Braut wider Willen
überraschende, neue Perspektiven. Der neue Marquis of Granville würde eine Gemahlin brauchen. Warum nicht die gegenwärtige Marquise? Er war sicher, sie nach Belieben zurechtbiegen zu können. Und diese fülligen Formen bargen sichtlich zahlreiche Möglichkeiten.
Brian brach ein paar Stunden nach Cato nach Harwich auf. Da er aber mit seiner Beute keinesfalls zusammentreffen wollte, wählte er eine andere Route. Er erreichte den Hafen am Nachmittag des dritten Tages, stieg im Pelikan im Hafenviertel ab und machte sich zu Fuß auf den Weg, um herauszufinden, ob Cato und seine Begleitung in einer der zahlreichen anderen Herbergen der Stadt Quartier genommen hatten.
In einem kleinen Hafen wie Harwich konnte jemand, der mit acht Berittenen reiste, nicht unbemerkt bleiben, daher war Brian zuversichtlich, die Gruppe bald aufzuspüren.
Er befand sich im Schankraum des Ship und zog bei einem Ale beiläufig Erkundigungen ein, als er Giles Cramptons rollenden Yorkshire-Akzent im Hausflur hörte.
»He, Wirtin, wir brauchen eine anständige Kammer für Lord Granville. Den anderen genügen Dachboden oder Tenne.«
»Tja, ich weiß nicht, ob ich damit dienen kann«, antwortete die Wirtin, als Brian sich unauffällig in die tiefe Kaminecke drückte. »Wenn es Seiner Lordschaft nichts ausmacht, seine Kammer zu teilen, hätte ich einen großen Raum nach vorn hinaus. Den habe ich aber schon an drei Gentlemen vergeben. Die meisten stört es nicht, wenn sie sich einen Raum teilen.«
»Nun, meine Gemahlin und mich stört es.« Catos befehlsgewohnte Stimme unterbrach die Wirtin. »Ich nehme den Raum und bezahle Euch gut dafür.«
Man hörte Münzen klirren, dann sagte die Wirtin befriedigt: »Sicher werde ich die anderen Gentlemen zum Wechseln überreden können. Wird Ihre Ladyschaft ein Mädchen brauchen?«
»Nein, das glaube ich nicht«, sagte Cato. »Aber wir sind hungrig und freuen uns aufs Essen.«
»Na, dann will ich etwas Leckeres auf den Tisch bringen, Mylord. Kaidaunen in Zwiebeln und ein hübsches Stück Schweinskopfsülze.«
»Ein Brathuhn habt Ihr wohl nicht? Kaidaunen hatten wir gestern.«
Verwundert hörte Brian Phoebes bedauernde Stimme. Was, zum Teufel, hatte sie hier zu suchen? Cato hatte doch nicht etwa die Absicht, sie nach Holland mitzunehmen?
Er drückte sich tiefer in die Kaminecke. Phoebes Anwesenheit war ohne Bedeutung. Sobald er in Erfahrung gebracht hatte, wo Catos Ziel lag, würde er ihm mit dem nächsten Schiff dorthin folgen.
Und bei seiner Rückkehr aus Holland würde Catos Blut an seinem Messer kleben.
Ein Lächeln zuckte um Brians schmallippigen Mund.
Kapitel 20
Phoebe stand im Hafen von Harwich und zog ihre Kapuze gegen die auffrischende Abendbrise enger um ihr Gesicht. Es war kurz vor sieben, der Himmel verdunkelte sich bereits.
Am Kai herrschte große Betriebsamkeit, da die Schiffe sich bereit machten, mit der Abendflut auszulaufen. Aus den offenen Türen und Fenstern der Tavernen fiel Licht auf die gepflasterte, nach Fisch riechende Anlegestelle.
Phoebe konnte Cato nirgends sehen. Er hatte mit ihr zu Abend gegessen, sich zum Abschied zärtlich der Liebe hingegeben, und dann hatte er sie im Ship zurückgelassen und gesagt, er wolle einen letzten Humpen Ale mit Giles und seinen Männern in einer Kneipe am Kai trinken, ehe er an Bord der
White Lady
ging und nach Italien segelte.
Phoebe wich mit einem Sprung aus, als Lastenträger an ihr vorüberhasteten, tief gebeugt unter den Mehlsäcken, die sie schleppten. Die Lichter der weiter draußen im Hafenbecken ankernden Schiffe warfen ihren bleichen Schein auf das dunkle Wasser.
Phoebe fühlte sich in diesem gezielten Durcheinander einsam und verlassen. Einem Impuls folgend, war sie zum Hafen geeilt, weil sie Catos Schiff beim Auslaufen sehen wollte, nein, musste, damit sie ihm ein letztes Lebewohl sagen konnte. Verloren blickte sie zu der Taverne, in der Cato vermutlich mit seinen Leuten lachte und scherzte, und keinen Gedanken mehr an die Frau verschwendete, die er in Sicherheit im Gasthaus wähnte. Die Frau, die am Morgen mit Giles Crampton nach Woodstock zurückkehren und der Rückkehr ihres Gemahls geduldig wie Penelope harren sollte.
Sie drehte sich um und sah ihn: Brian Morse. Er stand einige zwanzig Yards weiter in ein Gespräch mit zwei Männern vertieft an der Laufplanke einer kleinen Schaluppe. Sie starrte ihn an und wollte ihren Augen nicht trauen. Was konnte Brian hier vorhaben? Während sie hinüberblickte, wurde etwas
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