen erschöpften Gesicht. »Sie ist unverletzt, Kinder. Höchstwahrscheinlich wird sie vierundzwanzig Stunden schlafen. Bring sie zu Bett, Britta. Nichts mit Waschen und so, laß sie schlafen! Nur das Nötigste ausziehen und sie hinpacken.«
»Muß nicht jemand bei ihr bleiben?«
»Ich glaube nicht. Nun ja, laß Barry bei ihr. Dann hat sie keine Angst, falls sie aufwachen sollte.«
Ich trug sie nach oben, und es gelang mir, ihr die Sandalen und den Overall auszuziehen, ohne daß sie aufwachte. Ich wagte es auch, die Händchen vorsichtig zu waschen. Gleich darauf lag sie in ihrem Gitterbett, und Barry pflanzte sich daneben. Keine zehn wilden Pferde hätten ihn jetzt von Lillepus wegzerren können. Ich kam
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