Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss

Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss

Titel: Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
Vom Netzwerk:
hörten wir Barry winseln. Zielbewußt ging er geradewegs hinein in das dichte, steife Dünengras. Dort zerrte er an etwas, winselte wieder. Etwas Rotes kam zum Vorschein.
    Lillepus! Unsere Lillepus! Sie lag da und schlief, schlief tief und fest. Sie atmete regelmäßig, ihre Wangen waren gesund und rosig. Unsere Lillepus!
    Vati nahm sie in die Arme, setzte sich einen Augenblick hin. Ich wischte ihm den Schweiß von der Stirn. Dann guckte ich ihn an und wischte auch seine Augen.
    »Britta«, flüsterte Vati. »O Britta, diese letzte Stunde, die war die schrecklichste meines Lebens!«
    »Vati, wollen wir sie nicht zur Sicherheit lieber zum Arzt bringen?«
    »Selbstverständlich, mein Mädchen. Ich bringe sie hin, und du läufst nach Hause und hißt die Flagge.«
    Wir gingen schnell, ohne zu sprechen. Barry trottete vor uns her. Ich beobachtete den Hund. Verfolgte er noch eine Fährte? Suchte er wohl den unbekannten Mann? Diesen merkwürdigen Menschen, der das Kind entführt hatte, es tief im dichten Dünengras versteckt und dort gelassen hatte?
    Vatis Gedanken gingen anscheinend ähnliche Wege wie meine.
    Plötzlich drehte er sich um und sah mich mit großen Augen an.
    »Britta! Hör mal! Ob dies nur. Ist es denkbar, daß jemand das Kind entfernt hat, um uns alle aus dem Haus zu jagen? Damit er. Um Himmels willen! Britta - das Triptychon!«
    Ich streckte die Arme aus.
    »Paps, folge Barry! Gib mir Lillepus, ich bringe sie zum Arzt!«
    Ohne Worte legte mir Vati Lillepus in die Arme. Barry verließ den Pfad, überquerte eine Wiese, als wolle er eine Abkürzung nach unserem Hause einschlagen. Vati folgte ihm.
    Ich war nur ein kurzes Stück gegangen, da tauchte Tante Edda vor mir auf.
    »Britta! Ach, da ist sie ja! Gott sei Dank, o Gott sei Dank! Man sagte mir, man hätte einen Mann mit einem Kind in dieser Richtung.«
    »Tante Edda, bring Lillepus zum Arzt. Ich kann dir nichts erklären, ich muß laufen. Hier - dies habe ich neben Lillepus gefunden.« Ich steckte ihr die Zuckerpapiere in die Hand. »Ich komme nach, Tante Edda. Lauf schnell!«
    Sie fragte nicht. Zum zweitenmal wurde Lillepus von liebevollen Armen übernommen, und ich rannte - rannte schneller als jemals in meinem Leben, rannte Vati und Barry nach.
    Weit vorn sah ich den Hund. Jetzt blieb er stehen, schnüffelte, sah aus, als dächte er nach. Dann machte er kehrt und lief schnell und zielbewußt in eine bestimmte Richtung. Geradewegs zum Kliff. Ich hatte Vati eingeholt, und wir rannten hinter Barry her, bis es uns schwarz vor den Augen wurde.
    »Tante Edda ist mit Lillepus zum Arzt«, keuchte ich.
    Vati nickte nur, und wir rannten weiter.
    Jetzt waren wir am Warnschild. Vor unseren Füßen fiel das Kliff steil nach unten. Es war Flut, und der Sandstreifen auf dem verbotenen Teil der Küste war höchstens zwei Meter breit.
    Barry lief, die Nase dicht am Boden, zu den Resten des schmalen Pfades, der sich früher einmal hier steil im Zickzack nach unten geschlängelt hatte. Jetzt war ein großes Loch auf halbem Wege. Da hatte es einen Erdrutsch gegeben.
    »Britta!« keuchte Vati. »Britta, die Höhle!«
    Vati warf sich flach auf den Bauch und kroch bis zum äußersten Rand des Kliffs. Von dort konnte man eben noch die Einbuchtung, den Anfang der halb überdeckten Höhle sehen.
    »Da ist doch. Du liebe Zeit! Britta! Bleib hier! Rühr dich nicht!«
    Barry war schon fast unten auf dem gefährlichen Pfad. Vati lief ihm nach. Wie sollte er das schaffen! Ich wußte genau, wie groß die Lücke war und wie leicht es hier zu einem Rutsch kommen konnte.
    Barry bewegte sich mit unglaublicher Wendigkeit und Sicherheit.
    Hatten seine berühmten Vorfahren sich so in den Alpen bewegt, hatten sie steile, schneebedeckte Hänge so bewältigt, wie Barry jetzt unser gefährliches Kliff bewältigte?
    Ich hielt mich an der Stange des Warnschildes fest und sah Vati nach.
    Da legte er sich auf den Rücken, ließ sich langsam hinuntergleiten, stützte sich auf Fersen und Ellenbogen.
    Für eine Sekunde ließ ich den Blick von Vati. Ich streckte mich nach vorne, so weit ich konnte, und jetzt sah ich, was Vati vorhin gesehen hatte:
    Aus der kleinen Bucht, da, wo das Wasser sich eingefressen hatte, guckte der Bug eines kleinen, flachen Motorboots heraus!
    Jetzt war Barry unten, auf dem schmalen, unebenen Strandstreifen.
    Ich befestigte die Hundeleine, die ich noch in der Hand hatte, am Pfahl des Warnschildes, und hielt mich fest. Nun konnte ich noch einen Meter weiter. Dann schrie ich.

Weitere Kostenlose Bücher