Braut der Schatten
begann rhythmische Sprechchöre: »Prinz der Schatten.« Und einige wunderbare Momente lang war sie von seinem Sieg berauscht, vom Stolz auf ihren Vampir, vom Gebrüll der Menge.
Sie richtete die zusammengekniffenen Augen gen Himmel.
Sollen es die Vrekener doch wagen anzugreifen!
Cas ließ Bettinas Arm los und brachte sie damit in die Gegenwart zurück.
»Das war ein guter Kampf«, stieß er knapp hervor. »Und ein schlauer Zug. Kein Wunder, dass die Leute jetzt seinen Namen rufen.«
Wie schwierig es Cas fallen musste, das zuzugeben. Seine Kindheit unter den Todbringenden war hart gewesen, doch im Laufe der vergangenen Woche hatten sie begonnen, ein Loblied auf ihn zu singen.
Aber das Königreich war wankelmütig. Ein Großteil der Aufmerksamkeit, die er genossen hatte, war auf den Vampir übergegangen. Sein eigenes Volk jubelte nun Dakiano zu.
Sie wünschte sich, dass auch Cas gefeiert werden würde. Sie wünschte sich, dass Dämoninnen ihn anbeteten und ihm Strumpfbänder zuwarfen und seine Muskeln berührten …
Überrascht stieß sie den Atem aus. Mit diesem Gedanken erkannte sie die Wahrheit und akzeptierte sie: Ihre Gefühle für Cas waren nicht die, für die sie sie gehalten hatte …
Der Jubel nahm noch an Lautstärke zu, als Dakiano das Feuer in den Stab zurückverbannte und löschte. Er beherrschte diese Waffe eines Feindes mit absoluter Selbstsicherheit.
»Also
das
ist ein Accessoire, das ich auf jeden Fall haben muss«, murmelte Morgana.
»Meinst du, du könntest damit meine Zauberkraft zurückholen?«, fragte Bettina rasch.
»Wenn es nur so einfach wäre, mein kleiner Sonderling. Es handelt sich dabei lediglich um eine Vorrichtung, die Energien bündelt, eine Art Kanal oder Verbindung, um Macht in ihr Sicherheitslager zu leiten. Dennoch … wenn eine Sorcera eine Sense der Vrekener besäße! Wie sie das ärgern würde! Wie sehr es uns stärken würde!«
Anstatt das Lob der Menge zu genießen, wandte Dakiano seinen Blick nicht ein einziges Mal von seinem Preis ab. Mit diesem dunklen, fesselnden Blick starrte er zu Bettina empor.
Zuvor hatte seine Miene am Ende eines jeden Kampfes gesagt:
Ich kämpfe für dich. Schon bald wirst du mein sein.
Jetzt sagte seine Miene:
Ich werde dich holen. Du
bist
mein.
Oh, bei den Göttern, wie wild entschlossen er wirkte. Sie schluckte. Nicht zuletzt sah er furchterregend aus.
Morgana registrierte den Gesichtsausdruck des Vampirs. »Sei vorsichtig, Sonderling«, riet sie. »Wie ich schon sagte, die Männer der Mythenwelt tendieren dazu, nach einem Kampf um eine Frau ziemlich brutal zu werden. Sie müssen dann einfach über irgendwas herfallen, als wären sie in der Brunft, wenn du so willst. Sie verlieren dann jeglichen Verstand.«
»Morgana!«, rief Bettina. Sie bemühte sich immer noch, das alles zu verstehen, was da gerade geschehen war. Erst jetzt begriff sie vollständig, dass Dakiano überlebt hatte. Was bedeutete, dass sie auch erst jetzt vollständig begriff, dass er gegen Cas antreten würde. Sie blickte zu ihm auf und erkannte, was er für sie war: ihre Führung, ihre Rettungsleine, ihr Mentor.
Ihr bester Freund. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Cas.«
»Genieße den heutigen Abend mit dem Vampir, Bettina«, sagte er mit rauer Stimme. »Es wird sein letzter sein.« Damit translozierte er sich fort.
Die Sicherheit in seinen Worten ließ sie erschaudern. Noch vor einer Woche hätte seine Aussage sie entzückt. Doch jetzt …
Sie durfte keinen von beiden verlieren.
Morgana ergriff ihre Hand. »Komm, wir gehen. Du musst dich vorbereiten.«
»Wofür?«
»Der Prinz der Schatten wird zu dir kommen.« Sie führte Bettina vom Ring fort, gefolgt von ihren Inferi. »Um seinen Anspruch auf dich zu erheben.«
»Morgana, bitte. Ich bin nicht in der Stimmung dafür.«
»Das war
der
Kampf«, entgegnete ihre Patin. »Caspions Tod morgen ist nur noch eine reine Formalität.«
»Hör auf, so zu reden!« Der Mann, den sie gerade zu lieben begann, hatte überlebt, und die grauenhafte Angst, die sie seinetwegen ausgestanden hatte, war vorübergehend verschwunden. Doch auf den Fersen der Erleichterung folgte neues Grauen.
»Dein Dämon ist einfach zu jung. Er hat noch nicht oft genug getötet und darum keine Chance gegen diesen Vampir.« Während Morgana sie zur Burg zurücktrieb, sagte sie noch: »Der Prinz der Schatten ist nicht länger ein Prinz. Er ist praktisch schon der König dieses Reiches.«
38
Drei quälende Stunden waren vergangen, seit
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