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Braut der Nacht

Braut der Nacht

Titel: Braut der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kalayna Price
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beabsichtigt, weil meine Verärgerung in die Worte sickerte. »Ich ziehe mich einfach nur an.«
    Er antwortete nichts, sondern sah mich nur mit seiner sorgsam ausdruckslosen Miene an, trat ein und schloss die Tür hinter sich. Oh, zum Teufel noch mal!
    Ich öffnete den Mund, um zu protestieren, aber er legte mir einen Finger auf die Lippen und brachte mich so zum Schweigen. »Ich spürte, wie du der Dämmerung erlagst«, flüsterte er. Er stand dicht genug vor mir, dass ich seine Körperwärme spüren konnte, aber sein Finger auf meinen Lippen war das Einzige, was mich berührte. »Ich spürte die Entfernung. Ich hatte keine Ahnung, ob du in Sicherheit warst. Und ich konnte nichts tun.« Er ließ die Hand sinken. »Nichts.«
    Jetzt war seine Miene nicht mehr ausdruckslos. Die Angst, die Sorge, die Wut über das Gefühl der Hilflosigkeit– all das zeigte sich an der Oberfläche, nackt und verletzlich.
    »Ich bin hier. Ich bin in Sicherheit«, flüsterte ich, weil ich ihn nicht ansehen konnte, ohne etwas zu sagen. Beinahe hätte ich die Hand nach ihm ausgestreckt, beinahe die Distanz zwischen uns aufgehoben. Doch ich tat es nicht, und der Augenblick dehnte sich aus und wurde unbehaglich. Ich wandte den Blick ab. »Die Sammlerin wartet. Ich sollte mich anziehen.«
    Mühsam kämpfte ich mich in den Petticoat und versank dabei regelrecht in den kratzigen Tüllschichten. Das Kleid stellte die nächste Schwierigkeit dar. Als ich endlich beim Mieder angekommen war, hätte ich am liebsten nach einem Feuerzeug gesucht und das verdammte Ding angezündet. Ich mühte mich gerade mit der Schnürung ab, als sich warme Hände über meine legten, mir die Bänder abnahmen und das Durcheinander entwirrten, das ich verursacht hatte. Nathanials langgliedrige Finger bewegten sich methodisch, als er die Schnüre der Korsage sanft enger zog und sich dabei zur Mitte meines Rückens vorarbeitete.
    Sobald er die Bänder verknotet hatte, wanderten seine Hände über meine Schulterblätter und in mein Haar. Mit geübten Bewegungen flocht er meine dreifarbigen Strähnen, und ich beobachtete ihn im Spiegel dabei, wie er den Zopf anschließend auf meinem Kopf auftürmte. Er sprach kein Wort.
    »Hast du mit der Sammlerin einen Kompromiss geschlossen?«, fragte ich, als das Schweigen schneidend genug wurde, um mir unter die Haut zu gehen.
    Nathanial begegnete im Spiegel meinem Blick, während er die Haarnadeln vom Waschbecken nahm. »Keinen akzeptablen.«
    Okay, das war vermutlich schlecht. Aber Tatius hatte einen Botschafter geschickt und nicht einfach verlangt, dass wir zurückkehrten. »Der Botschafter bedeutet, dass Tatius versteht, dass wir vielleicht keine Wahl hatten, richtig? Nach Haven zurückzukehren, könnte eine Möglichkeit sein?«
    Er senkte den Blick. »Ich weiß es nicht.«
    »Du willst bleiben.«
    »Ich will nicht, dass du unglücklich bist.«
    Das konnte alles Mögliche bedeuten. Nachdenklich betrachtete ich sein Spiegelbild, aber er blickte nicht hoch und ging auch nicht näher darauf ein. Sobald mein Haar mit Nadeln und Haarspray so fixiert war, dass ich es mir wahrscheinlich abrasieren musste, wenn ich je eine andere Frisur tragen wollte, trat Nathanial einen Schritt zurück, um sein Werk zu begutachten. Ich versuchte, mich umzudrehen, doch er hielt mich an den Schultern fest. Im Spiegel starrten wir uns an.
    Das verdammte unbehagliche Schweigen war zurück, und ich trat von einem Fuß auf den anderen, sah aber nicht fort. »Die Legende behauptet, dass Vampire kein Spiegelbild hätten«, sagte ich schließlich, weil ich irgendetwas sagen musste.
    Nathanial lächelte mich über den Spiegel an. »Die Legende besagt, dass Spiegel die Seele einer Person wiedergeben. Unsere Seelen sind nicht verschwunden. Du sagtest, ihr habt etwas gefunden?«
    »Eher jemanden«, flüsterte ich mit einem misstrauischen Blick auf die Wände, die uns umgaben. Wie konnten wir sicher sein, dass uns niemand belauschte?
    Nathanials rechte Hand wanderte von meiner Schulter zum Schwung meines Nackens. Seine Finger hinterließen eine Spur herrlicher Wärme auf meiner Haut, und ich vergaß alles darüber, womöglich belauscht zu werden. Er beugte sich vor, und seine Lippen berührten die Stelle, wo seine Finger gewesen waren. Ein Schauer rieselte mir über die Haut.
    »Zeig es mir.« Seine Lippen hauchten die Worte über meine Schlagader.
    Irgendwann zwischen seinen Fingern und seinen Lippen auf meinem Hals hatte ich vergessen zu atmen, deshalb war der einzige

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