Brautflug
als die Kaiserin von Persien. Sie hatten es nicht eilig.
Danach schlief sie wie alle anderen ein. Und auch sie öffnete kaum die Augen, als sie minutenlang durch Gewitterwolken flogen.
Auf dem Flughafen Kemayoran in Jakarta wurde der Fliegende Holländer mit Musik begrüßt. Es war dort Samstagmorgen. Als das Flugzeug sank, stellte sie ihre Armbanduhr zum soundsovielten Male eine halbe Stunde vor, Zeit rieselte dahin wie durch eine Sanduhr. In weißer Uniform paradierten die Musikanten vorbei, während das Flugzeugpersonal Blut und Wasser schwitzte, um das Flugzeug startklar zu machen. Man drängelte sich in der offenen Tür, um einen Blick auf die verlorene Kolonie zu werfen. Frank machte keine Anstalten, einen Blick auf das Land zu werfen, aus dem er stammte. Ada fragte sich, warum, und hätte gern neben ihm gesessen, um jetzt einmal
seine
Hand zu halten. Sie dankte dem Himmel, dass er nie erfahren würde, wie er in ihrem Halbschlaf aufgetaucht war. Dennoch konnte sie sich des Gefühls nicht erwehren, dass er es trotzdem wusste, sodass sie jedes Mal, wenn sie sich umdrehte und ihre Augen die seinen trafen, bis zum Haaransatz errötete.
»Wir wollen weiterfliegen«, nörgelte Marjorie, die während des Sinkens stöhnend aufgewacht war. »Ich habe es wirklich satt.«
Ihr Atem war alles andere als frisch.
Wir werden dort stinkend ankommen, dachte Ada.
Es gab neue Wettkampfnachrichten. Die Viscount war auf den Kokosinseln gelandet. Die Hastings war über Colombo in ein Monsungewitter gekommen, das schlimmste Unwetter, das sie jemals mitgemacht hatten, erklärte die Besatzung. Auf dem Flughafen von Negombo hätten sie im strömenden Regen beinahe eine Bruchlandung erlebt. Der Motor war irreparabel beschädigt worden, und sie hatten aufgeben müssen. Das bedeutete einen Konkurrenten weniger, dennoch war es schade, und der Kapitän schickte seinen neuseeländischen Kollegen seinen Ausdruck des Bedauerns. Die schnellen Canberras waren schon in Christchurch angekommen. England war der Gewinner. Auf die Frage an den englischen Piloten, worauf er sich am meisten freuen würde, hatte er geantwortet: »Ich denke, auf eine schöne Tasse heißen Tee.«
Die Worte »Unwetter« und »Bruchlandung« spukten weiter in Adas Kopf herum. Bis jetzt war alles gutgegangen, aber noch waren sie nicht am Ziel. Hinter ihnen fing Frank ein Gespräch mit einem beleibten Mann von der Flugzeugfabrik an, der rastlos auf dem Gang auf und ab ging, um seine steif gewordenen Glieder zu bewegen. Es ging um Motoren.
»Das sind richtige Schönheiten, mein Junge«, sagte der Mann.
Frank wollte alles darüber wissen.
»Pratt & Whitney, da gibt’s nie irgendwelche Mängel. Sie werden stets nach zwölfhundert Flugstunden überholt, aber es gibt nie was zu bemängeln.«
»Sind sie jemals so lange an einem Stück gelaufen wie jetzt?«
»Sie rotieren nie länger als zehn Stunden am Stück.«
Gott beschütze uns.
»Und jetzt mindestens fünfzig Stunden«, sagte Frank, als hätte er ihre Gedanken erraten. Sie wünschte, dass sie dieses Gespräch nicht mit anhören müsste. Der Mann wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Der Mist ist, dass sie keine Zeit zum Abkühlen haben.«
»Wir jagen sie so durch.«
»Das ist der Mist. Sie sollten kurz zur Ruhe kommen können.«
Nach siebzehn Minuten flog die Liftmaster weiter, niedrig und im Tageslicht über den indonesischen Archipel, die bislang schönste Strecke. Ada sah die langen Ketten von hohen Vulkanen auf Java, mit grünen Seen auf den gekappten Spitzen. Dahinter lagen Bali und die anderen Sunda-Inseln – Namen, die sie in der Schule auswendig gelernt hatten –, denn ihr Kurs lag direkt auf dem Smaragdgürtel. Die Stewardess zeigte und erklärte alles. Alle erfreuten sich daran, sogar Marjorie wachte kurz auf. Nur Frank blieb weiter vertieft in die Zeitung, die an Bord gebracht worden war. Er las die Berichte vom Rennen, geschrieben vom eigenen Journalistenteam. Frank sah nicht auf und nahm scheinbar nichts um sich herum wahr.
Niemand hatte Hunger, die Mahlzeiten gingen halb aufgegessen zurück. Eigentlich hatten sie nur Durst. In ihren verwirrten Körpern war es Mitternacht, und die Erschöpfung blieb. Marjorie gähnte und drehte sich zum soundsovielten Mal um, gemütlich liegen war unmöglich. »Ich freue mich so darauf, Hans zu sehen«, sagte sie, »allerdings nicht so dreckig und verschwitzt.«
Etwa zu der Zeit, als die Sonne so hoch stand, dass das Flugzeug einen Schatten auf
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