Braut der Schatten
am besten gefallen. Aber wenigstens hatte sie sie auch nicht verabscheut. Kein Erfolg, aber auch kein Versagen. Bei den Göttern, diese Frau verwirrte ihn!
Verwirrung? Ein weiteres Gefühl, an das er nicht gewöhnt war.
Dazu kam noch, dass er nach wie vor mit seiner Wut über den Angriff auf sie zu kämpfen hatte.
Ein Rückfall.
Konzentrier dich, Trehan. Du hast nur so wenig Zeit.
Er hatte bisher noch kaum an den kommenden Abend und sein eigenes Schicksal gedacht. Er musste gegen einen Feind antreten, der stärker und schneller war, als jeder andere, dem er je gegenübergestanden hatte. Und er konnte es nicht wagen, diesen Feind zu verletzen.
Sollte er unterliegen, musste er sich darauf verlassen, dass seine Cousins Bettina vor dem Primordial retten würden.
Also sollte ich besser nicht verlieren.
Trehan translozierte sich zu seinem Zelt, um einen Gegenstand zu holen, den er heute aus Skye Hall mitgenommen hatte: einen schmucklosen schwarzen Stab. Aber er brauchte Hilfe damit. Zum Glück kannte Trehan einen blinden Magier, der große Macht besaß.
Also translozierte er sich umgehend von Abaddon in ein windiges, von Blitzen erhelltes Reich und erschien in dem bescheidenen Laden des Magiers.
Es war ein großes Risiko, jemand anderem im Hinblick auf diesen Gegenstand zu vertrauen. Aber da er keine andere Wahl hatte, hielt Trehan den Stab dem Magier hin, sodass dieser ihn abtasten konnte.
Als die Fingerspitzen des Mannes über das Holz glitten, hob er entsetzt die Brauen.
»Er muss das tun, wozu er bestimmt ist, Honorius«, sagte Trehan. »Um ein Tausendfaches vervielfacht. Und ich brauche es noch vor dem morgigen Sonnenuntergang.«
29
»Ein Gentleman, der uns einen Besuch abstattet?«, brüllte Raum Morgana an, sobald die drei in seinem Empfangsraum ankamen. Bettina hatte diesen Ort bisher nur dann betreten, wenn es um ernste Angelegenheiten ging.
Bettina, dein Vater … er ist auf dem Schlachtfeld gefallen.
Dies ist dein Beschwörungsmedaillon, Tina. Dafür brauchen wir nur ein bisschen Blut von dir.
Du musst heiraten, mein Mädchen. Ohne einen Beschützer riskierst du einen weiteren Angriff. Mir könnte während dieser Akzession etwas zustoßen, und wer wird dich dann beschützen?
»Du sollst verflucht sein, Raum!« Morgana entriss ihm ihren Arm. »Wage es ja nie wieder, mich zu translozieren, sonst zieren deine Hörner den Kühler meines neuen Wagens aus dem Reich der Sterblichen!« Sie stolzierte zu einem der rustikalen Diwane hinüber und ließ sich mit dramatischer Geste darauf nieder.
Bettina setzte sich auf den Diwan ihr gegenüber und blickte sich argwöhnisch um. Raums Turm war wie ein Spiegel seiner Persönlichkeit: eine Mischung aus Gewalt und unerwartetem Tiefgang.
Streitäxte hingen gekreuzt über einem grob gemauerten Kamin. Die Wände entlang erstreckte sich eine Sammlung von Rüstungen aus mehreren Jahrhunderten. Darüber waren die Köpfe von Ungeheuern angebracht, die er gejagt hatte: bösartige Gotohs, Ghule und Wendigos.
Doch er besaß auch eine Sammlung seltener Schuppen aus unzähligen Basiliskennestern. Den Dämonen waren diese Drachen heilig. Im Schein des Feuers schimmerten die Schuppen hypnotisierend in allen erdenklichen Perlmutt-, Jade- und Rottönen.
Caspion translozierte sich in den Raum und begab sich geradewegs zur Anrichte.
»Das gefällt mir nicht«, blaffte Raum. »Es gefällt mir nicht, wie dieser Vampir Bettina ansieht, als ob er sie bereits zur Frau genommen und ins Bett gezerrt hätte. Als ob er sie
kennt
.«
Bettina studierte ihre abgeknabberten Fingernägel und beobachtete sie aufmerksam beim Nachwachsen.
»Und auch wenn ich froh bin über die toten Vrekener, ich verlange zu wissen, wie er sie gefunden hat!« Raums Augen wurden mit einem Mal groß, und er zeigte mit einer Klaue auf Morgana. »Du musst dem Blutsauger geholfen haben! Du hast ihm sicher geweissagt, wo sich Skye Hall befindet!« Raum trat zu Cas ans Sideboard. »Nachdem du dich geweigert hast, uns zu unterstützen.« Er schüttete Dämonenbräu aus einem Krug in einen Becher, überlegte es sich dann anders und nahm einfach gleich den Krug in seine große Hand.
»Wie denn? Ich bin keine Hellseherin, wie mein überaus klarer Verstand eindrucksvoll unter Beweis stellt.« Morgana legte die Arme mit natürlicher Anmut über die Rückenlehne des Diwans. »Und du weißt sehr wohl, dass ich versucht habe, in Bettinas Gedanken zu lesen, um euch eine Beschreibung der vier zu liefern. Aber sie konnte
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