Brautflug
saß. Sie sah seine hitzigen Bewegungen, den Schweiß auf seinem braunen Gesicht und die schwarzen Haare auf seinen Armen. Er kletterte zurück auf die Leiter und sah sie mit einem Mal direkt an. Ein breites Lachen legte sich unter seinen schwarzen Schnurrbart. Er legte seine rechte Hand auf sein Herz, verbeugte sich und verschwand aus ihrem Sichtfeld.
»Ja«, sagte Frank, »du bist schöner als die Kaiserin von Persien.«
Eine prickelnde Wärme stieg in ihr auf, er durfte solche Dinge nicht sagen. Es stimmte ja ohnehin nicht. Sie verspürte eine angenehme Verwirrung, als ein Mann mit Turban dem Steward eine große Traube Datteln überreichte. Dieser musste, um nicht unhöflich zu sein, das Geschenk auch annehmen. Die Datteln standen nicht im Anweisungsbuch. Die Traube wog ein paar Kilo. Alles war genauestens berechnet, bis auf die letzte kleine Gardine an Bord. Die Passagiere hatten bei der Anmeldung ihr Gewicht angeben müssen, und sie waren am Londoner Flughafen gewogen worden. (Ada hatte ordentlich zugenommen. Es wurden Witze darüber gemacht, deren Wahrheitsgehalt dort niemand erahnen konnte.)
Sie mussten die Datteln wohl oder übel mitnehmen und in Karatschi loswerden. Als sie in der Luft waren, wurde die Traube auf den leeren Sitz neben Marjorie gelegt, da Esther ohnehin hinten bei einem Journalisten auf dem Schoß saß, wo sie einen persönlichen Bericht für das Radio ins Mikrophon sprechen sollte. Ein paar Stunden später blieb die Stewardess beim Sitz mit den Datteln stehen und zog ihre schmalen französischen Augenbrauen hoch: »Was ist denn hier los?«
Ada drehte sich um. Marjorie bekam purpurrote Flecken bis zum Hals hinunter.
»Ich habe mir ein paar genommen, das ist doch wohl nicht so schlimm?«
Die Stewardess schwieg schmunzelnd, die zur Hälfte abgenagte Traube nahm sie mit. Marjorie starrte entrüstet aus dem Fenster. Das Gewicht sind wir jedenfalls vorläufig noch nicht los, brummte Frank in Adas Ohr. Sie musste ihr Lachen unterdrücken und wünschte sich dabei, dass sie für alle Zeit mit ihm zusammen in dieser Arche bleiben könnte. Direkt danach beschloss sie, dass die Strickarbeit ein Pullover für Derk werden würde. Sie strickte eifrig weiter – oder zumindest mit mehr Eifer als zuvor.
Die dritte Strecke war ein Flug von sechs Stunden, und als sich in Karatschi Freitagmittag um halb eins Ortszeit die ganze Prozedur wiederholte und beim Öffnen der Tür die Wüstenhitze in die Kabine strömte, die sich unter die Schädeldecke der Auserwählten setzte, da hätte Ada, genau wie all die anderen, alles dafür gegeben, hinauszudürfen, wo die Niederländer von der Botschaft im Schatten der Flugzeughalle standen und wo trotz der Hitze dunkle Männer wie die Tiere schufteten, um fünfzig Liter Suppe, hundertsechzig Stück Obst, zwölf Liter Sodawasser, sechsundsiebzig Hauptgerichte, hundertfünfzig Päckchen Butter und vierundachtzig hart gekochte Eier innerhalb von zwanzig Minuten ins Flugzeug zu hieven. Sie konnte, genau wie alle anderen, bei der Mitteilung, dass sie erst ein Drittel der Reise hinter sich hatten, einen Seufzer der Enttäuschung nicht unterdrücken. Allmählich wurde es in der Kabine schwitzig und klamm. Ihre Füße waren geschwollen. Um die Passagiere bei Laune zu halten, wurde versprochen, dass sie in Rangun aussteigen dürften. Sie verabschiedeten sich vom Kabinenpersonal, das hier abgelöst wurde – au revoir! Fünf Kilo Sand wurden abgeworfen, denn die neue Stewardess hatte ordentliche Hüften.
Die Strecke nach Rangun würde die bislang längste werden, und Ada fragte sich, wie lange sie die Stiche in Bauch und Rücken und die Wellen der Übelkeit beim Geruch von Kaffee noch würde unterdrücken können. Sie wusste nicht, warum sie das bis hierhin überhaupt getan hatte. Ebenso wenig verstand sie, warum sie Derk mit noch keinem einzigen Wort erwähnt hatte. Ach, könnte sie einfach jemand anderes sein, jemand wie Esther, die vollkommen freimütig zu sein schien und sich über alles lustig machte. Solch ein verwegenes Mädchen, das aus vollem Halse lacht und dabei den Kopf zurückwirft, als wäre sie allein auf der Welt. So jemand würde sie gerne werden. Wenn sie in ihrem hellen, modernen Bungalow ihren Gästen Sherry einschenkte, dann würde sie so jemand sein.
Siebzehn Minuten nach der Ankunft wurden die Bremsblöcke weggenommen, und Frank hielt beim Steigen ihre Hand fest, wie sie das nun schon gewohnt waren (obwohl Ada jedes Mal hoffte, dass niemand es
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