Braut der Nacht
verdrängte ihn an eine Stelle tief in meinem Innern, wohl wissend, dass ich beim nächsten Mal, wenn ich diesen dunklen Winkel meiner Psyche aufsuchte, wahrscheinlich schreien würde.
»Nimm es an oder lass es bleiben«, sagte ich. Und da hatte ich geglaubt, ich hätte meinen ganzen Wagemut schon aufgebraucht!
Tatius erhob sich und steckte mit einer geschmeidigen Bewegung den Dolch zurück in die Scheide. »Dein Temperament gefällt mir.«
War das Einwilligung?
Mit wackligen Knien stand ich auf. Hinter mir hörte ich, dass Nathanial sich ebenfalls bewegte.
»Kita?«
Nur mein Name, mit so viel Unsicherheit in der Stimme, dass ich sie beinahe nicht als die von Nathanial erkannte. Ich konnte spüren, dass er mich ansah. Das Gewicht seines Blicks ließ meinen Rücken kribbeln.
Ich drehte mich nicht um. Ich konnte es nicht.
»Bringen wir es hinter uns«, sagte ich zu Tatius.
»So begierig darauf?« Er hielt mir die Hand hin, und ich biss die Zähne zusammen, nahm sie aber gehorsam an und ließ ihn mich an sich ziehen. Er hob sein Handgelenk an die Lippen und biss zu. »Sein Leben liegt in deiner Hand. Trink!«
»Irgendwie habe ich gerade ein leichtes Déjà-vu«, murmelte ich, beugte mich aber über seine blutende Wunde.
Seine Finger strichen mir durchs Haar, während ich an seinem Handgelenk saugte. Diesmal befahl er mir nicht, ihn nicht zu beißen, doch ich konnte es mir denken. Außerdem war ich gut genährt, und selbst als mir das Blut über die Zunge strömte, traten meine Fangzähne nicht hervor.
Er öffnete sein Handgelenk noch zweimal, bevor er schließlich nickte. »Das wird einstweilen genügen. Wir drei haben jetzt eine Verabredung mit der Sammlerin.«
Kapitel 8
D ie Ratskammer war leer, als wir den Warteraum verließen. Tatius durchquerte sie ohne eine Bemerkung. Dann führte er mich so viele Gänge und Treppen entlang, dass ich keine Ahnung mehr hatte, wo wir uns befanden.
Nathanial folgte uns. Er hatte kein Wort gesagt, seit ich meinen Handel mit Tatius geschlossen hatte, aber ich konnte seinen Blick in meinem Rücken spüren. Ich drehte mich nicht um. Ich wusste nicht, was ich zu ihm sagen sollte. Tut mir leid? Keine Ursache? Ich hatte getan, was ich tun musste, und wir hatten beide überlebt. Bis jetzt jedenfalls.
Schließlich blieb Tatius vor einer großen Tür stehen, trat jedoch nicht ein. Stattdessen drehte er sich um und ließ seinen Blick abschätzig über mich gleiten. Er schien nicht völlig zufrieden zu sein mit dem, was er sah.
Wir werden etwas in Bezug auf deine Garderobe unternehmen müssen, vernahm ich seine Stimme in meinem Kopf, als er die Hand ausstreckte und den Kragen meines alten grauen Mantels zurechtrückte.
Nachdem er mir das Haar über die Schulter gestrichen hatte, damit der Biss, den er an meinem Hals hinterlassen hatte, unverhüllt war, nickte er zufrieden, nahm meinen Arm und wandte sich wieder der Tür zu. Dann stand er einfach nur da. Er schien nicht geneigt zu sein, die Tür selbst zu öffnen, also streckte ich die Hand nach dem Türgriff aus. Gefährtin und Dienerin, ich Glückliche!
Mit einem sanften Ruck hielt Tatius mich zurück, dann öffnete sich die Tür langsam von selbst. Eine Vampirin, die ich nicht kannte, blinzelte mich verwundert an, und ihre babyblauen Augen weiteten sich, als sie von meinem Arm in Tatius’ Armbeuge zu seinem Bissmal an meinem Hals blickte. Ob überrascht oder nicht, sie trat sofort zur Seite. Als wir an ihr vorbeigingen, senkte sie leicht den Kopf vor Tatius, eine kleine, aber bewusste Bewegung. Ein Zeichen von Respekt? Mir war bisher noch nie aufgefallen, dass die anderen Vampire sich verbeugten, doch als wir an ihnen vorbeigingen, hielt jeder Vampir kurz inne, um den Kopf zu neigen, und ein paar von ihnen berührten ihre Stirn mit den Fingerspitzen. Wird von mir erwartet, dass ich das auch mache?
Drei Mitglieder des Rates saßen an einem langen dunklen Holztisch in der Mitte des Raums, zwei weitere Plätze waren unbesetzt. Einer davon war für Tatius, und nun, da Nathanial im Rat war, musste der andere für ihn gedacht sein. Wo zum Teufel sollte ich hin?
Ich sah mich um. Die Vampire, die nicht dem Rat angehörten und sich im Raum verteilt hatten, versammelten sich nun entlang der gegenüberliegenden Wand.
Die Aufstellung sah genauso aus wie das Ratszimmer, in dem wir uns vorhin befunden hatten, bis hin zu den Stoffbahnen, die die Wände verhüllten.
»Soll ich…?« Ich deutete mit einem Nicken zu der Reihe von
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