Braut der Schatten
ihren Gemächern zu und senkte den Kopf, als sie an den Wachen vor ihrer Tür vorbeiging, sodass diese die Tränen in ihren Augen nicht sehen konnten.
Ihre zukünftige Königin heulte bei jeder Gelegenheit los und hatte nicht die leiseste Ahnung, was sie eigentlich tat.
Nicht weinen, nicht weinen …
Sobald die Tür sich hinter ihr schloss, setzte sie die Maske ab und wischte sich mit dem Unterarm das Gesicht ab. Wie könnte sie jetzt nicht weinen?
Sie hatte sich mit allen gestritten, die sie liebte, und das schlechte Gewissen lastete schwer auf ihr. Sie waren doch alles, was sie auf der Welt hatte. Es sei denn, sie zählte den Vampir dazu.
Du bist mein … Wir sind vom Schicksal füreinander bestimmt.
Und zu all den Geschehnissen dieses Abends kam hinzu, dass sie immer noch in diesem Turnierschlamassel festsaß und vermutlich hilflos würde zuschauen müssen, wie Dakiano und Cas in den Tod gingen.
Tränen helfen überhaupt nicht.
Was sollte sie tun?
Geh hinaus und stell dich dieser Nacht!
Aber ihre Füße wollten sie einfach nicht nach draußen tragen.
Allein auf dem Balkon, in dieser Höhe –
in der Dunkelheit
? Mit einem mangelhaften Barrierezauber?
Spielte es denn überhaupt eine Rolle, dass diese Vrekener tot waren? Oder würden noch mehr kommen? Vermutlich würde diese Angst sie ihr ganzes Leben lang immer wieder lähmen. Sie konnte sie einfach nicht abstellen …
Was nun? Arbeiten! Ja, sie würde sich im Schöpfungsakt verlieren.
Eilig begab sie sich in ihren Arbeitsraum und atmete beim Eintreten tief ein. Die vertrauten Gerüche halfen ihr dabei, wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Wenn die ganze Welt um sie herum auseinanderzubrechen schien, blieb die Kreativität eine stabile Konstante für sie.
In der nächsten halben Stunde könnte sie das Stück für ihre Gönnerin fertigstellen. Sie musste nur noch die beiden beweglichen Teile der Waffe – den alles entscheidenden Federmechanismus und die Klinge – befestigen und das Ganze gravieren. Es fehlte nicht mehr viel.
Und wenn sie ihre Arbeit beendet hatte? Wie sollte sie diesen Abend mit Dakiano überstehen?
Während sie die nötigen Werkzeuge zusammensuchte, überlegte sie, was sie zu ihm sagen würde. Zuerst einmal würde sie ihn dafür tadeln, dass er ihr Blut zu sich genommen hatte.
Bisher hatte sie nicht mit Sicherheit gewusst, ob er ihre Erinnerungen geerntet hatte oder nicht, aber inzwischen wusste sie es. Sie hatte es satt, dass ihr alle auf der Nase herumtanzten.
Danach würde sie ein paar Antworten verlangen!
Hast du dir meine Erinnerungen absichtlich angeeignet? Warum hast du mir die Köpfe ausgerechnet auf diese Art und Weise präsentiert?
Hast du … Angst davor, morgen zu sterben?
Salem kam hereingeschimmert. »Was is’ denn mit dir los, Kleine? Du siehst aus, als ob du gleich losheulen würdest. Und das in deiner Werkstatt? Die is’ doch für dich sonst immer das Paradies.«
»Warum fragst du überhaupt? Ich weiß doch, dass du meine Unterhaltung mit Cas mitgehört hast.«
»Dagegen is’ ja wohl nix einzuwenden.«
»Ich habe mein Versprechen ihm gegenüber gebrochen. Er verleugnet seinen Instinkt und muss Opfer bringen, um mit mir zusammen zu sein – und zum Dank hintergehe ich ihn.«
»Der Kerl will einen Orden dafür, dass er mal
nich’
mit Huren rummacht?« Salem ließ sich in ihrem Ohrring nieder. »Ja, echt toll, dass er seinen Pinsel mal nich’ in jede Schlampe von Rune taucht –
und das für ein paar Tage in seinem ganzen beschissenen unsterblichen Leben!
Also wirklich! Er will ein Zückerchen, weil er ihn zur Abwechslung mal in der Hose gelassen hat? Der sollte mal sehen, wie es ist, achtzehn Jahre lang keinen Sex zu haben!«
Sie schüttelte den Kopf. »Es wird dir nicht gelingen, mich umzustimmen, Sylph. Diesmal bin ich im Unrecht.«
Er glitt über ihren Hals hinweg in den anderen Ohrring. »Macht Cas dir Komplimente? Hält er deine Hand? Fragt er dich nach deinen Interessen? Hattet ihr beide schon mal einen Plausch über eure Zukunft?«
Als sie den Mund öffnete, um Ja zu sagen, fügte Salem hinzu: »Ausführlich?«
Sie schloss den Mund wieder.
»Nach jedem Kampf spielt er sich vor seinen Bewunderinnen auf und sehnt sich danach, mit diesen Schlampen rummachen zu können wie früher. Er
versucht
ja nich’ mal, sich in dich zu verlieben.«
Bettina starrte finster vor sich hin. »Cas wollte mit alldem von Anfang an nichts zu tun haben! Er wollte
mich
nicht. Ich habe ihn da reingezogen.«
»Und es
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