Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss
wunderte, daß so ein >Altarbild<, wie sie es nannte, in eine Wand hineingesteckt worden war. Übrigens - das hat man ja auch im Fernsehen gezeigt!«
»Hat denn jemand dieses Gespräch angehört, Paps?«
»Das ist es ja eben! Hinter meinem Rücken stand ein Mann und wühlte in den Ansichtskarten! Dorry wollte ihn schon bedienen, da sagte er nein, er könne warten, er möchte sich in aller Ruhe die Karten zusammensuchen. Na, dann hat Dorry mit Lillepus geplaudert, und Sie wissen, Frau Bernadette, Ihre Tochter ist genauso offenherzig wie ich. Sie erzählte von dem Spielplatz und was die anderen Kinder sagen würden, und Dorry sagte etwas über Verwöhnung und so. Und ich - warte mal, was habe ich eigentlich gesagt? Ja, natürlich, ich sagte, die kleine Dame sei meine große Liebe auf dieser Welt, für sie könnte ich meinen letzten Groschen ausgeben. Ach, Kinder, ihr kennt mich doch, ihr wißt, was für Unsinn ich zusammenrede, wenn ich in Stimmung bin. Und in Lillepus’ Gesellschaft muß man ja in Stimmung kommen. Unser kleiner Schatz!« Das letzte kam mit einer leisen Stimme, voll Zärtlichkeit. »Übrigens«, fügte Vati hinzu, »wenn ich wegen des Triptychons einen Erpresserbrief gekriegt hätte. Na gut, ich hätte die Presse, alle reichen Menschen, die ich kenne, jeden Einwohner vom Seehundsrücken um Beiträge gebeten. Aber, Frau Bernadette, eins sollen Sie wissen: Wäre es um Lillepus gegangen, hätte ich mein Haus verkauft, ich hätte dem Verbrecher das Triptychon in die Hände gelegt, ich hätte die Bank geknackt, ich hätte. ich hätte.« Es folgte eine Pause. Dann sagte Bernadette, und ihre Stimme klang heiser:
»Es ist mir klar, daß es sich um das Triptychon handelte, und daß Lillepus’ Entführung nur ein Vorwand war; der Verbrecher hat sie ja auch im Dünengras zurückgelassen und ist dann zum Haus gegangen, als er meinte, es sei leer. Aber trotzdem! Trotzdem! Ohne Barry hätte es Stunden dauern können, bevor Lillepus gefunden worden wäre! Was hätte ihr nicht alles passieren können! Der Verbrecher hat eine Reihe von Menschen in eine höllische Angst versetzt, in die furchtbarste Angst, die es gibt, die Angst um ein Kind, und er hat diese Angst ausgenutzt. Wie kann ein Mensch - wie kann bloß ein Mensch so was tun - ein Mensch, der selbst eine Mutter und einen Vater hat oder gehabt hat, ein Mensch, der vielleicht Kinder hat. Wie kann bloß so ein Gedanke in einem menschlichen Gehirn entstehen?«
»Der Verbrecher hatte außerdem ein unwahrscheinliches Glück«, sagte Ellen. »Weil er anscheinend Pierre ähnlich sieht, deinem guten Pierre, Britta, und Lillepus deshalb zu ihm lief und ihn laut Onkel nannte!«
»Er hat sicherlich gedacht, Lillepus sei deine Tochter, Benno«, sagte Tante Edda. »Er hat doch gesagt, Herr Dieters habe ihn gebeten, Lillepus abzuholen!«
»Aber wie kriegt man den Kerl zu fassen?« rief Vati. »Wieviel Millionen Männer gibt es in Deutschland, die dunkelhaarig, schlank und braunäugig sind? Dabei wissen wir nicht einmal sicher, ob er braune Augen hat.«
»Und er muß, er muß gefaßt werden!« sagte Bernadette leidenschaftlich. »Nicht auszudenken, daß andere dasselbe erleben sollten! Wenn so ein Mensch wüßte, welche Not und welches Leid er verursacht! Oh, wenn ich geahnt hätte - wenn ich hier gewesen wäre.« Plötzlich brach Bernadette in ein wildes Schluchzen aus. Wir ließen sie eine Weile weinen. Dann strich Tante Edda ihr übers Haar.
»So, Bernadettchen! Nun geh rauf und sieh dir dein gesundes, schlafendes Kind an und danke dem lieben Gott, daß du es bei dir hast.«
»Ach, Tante Edda, auf meinen Knien werde ich Gott danken!« Sie stand auf. Ellen auch.
»Einen Augenblick, Bernadette! Warte eine Sekunde!« Sie lief in den Flur und kam mit einem kleinen lederbezogenen Kasten zurück.
»Paß mal auf. Das hier hab ich mir heut von meinem. äh. Bekannten geborgt. Es ist ein kleines Tonbandgerät mit Batterie. Ich dachte, es wäre wichtig, alles festzuhalten, was Lillepus sagt. Ihr wißt, wir sprachen davon, bevor Bernadette kam.«
»Prima, Ellen! Ausgezeichnet!« lobte Vati.
Ellen, die das Gerät bedienen konnte, ging mit Bernadette nach oben. Wir sprachen leise weiter. Ein mittelgroßer, dunkelhaariger Mann mit einem kleinen weißen, schnellen Motorboot. Wie viele weiße Motorboote, wie viele mittelgroße schlanke Männer waren augenblicklich drüben auf Florida? Und wenn auch die Polizei einen verdächtigte, wenn er auch Lillepus gegenübergestellt
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