Braut der Schatten
die Vrekener ausgelöscht worden waren. Salem glaubte, ihre Fähigkeit hätte ihr neuen Mut verliehen.
Sicher, diese Dinge waren nicht schlecht, aber es gab etwas, das Cas und Salem nicht verstanden: Selbst wenn diese Dinge nicht passiert wären, hätte Bettina sich in diesem Moment auf den Weg gemacht.
Nach den letzten beiden Nächten mit dem Vampir hatte sich ihr Denkweise stark verändert. Nicht einfach nur, weil ein starker, sexy Vampir ihr gesagt hatte, dass ihre Größe in ihr selbst liege, sondern weil sie langsam einsah, dass er möglicherweise recht hatte … »Ich bin bald wieder da«, sagte sie zu Salem.
Draußen auf der Straße schienen die Gebäude nicht mehr ganz so hoch aufzuragen. Vielleicht würde es ja umso leichter werden, je mehr sie sich anstrengte.
Als sie Dakianos Zelt erreichte, duckte sie sich unter den Zeltklappen hindurch und achtete sorgfältig darauf, nicht einen einzigen Strahl der untergehenden Sonne hineinzulassen. Sie fand ihn allein vor. Er sah aus, als hätte er sich gerade mitten im Satz unterbrochen.
Sie sah sich um. »Sie waren gerade hier, oder? Deine Cousins?«
»Ja. Sie haben mir zu meinem Erfolg gratuliert, dass ich dich und die Krone dieses Reichs gewonnen habe.« Sein Aussehen erschreckte sie.
Während sie sich erfrischt und gestärkt fühlte, sah er abgelenkt und erschöpft aus, vollkommen anders als noch vor wenigen Stunden. Jetzt war sein Gesicht bleich, und dunkle Ringe lagen unter seinen Augen. Er sah aus, als hätte er im Laufe des Tages an Gewicht verloren, denn seine maßgeschneiderte Kleidung saß viel zu locker an seinem Körper. Möglich war es, schließlich befleckte ein großer Teil seines Blutes den Lehmboden des Eisernen Rings. Wenn er nicht trinken konnte, um es zu ersetzen …
»Sie haben mir auch von Lothaire berichtet. Wie es scheint, hat er einen Weg gefunden, seine Braut unsterblich zu machen. Sie sind den Bund miteinander eingegangen.«
»Das ist unglaublich.«
»Es war längst abzusehen. Wir haben dafür gestimmt, die beiden als neue Regenten einzusetzen. Zumindest meine Cousins haben es getan.«
Sie trat zu ihm und legte ihm die Hände auf die Brust. »Das muss für dich bitter und süß zugleich sein.«
»Es ist so schrecklich viel … Ich muss das erst einmal verarbeiten. Im Laufe weniger Tage wurde ich erweckt, ich habe ein Königreich aufgegeben, um König eines anderen zu werden, und ich habe auf das Reich von Blut und Nebel zugunsten von Abaddon verzichtet, dem Land meiner Braut.«
Ich werde dafür sorgen, dass du hier glücklich wirst, Vampir. Du wirst es nicht bereuen.
»Wann hast du eigentlich zum letzten Mal einen ganzen Tag durchgeschlafen?« Eine brutale innere Anspannung schien ihn zu zermürben. Aus dieser Nähe konnte sie es deutlich erkennen.
»Vor Wochen.« Er verzog die Lippen, doch sein Lächeln erreichte die Augen nicht. »Ich hatte so viel zu tun, mit dem Turnier und meinen letzten Pflichten Dakien gegenüber. Jedenfalls werde ich schlafen, wenn ich dich erst einmal zu meiner Frau gemacht habe. Wir werden unser Bett tagelang nicht verlassen.«
Auch wenn das himmlisch klang, machte sie sich immer noch Sorgen um seine Gesundheit. »Du trinkst auch nicht?«
Sein Blick wanderte zu ihrem Puls. Die Vorstellung, wie schwach und durstig er sein musste, quälte sie.
Vielleicht hätte ich zulassen sollen, dass er mich beißt.
Es war ihm gelungen, alles andere wunderschön für sie zu gestalten. Warum sollte es dabei anders sein? Heute Abend würde sie ihren Hals für ihn entblößen.
Jetzt aber trat sie an seine Anrichte und goss ihm Blut aus einer Kristallkaraffe in einen Kelch. Früher hätte sie so etwas sicherlich widerwärtig gefunden, doch inzwischen sah sie es im wahrsten Sinne des Wortes als das Lebenselixier ihres Vampirs. »Hier, Trehan. Trink.«
Er murrte ein wenig – typisch Mann –, nahm den Kelch aber doch an und zog eine Grimasse, nachdem er den Inhalt getrunken hatte. »Alles andere Blut schmeckt widerlich, seit ich von deinem gekostet habe.« Dann runzelte er die Stirn. »Warum bist du hier? Stimmt etwas nicht?«
Vielleicht sollte sie ihm später von ihrer zurückgewonnenen Fähigkeit erzählen. Er schien im Moment sowieso schon zu viel im Kopf zu haben. »Ich muss mehr über deinen Plan für heute Abend wissen.«
»Wieso?«
»Zuerst einmal geht es immerhin um mich, und ich habe nicht vor, weiterhin blindlings in derartige Situationen hineinzulaufen.«
Er legte den Kopf abwägend zur Seite. »Nun
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