Braut der Schatten
keine Namen, konnte Dakiano keinerlei Hinweise geben. Außerdem würde sie dem Vampir niemals erzählen, was ihr zugestoßen war. Es ging ihn nichts an – und es war viel zu erniedrigend. »Ich kann nicht … Ich
will
nicht darüber reden.«
»Sag mir nur, ob es einer der Sorceri war, der sich an dir vergriffen hat.«
»Ich stehe unter Morganas Schutz. Keiner der Sorceri würde so etwas wagen. Und wenn es ein Sorcero gewesen wäre, der meine Macht gestohlen hätte, wäre ich eine Infera – eine Sklavin.« Aufgrund von Bettinas Abstammung wäre es ihr möglich, gleichzeitig eine Dämonenprinzessin und eine Sorceri-Sklavin zu sein.
»Die Vrekener jagen deine Spezies.«
»Das stimmt. Seit Urzeiten …«, murmelte sie. Ihre Gedanken flogen zu jener Nacht zurück.
Gleich zu Anfang hatte ihr Anführer seine Sense aus schwarzen Flammen dazu verwendet, ihre Fähigkeit abzusaugen. Sie erinnerte sich noch, dass sie dachte:
Wenigstens haben sie nicht vor, mich umzubringen, dann würden sie sich nicht diese Mühe machen.
Dann erst war ihr eingefallen, dass sie ihre Zauberkraft schon allein darum stehlen würden, um zu verhindern, dass sie nach Bettinas Tod einem Neugeborenen der Sorceri mitgegeben wurde.
Sobald der Anführer ihr die Macht geraubt hatte, hatte er gebrüllt: »Ihr habt meinen Vater getötet und meinen Bruder für immer verkrüppelt!«, und dann hatte er ihr mit voller Wucht ins Gesicht getreten.
Sie erschauerte, was Dakiano nicht entging.
»Du kannst es mir genauso gut erzählen, Bettina. Irgendwann finde ich es ja doch heraus.«
Doch sie weigerte sich, ihm noch weitere Teile ihrer Vergangenheit zu offenbaren, holte tief Luft, um sich zu beruhigen, und lenkte die Unterhaltung wieder auf das Thema Turnier.
»Du gehst also davon aus, dass du noch so lange am Leben sein wirst? Du könntest schon morgen auf Goürlav treffen. Wie ich hörte, entspringen seinem Blut Monster.«
Der Vampir schenkte ihr einen nachsichtigen Blick. »Um Goürlav kümmere ich mich, wenn die Zeit dafür kommt.«
»Wie kannst du nur dermaßen zuversichtlich sein? Du bist nicht unbesiegbar«, sagte sie, in der Hoffnung, völlig natürlich zu klingen. Wenn sie schon Dakianos Verhör über sich ergehen lassen musste, konnte sie genauso gut Cas helfen. »Auch du hast Schwächen.«
»Ja, das stimmt. Allerdings habe ich nicht vor, mit dir darüber zu reden, nur damit du die Information gleich an Caspion weitergeben kannst.«
Sie errötete schuldbewusst.
»Bettina, du musst ja keine Einzelheiten preisgeben, sag mir einfach nur, wo ich suchen muss.«
An einem Ort, der verborgen im Himmel liegt und den kein Dämon und kein Vampir je erreicht hat. Dieser Ort ist vor jeglicher Zauberei geschützt.
Bettina erhob sich.
Es reicht.
Sie stellte ihr Glas auf den Tisch und ging auf den Ausgang zu.
»Warte, Frau!« Er translozierte sich vor sie und verstellte ihr den Weg.
»Ich will sowieso nicht hier sein. Ich will nicht
bei dir
sein. Und dann bedrängst du mich auch noch immer weiter.«
»Sag mir zumindest, ob du immer noch in Gefahr bist.«
»Du kannst einfach keine Ruhe geben, oder?«
Er holte tief Luft. »Ich befinde mich in einer Lage, in der ich noch nie zuvor war. Ich werde von meinen Instinkten belagert, und alles dreht sich nur noch um dich.«
»Was soll das heißen?«
»Das heißt, dass ich töten
muss
. Ich habe endlose Jahre einzig und allein mit dem Tod verbracht, habe meine Pflicht erfüllt, ohne zu urteilen. Aber jetzt …«
»Aber jetzt haben wir genug über meine Vergangenheit geredet, oder ich gehe!«
Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, überlegte es sich dann aber anders. »Nun gut.« Er geleitete sie zum Diwan zurück, reichte ihr ihren Wein und nahm seinen Kelch wieder auf. »Worüber würdest du denn gerne reden? Ich richte mich ganz nach dir.«
»Du weißt mehr über mich, als ich dachte. Ich hingegen weiß nur sehr wenig über dich und deine Art.«
Wieder runzelte er die Stirn. »Ich bin es nicht gewohnt zu erklären, was ich bin. Es sei denn, jemandem, den ich gleich töten werde. Und was ich über neunhundert Jahre lang war, hat sich in den letzten vierundzwanzig Stunden drastisch verändert.«
Cas hatte gesagt, dass Dakiano mindestens achthundert Jahre alt sei. Aber es direkt aus dem Munde des Vampirs zu hören … »Du bist über vierzigmal so alt wie ich?«
Überzog etwa eine leichte Röte seine gemeißelten Wangenknochen? »Mehr oder weniger.«
»Du warst – mehr oder weniger –
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