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Brautflug

Brautflug

Titel: Brautflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marieke Pol
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Tochter, sie will so gerne Friseuse werden.
    Dann legte Ann los. Dies war wahrlich eine Herausforderung. Diese Frau hatte ein bildhübsches Gesicht. Ein Glück, dass kurz jetzt
in
war, sehr modern. Sie tippte mit der Spitze ihres Kamms auf das Foto eines Filmstars mit hellblondem Kurzhaarschnitt, das schräg über dem Spiegel klebte.
    Unsicher stand Ada eine halbe Stunde später vor der Schaufensterscheibe eines Damenmodengeschäfts, um ihre neue Frisur zu begutachten. Ann hatte sich selbst übertroffen, jeder in dem Friseursalon hatte das bestätigt: Es war ein unglaubliches Resultat, wenn man bedachte, wie die Frau ausgesehen hatte, als sie hereingekommen war. Ann hatte den gelben Schal zu einem schmalen Haarband gefaltet und es um den Kurzhaarschnitt der jungen Dame gelegt, genau wie auf dem Foto des Filmstars – nur dass das Band dort hellblau war, was besser gepasst hätte zu der jungen Dame mit den blauen Augen, aber man kann nicht alles haben. Ada befühlte ihre Haare, die mit einer harten, klebrigen Schicht besprüht waren, von der ein starker Friseurgeruch ausging. Das Gesicht, das sie aus der Schaufensterscheibe ansah, gefiel ihr. Ein kesses, modernes Ding, hätte man meinen können. Nur ihr alter Rock und ihre Strickjacke passten überhaupt nicht dazu. Ich muss eine Entscheidung treffen, dachte sie. Ich muss ein Hotel suchen, nicht zu viel Geld ausgeben und morgen wieder zurückfahren. Aber es gelang ihr nicht, diesen Gedanken umzusetzen, es war, als würden ihr die Beine versagen.
     
    Das Kleid stand ihr großartig. Die bunten Streifen betonten ihre Taille und umgaben schmeichelhaft ihre Hüften. Das eckig ausgeschnittene Oberteil ließ Hals und Arme frei, sodass sie sich auch noch ein hellblaues Mohairjäckchen mit kurzen Ärmeln zulegte. Der Gürtel gehörte einfach dazu – die weißen, offenen Schuhe übrigens auch –, und die seidige Unterwäsche und die teuren Strumpfhosen, legen Sie mir doch drei dazu, ich bekomme immer so schnell Laufmaschen. Auf einmal war ihr alles egal, sie kaufte den ersten Lippenstift ihres Lebens – sie tat ohnehin gerade so viele Dinge zum ersten Mal im Leben –, Wimperntusche und Puder in einer luxuriösen kleinen Dose, und auch noch echtes Parfum, als stände sie in einem Laden voller Törtchen und äße sie alle nacheinander auf.
    Nach Atem ringend über all die unverantwortlichen Ausgaben und ihr neues Aussehen, lief sie von einer Straße zur nächsten – mit vorsichtig wiegenden Hüften, weil das Kleid danach verlangte –, auf dem Weg zum Hotel, das die Verkäuferin ihr so freundlich empfohlen hatte. Und dort wäre sie bestimmt auch gelandet, wenn nicht immer wieder vor ihr der Fluss aufgetaucht wäre. In Christchurch schlängelt sich der Avon durch die ganze Stadt. Es war, als würde der Fluss sie suchen und sich ihr immer wieder zu Füßen legen: Hier bin ich, bleib jetzt endlich mal bei mir stehen. Und das tat sie dann auch. Sie zog – oh, wunderbar – die neuen Schuhe aus und breitete ihre Jacke unter sich auf den Rasen, damit sie das neue Kleid nicht schmutzig machte. Sie legte sich in die Nachmittagssonne, sog den Geruch von Gras in sich auf, hörte dem plätschernden Wasser zu und dämmerte vollkommen erschöpft weg. In diesem Dämmerzustand wanderten ihre Gedanken zu Frank. Hier war er an seinem ersten Abend entlangspaziert, unzufrieden mit sich, weil er sie hatte gehen lassen (sie konnte es auswendig). Hier war er mit Esther entlanggelaufen, die aufreizend rote Lippen hatte, doch daran verschwendete er keine Aufmerksamkeit, denn er dachte an das Mädchen in der Transportkiste. Und das war sie, die hier nun im Gras lag, über das er gelaufen war. Sie lauschte den Geräuschen, die er damals gehört hatte. Es war, als könnte sie ihn dadurch berühren, und sie fühlte, dass sie viel miteinander gemeinsam hatten, dass zwischen ihnen eine feste Verbindung bestand. Und dann kämpfte sie nicht länger gegen ihr Gefühl an. Sie sprang auf, eilte zum Bahnhof und gab endlich zu, dass sie auf dem Weg nach Martinborough war. Mit ein bisschen Glück konnte sie den Zug zum Nachtschiff in Lyttelton noch bekommen, das hatte sie schon längst herausgefunden.
     
    Es war die
Maori
. Sie rannte von dem Passagiergebäude mit dem hübschen Sandstrahlfenster über den Kai zum Ableger Nummer 2 , stellte sich keuchend in die Reihe der Leute, die vor der Gangway zur Fähre warteten. Ada wurde von Gefühlen übermannt. Von jetzt an war jeder Schritt, den sie tat,

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