Braut der Schatten
Schulter zurückstrich und die funkelnden Augen zu Schlitzen verengte.
Ihre Bewegungen wurden immer fließender. Vor seinen Augen entstanden Muster auf den Ringen, Szenen, die sie reliefartig herausarbeitete. Auf einen Ring zeichnete sie einen Drachen, auf einen anderen etwas, das wie ein Brunnen aussah. Auf dem dritten erschuf sie eine Burg. Ehe sie mit dem letzten begann, schloss sie die Augen und fuhr mit den Fingerspitzen über die anderen Bilder.
Genauso, wie sie seinen Schaft erkundet hatte. Er schluckte heftig und rückte ihn verstohlen zurecht.
Schließlich gravierte sie in den vierten Ring einen wilden, gischtumtosten Meeresstrand ein. Als sie die Lippen spitzte, um einige winzige Metallspäne fortzupusten, musste er ein Stöhnen unterdrücken.
Schon bald würde er sie auf ebendieser Werkbank nehmen, und ihre Augen würden leuchten. Ein weiterer Grund, um den morgigen Tag zu überleben.
Sie neigte den Kopf, um ihre Arbeit zu mustern. Noch eine kleine Korrektur hier und da. »Ich bin fertig«, verkündete sie und legte das Werkzeug in den Kasten zurück.
Während sie tief ausatmete und den Kopf zur Lockerung ein paarmal kreisen ließ, blickte er von ihrem Werk zu ihr und wieder zu ihrem Werk zurück. Sie hatte so viel Talent! Wie lange war es wohl her, seit er etwas mit so viel Ehrfurcht betrachtet hatte? Sicherlich fast ein Jahrtausend.
»Leg es doch einmal an«, sagte er. Seine Stimme klang heiser.
Sie zuckte nur die Achseln und zog es an. Die erhabenen Flächen schienen bei jeder Bewegung ihrer Hand lebendig zu werden. Dann ein kurzer Druck ihres Daumens, und eine bösartig aussehende verborgene Klinge schoss aus dem unteren Teil heraus. Nachdem sie ein weiteres Mal gedrückt hatte, verschwand sie wieder.
Als sie das Stück wieder abnahm und es auf das Gestell zurücklegte, leuchteten ihre Augen vor Stolz. Sie wandte sich zu ihm um. »Also, wir haben eine ganze Menge zu bereden …«
Er hatte sich bereits zu ihr transloziert und legte ihr die Hände ans Gesicht. »Ich sterbe, wenn ich dich nicht auf der Stelle küsse.«
Bettina verschlug es den Atem, als sein Mund den ihren berührte. Ihre Hände schossen hoch, um sich gegen seine Brust zu stemmen. Doch seine Lippen waren so wunderbar fest, und das Stöhnen, das er gleich darauf ausstieß, ließ sie erschauern.
Vor Erregung?
Wie konnte sie erregt sein, wenn sie innerlich immer noch so aufgewühlt war? Warum ließ jenes Gefühl der Leere nach, als er seinen Kuss intensivierte?
Genieße es
, flüsterte eine Stimme in ihrem Kopf.
Heute Abend ist deine letzte Chance.
Ja, diese glühenden Blicke genießen, diese starken Arme, die ihren Körper so sicher umschlossen. Diese Verbundenheit …
Als er sie auf die Werkbank hob und seine Hüften zwischen ihre Beine schob, packte sie seine Schultern und genoss das Spiel seiner Muskeln unter ihrem Griff. Seine Hände umfassten ihre Taille, seine Daumen liebkosten die Stelle gleich unter ihren Brüsten. Ihre Gedanken zerstreuten sich in alle Himmelsrichtungen, sodass nur noch Platz für ihre Gefühle war.
Empfindungen. Lust.
Ja, lass dich einfach noch einmal von ihm verführen.
Verführung
. Man hatte sie davor gewarnt. Genau wie jeder andere auch wollte er sie nur ausnutzen – und das nicht zum ersten Mal.
Ich bin ja so naiv.
Noch während er sie küsste, traten Tränen in ihre Augen.
Als diese überquollen, erstarrte er, dann nahm er den Kopf zurück. Seine Stimme wurde rau. »Was ist los,
dragâ
?« Während sein Blick ihre Miene erforschte, wischte er mit den Knöcheln die Spur der Tränen weg.
»Sie haben mir gleich gesagt, dass du versuchen würdest, mich zu verführen.«
Er richtete sich auf. »Ich versuche keinesfalls, dich zu verführen.«
Sie blinzelte. »Willst du denn nicht …? Du bist also nicht …? Ach, vergiss es.«
»Ob ich will?« Er umfasste sanft ihr Gesicht und fuhr mit den Daumen über ihre Wangen, über ihre Tränen. »Ich denke unaufhörlich daran, mit dir ins Bett zu gehen, Bettina, aber ich werde dich sicherlich nicht vollständig nehmen, bevor ich Goürlav geschlagen habe. Ich würde unter keinen Umständen auch nur das geringste Risiko eingehen, dass der Primordial dich angreifen könnte. Wenn ich dich heute Abend verlasse, wirst du immer noch Jungfrau sein.« Als zwei weitere Tränen über ihre inzwischen erhitzten Wangen rannen, fragte er mit rauer Stimme: »Warum weinst du?«
»Warum nicht?« Sie fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen. »Alles in meinem
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