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Braut von Assisi

Braut von Assisi

Titel: Braut von Assisi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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nicht wollte, dass er uns jetzt stört. Der weiß nichts
von dem, was wir beide hier zu bereden haben.« Im Licht der Kerzen, die Ilaria umsichtig entzündet hatte, waren ihre Augen tiefblau.
    »Was willst du eigentlich von mir?« Erschöpft war Stella auf das Bett zurückgesunken.
    »Dass du glücklich wirst. So glücklich, wie ich es mit meinem Federico sein werde.«
    Eine Weile blieb es still im Zimmer.
    Stellas Blicke flogen durch diesen Raum voller Erinnerungen. So viele Träume hatten sie hier zusammen gesponnen, so viele Märchen gewebt, sich immer wieder die Zukunft in strahlenden Bildern ausgemalt, doch heute erschien ihr alles um sie herum nur noch grau und tot.
    »Die Wahrheit!«, verlangte sie schließlich. »Was willst du wirklich?«
    »Dass du ihn wenigstens anhörst«, hörte sie die Schwester flüstern. »Ich finde, das hat er verdient.«
    »Carlo? Du musst verrückt geworden sein!«
    »Hör zu, Stella, er war vorhin hier, unten vor dem Fenster, das hast du in deinem Schmerz gar nicht mitbekommen. Ich bin ganz schnell runter zu ihm gelaufen, heimlich natürlich, damit Mamma und Papà nichts mitbekommen, angeblich, um frisches Wasser zu holen. Carlo ist außer sich, verletzt, bis ins Mark getroffen. Du bist heute nicht die Einzige, die leidet.«
    »Er war hier? Bei uns? Nach allem, was er mir – nein, was er uns angetan hat? Ich fasse es nicht.«
    »Carlo hat mich angefleht, ein gutes Wort für ihn bei dir einzulegen, und genau das will ich jetzt tun. Rede mit ihm, Stella! Vielleicht findet sich ja doch noch eine Lösung für die vertrackte Situation.«
    »Nachdem er mich vor den Augen der versammelten Stadt in den Schmutz gezogen hat? Niemals!«

    »Er braucht dich, Stella! Er ist dein Verlobter – und in Not. Sei nicht hartherzig! Geh hinunter in den Stall und rede mit ihm!«
    »Er wartet im Stall?«
    Ilaria nickte. »Mein Vorschlag, damit die Eltern ihn nicht zu Gesicht bekommen, bevor ihr beide euch ausgesprochen habt. Ich hab Carlo versprochen, dass ich dich umstimmen werde. Wirst du also zu ihm gehen – mir zuliebe?«
    Dir zuliebe, Ilaria, dachte Stella wütend, während sie sich kaltes Wasser ins Gesicht spritzte, um wieder halbwegs sehen zu können. Nur dir zuliebe. Sie nahm die zerzausten Haare mit einem Band zurück, damit sie ihr nicht ständig ins Gesicht fielen.
    An dem weißen Kleid ließ sich beim besten Willen nichts mehr verbessern, so fleckig und zerknittert hatte der schier endlose Tränenfluss es gemacht, was Stella mit einer Art grimmiger Genugtuung erfüllte. Aus dem festlichen Brautgewand war ein feuchtes, zerknülltes Etwas geworden, das jeglicher Pracht entbehrte.
    Sollte Carlo ruhig sehen, was er angerichtet hatte!
    Sie war schon halb im Hinausgehen, da streckte Ilaria ihr in einer auffordernden Geste den Ring entgegen. Doch Stella schüttelte den Kopf.
    Carlos Argumente würde sie sich anhören, das hatte sie Ilaria versprochen. Zu mehr jedoch war sie nicht bereit.
    Barfuß schlich sie die Treppe hinunter, vorbei an der Schlafkammer der Eltern, aus der kein Laut drang. Konnten sie nach den Schrecknissen des heutigen Tages bereits in tiefem Schlummer liegen?
    Sie waren noch wach, alle beide, und in heftigem Streit verstrickt. Das hörte Stella, als sie das Esszimmer erreicht hatte. Sogar durch die geschlossene Tür drangen ihre erregten Stimmen: Simonettas Alt, der seine gewöhnliche
Tonlage verlassen hatte und sich keifend höher und höher schraubte, Vascos Bass, der dröhnte und polterte wie selten zuvor.
    »Schande«, glaubte Stella zu verstehen.»Lügen … satt … wirst schon sehen, wohin das noch führt … hätten sie besser niemals aufnehmen sollen …«
    Das genügte.
    Stella lief in den rückwärtigen Teil des Hauses, wo vom Küchentrakt aus eine kleine Tür direkt in den Stall führte. Als Kinder hatten sie sich oft dieses verschwiegenen Zugangs bedient, vor allem, wenn sie vor Simonettas Befehlen unbehelligt sein wollten.
    Drinnen war es warm und dunkel, es roch nach Heu, den Leibern der Tiere und nach frischen Pferdeäpfeln. Rosa, Ilarias rotbraune Stute, die auch sie oft geritten hatte, erkannte sie und begann, zur Begrüßung zu schnauben.
    Doch da lag noch ein anderer Geruch in der Luft, bitter und scharf, nach Angst und Wut – Carlo!
    »Du bist gekommen!« Er packte ihren Arm, zog sie zu sich heran.
    »Nur wegen Ilaria. Und lass mich auf der Stelle los!«
    Er gehorchte schweigend.
    In einer Ecke des Stalls, bei den aufgetürmten Heuballen, hatte er auf

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