Braut der Nacht
eine Sekunde lang schwarz, als mir die Augen zufielen. Scheiße. Mühsam riss ich sie wieder auf.
»Ich denke, ich sollte allmählich zurück«, sagte ich.
Dann fielen mir die Augen erneut zu, und ich versank in Dunkelheit, als die Dämmerung hereinbrach.
Kapitel 23
D as Bewusstsein kehrte mit einem jähen Schlag zurück. Meine Augen flogen auf, und Schmerz keimte kurz in meiner Brust, als sich meine Lungen mit dem ersten Atemzug der Nacht füllten.
Das Kissen unter meiner Wange roch nach Nathanial. Ich kuschelte mich hinein und sog mehr von dem Geruch in mich auf, bevor mein Verstand meinen Körper einholte und mir bewusst wurde, was ich tat. Ich schob das Kissen weg und setzte mich auf.
Offensichtlich hatte Gil mich zurück zur Villa gezaubert, bevor die Sonne aufging. Nachdenklich betrachtete ich das Kissen und sah mich dann um. Die gold- und cremefarbenen Laken schmiegten sich auf Nathanials Seite um die Ecken der Matratze, und die Überdecke war nicht umgeschlagen, erst wo sie sich um mich herum bauschte. Zu Hause machte Nathanial immer das Bett. Aber nie, solange ich noch drinlag. Entweder hatte er während des ganzen Tages nicht geschlafen, oder…
»Wir wurden gerufen.«
Erschrocken zuckte ich zusammen, und mein Kopf fuhr beim Klang von Nathanials Stimme herum. Er lehnte so reglos an der Wand, dass ich ihn nicht einmal bemerkt hatte. Echt gute Überlebensinstinkte, Kita. Bloß nicht das Raubtier im Zimmer bemerken. Ich zog die hauchdünnen Vorhänge beiseite. Sein kalter Blick sprach Bände. Er war alles andere als erfreut.
»Tut mir leid wegen…« Ich wedelte mit der Hand in der Luft, weil ich mich nicht laut dafür entschuldigen konnte, dass ich mich davongestohlen hatte. Außerdem tat es mir nicht so leid. »Wir haben etwas gefunden.«
Nathanial starrte mich weiter einfach nur an, ohne sich zu bewegen, die Arme vor der Brust verschränkt. Er war noch nie wütend auf mich gewesen, zumindest nicht so. Ich schlug die Augen nieder und suchte nach etwas anderem, irgendetwas, auf das ich mich konzentrieren konnte. Mein Blick schweifte über das Bett. Es war mein Kissen, das nach ihm roch. Nur mein Kissen.
»Hast du…?«
Nathanial schnitt mir das Wort ab. »Anaya und Clive sind gestern Nacht mit einem Botschafter aus Haven angekommen.«
»Oh.«Dann war unsere Zeit abgelaufen. »Was ist bei deinen Verhandlungen herausgekommen?«
Nathanial stieß sich von der Wand ab. Seine Bewegungen waren steif, ohne ihre übliche lässige Anmut. Er nahm ein paar Kleidersäcke von einem Haken an der Kommode und warf sie über den Rand des Betts.
»Die Sammlerin verlangt unsere Anwesenheit im großen Salon. Zieh dich an.«
Ich zog eine Augenbraue hoch und betrachtete die Kleidersäcke missmutig. Nathanial kehrte mir den Rücken zu. Die Illusion von Privatsphäre oder eine Zurschaustellung seiner Verärgerung?
»Also, was jetzt?«, fragte ich, während ich den Reißverschluss des ersten Kleidersacks aufzog. Nathanial antwortete nicht, als ich einen abscheulichen cremefarbenen Rock hervorzog, unter dem sich eine Tüllschicht nach der anderen bauschte. Das steife Material stand praktisch von selbst. »Äh…«
Nathanial schaute über die Schulter, als ich völlig verdutzt auf das rockähnliche Ding starrte. »Das trägt man unter einem Kleid«, sagte er.
Als ich mich nicht bewegte, kam er zu mir und öffnete den zweiten Kleidersack. Er enthielt ein smaragdgrünes Satinkleid, dessen Rock aus genug Stoff bestand, um es als Zelt zu benützen, dessen Oberteil aber nur ein kleines geschnürtes Mieder war, das meine Brust größtenteils unbedeckt lassen würde.
»Bitte zieh dich an.«
»Ist ja nicht so, als hätte ich eine andere Wahl«, murmelte ich, während ich die Kleidungsstücke zusammenraffte. Vor der Sammlerin in nichts als einem Nachthemd zu erscheinen, stand nicht zur Debatte. Und wenn wir schon mal bei dem Nachthemd waren… Wohin war eigentlich das Abendkleid verschwunden, das ich letzte Nacht getragen hatte? Ich runzelte die Stirn, aber ein Blick auf Nathanials steife Schultern genügte, um mir zu sagen, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war, um einen Streit anzufangen. Sobald all das hier vorbei ist, müssen wir uns einmal ernsthaft über persönliche Grenzen unterhalten. Die Arme voll mit Kleidersäcken machte ich mich auf den Weg ins Badezimmer. Nathanial fing die Tür auf, bevor sie ins Schloss fallen konnte.
Wütend fuhr ich herum. »Ich geh schon nirgendwo hin!«, zischte ich lauter als
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