Braut der Schatten
verbracht, eine Ebene nach der anderen zu durchkämmen.«
Sie runzelte die Stirn angesichts seines mürrischen Tonfalls.
Und du bist so jung. Genau wie ich.
Cas so zu erleben, führte ihr ihr eigenes Alter überdeutlich vor Augen.
Möglicherweise hatte sie ja wirklich geglaubt, jemanden im Herzen zu tragen sei dasselbe wie jemandem sein Herz zu schenken. »Bist du denn nicht froh, dass sie tot sind? Dass ich zumindest diese vier nicht länger fürchten muss?«
Caspion hob eine Hand, um ihr Einhalt zu gebieten. »Lass es einfach.«
Als sie sich der Tür näherten, sagte sie: »Bitte sei mir nicht böse.«
Er blieb stehen und wandte sich ihr mit gerunzelter Stirn zu. »Hat Dakiano dein Blut in jener ersten Nacht genommen? Oder warst du noch einmal mit ihm zusammen? Wo du wusstest, dass ich es nicht bin?«
»Ich war noch einmal mit ihm zusammen«, flüsterte sie.
»Ich habe dir versprochen, treu zu sein!« Sein Blick war aufgewühlt. »Aber du hast das Versprechen nicht erwidert. Weißt du eigentlich, wie schwer es für einen männlichen Dämon ist, ohne Sex auszukommen? Hast du dich nie gewundert, warum es in Rune elf Restaurants und
dreiundzwanzig
Bordelle gibt?«
»Es tut mir leid! Ich hatte das nicht geplant. Es ist irgendwie passiert, und auf einmal haben wir uns geküsst.«
»Es ist genau, wie Morgana sagte: Das nennt man Verführung. Damit kenne ich mich bestens aus.« Seine Hände waren zu Fäusten geballt, die Muskeln in seinen Unterarmen traten hervor. »Ist er noch einmal in dein Zimmer gekommen?«
»Ich … ich bin in sein Zelt gegangen.«
»Warum zur Hölle solltest du das tun?«
»Cas, bitte …«
Er legte ihr die Hände auf die Schultern. »Sag es mir!« Seine Hörner waren nun grade, was nichts Gutes verhieß.
Sie hatte ihn noch nie so wütend gesehen. Sie war versucht, sich eine Lüge auszudenken, aber sie hatte sich vorgenommen, ihm stets die Wahrheit zu sagen. »Der Vampir versprach mir … dich während des Nahkampfes zu verschonen.«
»Darum hat er mir also geholfen? Meine Götter, Bettina, er hat dich erpresst, indem er mein Leben bedroht hat? Du hast dich für meine Sicherheit zur Hure gemacht?«
»Nein! Ja? Wenn du es so ausdrückst, klingt es viel schlimmer, als es war.«
Cas hörte ihr gar nicht mehr zu. »Er hat einen langsamen Tod verdient.« Er blickte in die Richtung, wo sich das Zelt des Vampirs befand, während sich sein Griff um ihre Schulter verstärkte. »Ich werde dafür sorgen, dass es tagelang dauert.«
Würde er Dakiano jetzt sofort angreifen? Solange das Turnier währte, konnte keiner der Teilnehmer einen anderen außerhalb des Rings töten.
»Cas, so war es doch gar nicht.«
Er wandte sich wieder ihr zu. »Und wie war es dann?«
Sie dachte an Dakianos feuchte Haut im Feuerschein, die sinnliche Hitze im Zelt.
Seine Augen wie Onyx.
Sie holte tief Luft und gab zu: »Ich habe nichts getan, was ich zu diesem Zeitpunkt nicht tun wollte.«
Cas ließ sie auf der Stelle los und wich mit erhobenen Händen vor ihr zurück. »Dann willst du jetzt also
ihn
haben? Ist es so? Ich kann nicht aus diesem Turnier aussteigen, Bettina. Ich kann nicht mehr zurück.«
»Ich … ich weiß auch nicht. Das ist so schrecklich verwirrend …«
»Sieh dich nur an!«, rief Cas. »Du sehnst dich sogar in diesem Augenblick nach dem Vampir!«
»Tu ich nicht!«
Tue ich das?
Ihre gesamte Existenz stand mal wieder Kopf, und sie konnte einfach nicht aufhören, daran zu denken, wie es sich angefühlt hatte, als der Nebel des Vampirs sie eingehüllt hatte.
Diese Verbindung mit ihm.
Zusammengehörigkeit.
Nachdem sie ihre Fähigkeit verloren hatte, hatte eine lähmende Leere von ihr Besitz ergriffen, doch die Verbundenheit, die sie mit Dakiano geteilt hatte, hatte diesen Schmerz gelindert, wenn auch nur ein wenig. Als ob ihre wachsende Verbindung keinerlei Raum für Leere übrig ließe.
»Dann wünsche ich dir viel Vergnügen auf deinem Spaziergang.« Cas zeigte mit dem Finger auf ihr Gesicht. »Sollte es dem Vampir gelingen, heute Nacht mit dir ins Bett zu steigen, dann bete lieber, dass es mir gelingt, Goürlav zu besiegen.«
»Bitte sei nicht sauer auf mich!« Sie streckte die Hand aus, um ihn zu berühren, doch er wich zurück und translozierte sich davon.
Sie starrte ihm noch eine ganze Weile hinterher. Sie hatten sich noch nie gestritten, waren immer bestens miteinander ausgekommen. Doch gerade eben hatte er ausgesehen, als könnte er ihren Anblick nicht ertragen.
Sie wandte sich
Weitere Kostenlose Bücher