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Braut der Nacht

Braut der Nacht

Titel: Braut der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kalayna Price
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mir entfernt, aber sogar in der Dunkelheit wusste ich, wo er war. Nicht durch seinen Geruch oder irgendeinen anderen Sinn, den ich genau benennen konnte. Ich wusste es einfach.
    Der Neuankömmling schnaubte kaum hörbar. »Die Herrin lässt euch rufen, und ihr beschließt, auf dem Badezimmerfußboden rumzumachen?«
    Diese Stimme kannte ich. Jomar. Ich knurrte genervt über seine Anwesenheit. Nein, nicht einfach nur genervt. Wütend. Eine so absolute Wut, dass sie mich ausfüllte. Jeden meiner Sinne. Die Wut hatte keinen einzelnen Ursprung. Es war, als sickerte sie von außen in mich hinein. Mit gefletschten Zähnen fauchte ich ihn an.
    »Eremit, du hast deine eigene Gefährtin ausgesaugt?«
    Schützend trat Nathanial vor mich. »Hinaus!«, sagte er. Seine Stimme war tief und dunkel.
    Ich streckte die Hand nach ihm aus und lächelte, als er mir einen Blick zuwarf. Ich konnte seine Züge nicht sehen, aber ich konnte erkennen, dass er nicht glücklich war. Nein. Nein, das war nicht gut. Ich wollte nicht, dass er unglücklich war.
    Mühsam rappelte ich mich hoch. Meine Beine waren wacklig, und ich schwankte, als ich aufstand, aber ich behielt das Gleichgewicht. Ich fand, dass das Nathanial eigentlich glücklich machen sollte– jedenfalls fühlte es sich für mich wie eine gewaltige Leistung an–, aber als ich ihm die Arme um die Taille schlang, versteifte er sich.
    »Du hast sie in den Bann geschlagen?«, fragte der Jomar-Schatten.
    Beim Klang von Jomars Stimme zuckte Nathanial zusammen und entzog sich meiner Umarmung.
    Ich wandte mich dem Schatten zu. Der Teufel sollte ihn holen. Alles lief schief, seit Jomar aufgetaucht war.
    Ohne Nathanial neben mir, ohne seine Körperwärme, seine Gegenwart, durchtränkte Kälte meine Haut. Ich zitterte.
    So kalt.
    So leer.
    So … hungrig.
    Farbe sickerte in mein Blickfeld. Statt eines Schattens war Jomar ein roter Umriss, der vor Wärme pulsierte.
    Wärme, die ich wollte.
    Meine Fangzähne schossen hervor, und ich stürzte mich auf ihn. Doch ich bekam nicht die Gelegenheit dazu. Arme umschlangen mich und rissen mich zurück. Die Tür schlug zu.
    »Trink«, wies Nathanial mich an. Er hatte sich über mich gebeugt und hielt mir sein Handgelenk hin.
    Ich zögerte nicht. Tief gruben sich meine Zähne in sein Fleisch. Der erste Schluck herrlicher Wärme erfüllte mich.
    Dann stürzte ich in seine Erinnerungen. Verwirrt blinzelte ich, als ich auf meinen eigenen Kopf hinuntersah, der sich über Nathanials Handgelenk beugte.
    Zu tief, flüsterte eine Stimme und lenkte mich von der Verwirrung ab.
    Gefühle nagten an mir, selbst als mich die Lust durchzuckte, die mir die Zähne in meinem Handgelenk bescherten– nicht mein Handgelenk? Schuldgefühle quälten mich. Angst.
    Würde sie verstehen, dass ich das nicht vorgehabt hatte? Würde sie mich noch mehr verabscheuen?
    Sie wer? Sie ich?
    Meine Kehle verkrampfte sich, und ich zog die Zähne zurück. Die Verbindung zu Nathanials Verstand riss ab. Ich fühlte mich warm. Gesättigt.
    Und alles war falsch.
    Was habe ich mir nur dabei gedacht? Was habe ich getan? Warum habe ich …? Ich stolperte rückwärts und rutschte von Nathanials zusammengekauertem Körper fort, bis ich mit dem Rücken gegen die Wand prallte. Ich drückte mich dagegen. Ich hatte nicht nachgedacht. Ich war nicht ich selbst gewesen.
    Verwirrt sah ich Nathanial an. Farben wirbelten um seinen Kopf herum. Fäden aus Emotionen, die sich um ihn herum miteinander verwoben. Emotionen, die durch meine Fähigkeit zu betören sichtbar wurden. So viele Farben, so viele Fäden, aber Nathanials Gesicht war leer, seine Hände hingen schlaff herab.
    »Kita?«, flüsterte er, aber er machte keine Bewegung auf mich zu. Dann wurden die Farben um ihn herum gedämpfter. Sie verblassten nicht völlig, wurden jedoch zu schwach, um in leuchtenden Tönen zu strahlen. Nur ein einziger kränklich gelber Faden behielt seine Farbe.
    Ich schluckte. Die Erinnerung an seine Gedanken zerrte an mir. Aber die Erinnerung an seine Haut, an seinen Atem auf mir, an seine Lippen zerrte noch stärker. Hitze stieg mir in die Wangen. Ich versuchte, meine Knie an die Brust zu ziehen, aber der bauschige Tüll war mir im Weg. Heftig schlug ich darauf ein und ließ meine Verwirrung an den vielen Stofflagen aus.
    »Erinnerst du dich?«, fragte Nathanial.
    Erinnerte ich mich woran? Daran, dass er mich geküsst hatte? Oder dass ich seinen Kuss erwidert hatte? Dass ich die Hand nach ihm ausgestreckt hatte? Ihn gebraucht

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