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Brautflug

Brautflug

Titel: Brautflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marieke Pol
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    »Ich bin nie allein, denn Gott ist bei mir.«
    Irgendetwas stimmte daran nicht. Sie errötete und zog ihre Hand zurück, was die Scham noch verschlimmerte. Also strich sie sich über das Haar, das feucht in ihrem Nacken klebte, als wäre das der Grund für ihr Unwohlsein.
    »Ist es angenehm, die Vorstellung, dass Gott immer bei dir ist?«
    In ihrem Bauch war ein ungeborenes Kind, das in Sünde gezeugt worden war. Niemand war dabei gewesen außer Derk und ihr. In Neuseeland würde nicht darüber geredet werden. Zum Zeitpunkt der Geburt würde sich die ein oder andere Stirn in Falten legen, wenn sie sich an das Hochzeitsdatum erinnerten und von da aus zurückrechneten, aber nach einer Weile würde das Gerücht sich wieder verflüchtigen. Die wirkliche Abrechnung kommt an dem Tag, an dem Gott seine Bücher aufschlägt. Er, der alles sieht und nie vergisst.
    »Was denkst
du
denn«, sagte sie, »natürlich!«
    Was er dachte, sagte er nicht, aber ihr wurde schwindelig von dem Blick in seinen Augen. Sie musste sich etwas Besseres ausdenken. »Manchmal gelingt es mir nicht …«
    Abwesend rührte sie in ihrer leeren Teetasse.
    »Was gelingt dir nicht?«
    »Es ist nicht immer so einfach …«
    Er wartete geduldig.
    »Dem schmalen Pfad zu folgen.«
    »Hm?«
    »Rechtschaffen zu sein. Und eine gute Christin.«
    »Nicht?«
    »Wir alle sind Sünder«, flüsterte sie. Es waren oft ausgesprochene Worte, doch sie verursachten eine Welle der Angst in ihrer Kehle. Es blieb still. Um seinem Blick zu entgehen, trank sie den letzten Tropfen kalten Tee aus der Tasse, der Löffel stach ihr dabei fast ins Auge. Dann wusste sie nicht mehr weiter, und weil er noch immer schwieg, wandte sie sich ihm zu.
    Er sagte leise und ernst: »Du scheinst mir ein sehr liebenswürdiges Mädchen zu sein.«
    Tränen traten ihr in die Augen. Dieser freundliche junge Mann, der so dicht neben ihr saß, dass sie die Wärme seiner Haut spüren konnte, war meilenweit von ihr entfernt. Sie hatte noch nie die Gelegenheit gehabt, mit einem Ungläubigen zu sprechen, und seine Ruhe verwirrte sie. Er schien tatsächlich keine Angst zu haben. Aber wer nicht an die Hölle glaubte, der durfte sich auf etwas gefasst machen. Es hatte keinen Sinn, ihn davor zu warnen, und auch das bekümmerte sie. Es bekümmerte sie einfach alles.
    »Was ist los?«
    Ada sagte, dass sie müde sei und kurz schlafen würde. Sie drehte sich von ihm weg. Er schwieg. Nach einer Weile stand er auf und ging nach hinten.
     
    Sieben Stunden und achtzehn Minuten nach dem Abflug in Bagdad setzte der Kapitän die Liftmaster in Rangun auf den Boden auf und ließ die Tür für seine Auserwählten öffnen, die inzwischen vierundzwanzig Stunden am Stück in ihren engen Sitzen gesessen hatten. Sie mussten alle ihren Pass abgeben. Steif und stolpernd stiegen sie die Treppe hinunter, hinein in die feuchte, tropische Nacht, in der sie von einem schnaufenden KLM -Manager im weißen Tropenanzug begrüßt wurden und von Frauen in Sarongs, die ihnen kühle Getränke reichten, während sich hinter ihnen in rasantem Tempo die altbekannten Operationen vollzogen. Sie hatten eine halbe Stunde Zeit.
    »Das ist ja alles unglaublich interessant«, sagte Marjorie. Daraufhin machte sie einen Luftsprung, stieß einen Schrei aus und schlug wild um sich nach einem Insekt, das wie ein großer Grashüpfer aussah und gerade dabei war, an ihrem Bein hochzukriechen.
    In der Nähe des kleinen Flughafengebäudes gab der Kapitän vor birmanischen Journalisten eine Pressekonferenz. Ein schüchterner, kleiner Club war das, im Vergleich zu ihren eigenen lärmenden Journalisten, die ebenfalls draußen herumlungerten und die Bienenkönigin Esther umschwärmten. Sie boten ihr wechselseitig Feuer an und lachten über ihre Bemerkungen.
    Ada sah mit großen Augen in den Sternenhimmel, der ihre blühendsten Phantasien übertraf, und sie fragte sich dabei, wie man so etwas Prächtiges anschauen und dabei nicht an Gott glauben konnte. Gott der Herr hat sie gezählet, dass ihm auch nicht eines fehlet. An der ganzen großen Zahl.
    Frank war lange Zeit nicht an seinen Platz zurückgekehrt. Vielleicht hatte sie ihn enttäuscht. Sie hatte vor sich hingedöst, ein Selbstbild vor Augen, das sie schmerzte. Als sie aufschrak, weil sie zur Landung ansetzten, saß er wieder neben ihr. Wie ein wahrer Gentleman öffnete er seine Hand, damit sie die ihre hineinlegen konnte. Und sie war froh, das konnte sie nicht leugnen. Die ganze Landung hinüber

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