Braut der Nacht
Hilfe zu rufen, würde mir gerade nicht viel nützen, da Nathanial sich in einem schalldichten Raum verschanzt hatte. Meine Möglichkeiten beschränkten sich also darauf, einen ungleichen Kampf zu kämpfen oder mich in meinem Zimmer zu verbarrikadieren.
Also rannte ich los.
Akane setzte mir nach. Ihre hölzernen japanischen Schuhe klapperten gedämpft auf dem Teppich. Ich bog um die Ecke. Die Glastüren meines Zimmers waren nur noch wenige Meter entfernt. Ich musste sie nur erreichen.
Als ich Akanes Klinge durch die Luft zischen hörte, duckte ich mich schnell genug, um auszuweichen. Oder zumindest dachte ich das, bis Akanes Fuß mich in den Rücken traf und nach vorn schleuderte.
Als ich auf den Boden prallte, rollte ich mich herum, um wieder auf die Beine zu kommen. Zu spät.
Akanes nächster Tritt warf mich auf den Rücken. Hart stellte sie mir den Fuß auf die Brust und drückte die Klinge an meine Kehle. Etwas Warmes lief meinen Hals entlang.
»Sieh, was du getan hast, Bestie.« Sie zog den Kragen ihres Kimonos auseinander und entblößte feuerrote Striemen, die über ihre Schulter liefen– die Spuren meiner Krallen. Sie waren nicht verheilt.
»Du hast mich vergiftet.«
Nicht die Antwort, die sie hören wollte.
Ihre Klinge schnitt tiefer in meinen Hals. Ich schluckte. Den Kopf zu verlieren, stand nicht auf meiner Liste.
Unbeholfen packte ich ihren Fuß auf meiner Brust mit meinen pfotenartigen Händen und verdrehte ihn heftig. Etwas knackte. Akane schrie auf.
Das Schwert verschwand von meiner Kehle, und ich rollte zur Seite. Gerade noch rechtzeitig.
In hohem Bogen sauste die Klinge herab und schnitt durch ein Büschel meiner Haare. Aber nicht durch meinen Hals. Ich warf mich mit meinem ganzen Gewicht gegen ihr Standbein, und sie stürzte nach hinten. Das Schwert flog ihr aus der Hand.
»Was geht hier vor?«, rief jemand von der Treppe her. Schritte liefen auf uns zu.
Ich rappelte mich hoch und presste eine Pfote an meinen blutenden Hals. Akane versuchte aufzustehen, aber ihr Bein knickte in einem unnatürlichen Winkel weg. Es konnte ihr Gewicht nicht tragen. Wild funkelte sie mich an, während sie mir einen unablässigen Strom melodischer, aber stinkwütender Worte entgegenschleuderte. Ich kannte die Sprache zwar nicht, konnte mir aber denken, was es bedeutete.
»Diesmal nicht, du Wurm«, sagte ich und trat das Schwert außer Reichweite.
Drei Gestalten bogen um die Ecke und rannten auf uns zu.
»Was hast du getan?«, rief ein verschlagen dreinblickender Bodyguard, den ich nur allzu gut kannte.
Jomar packte mich, bevor ich zurückweichen konnte. Er zerrte mir die Hand von der Kehle weg und drehte mir den Arm auf den Rücken. Oh, also das kam mir bekannt vor!
»Lass mich los! Sie ist diejenige, die mir den Kopf abschlagen wollte.«
Er riss heftiger an meinem Arm und drehte mich zu sich um. Dann holte er aus und schlug mich mit dem Handrücken auf die Wange, dass sich mein Blickfeld rot färbte.
»Das war für die Respektlosigkeit«, sagte er. Dann stieß er mich von sich und drehte sich zu den beiden anderen Vollstreckern um.
Schmerz pulsierte unter meinem Auge, aber ich vermied es, mein Gesicht zu berühren. Diese Genugtuung würde ich ihm nicht verschaffen.
»Was sollen wir tun?«, fragte ein Vampir, den ich noch nie zuvor gesehen hatte, während er versuchte, Akane beim Aufstehen zu helfen.
Jomar blickte von Akane, die am Arm des Vampirs humpelte, zu dem Blut, das mir über die Vorderseite meines Kleids sickerte. »Ronco, eskortiere sie«, dabei zeigte er auf mich, »zurück zu ihrem Zimmer und stell sicher, dass sie dort bleibt. Sean, du und ich, wir tragen Akane zurück in ihr Zimmer.«
Ronco nahm meinen Arm, dabei wanderte sein Blick von meinem Hals zu den missgestalteten Händen und dann wieder zurück. »Sie verliert eine Menge Blut. Sollten wir die Wunde nicht versiegeln oder nach ihrem Meister schicken?«
»Ich fasse dieses unnatürliche Ding nicht an«, entgegnete Jomar höhnisch. »Mach du das, wenn du willst, aber die Herrin sollte ohnehin bald mit ihrem Meister fertig sein.«
Ronco streckte die dicken Finger nach meinem Hals aus, und ich wich einen Schritt zurück. O nein, der würde seine Lippen schön von mir lassen!
»Es geht mir gut«, knurrte ich.
Gleichgültig zuckte er mit den Schultern und umfasste mit seiner riesigen Pranke mein Handgelenk, bevor er mich den Gang entlang zu dem Zimmer führte, das Nathanial und ich miteinander teilten. Nachdem er mich dort
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