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Brautflug

Brautflug

Titel: Brautflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marieke Pol
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einmal erschrak sie über das Dröhnen, mit dem das Fahrwerk ausgeklappt wurde. Die Motoren heulten auf und gaben auf den letzten Metern noch einmal mehr Stoff. Auf einer Höhe von zweihundert Fuß rasten sie über den Kalkstreifen zwischen dem Finish-Grenzpfosten und den Kontrolltürmen hindurch.
    »Es ist vielleicht unsere einzige Chance«, sagte er wieder.
    Dann sengten die Reifen mit donnerndem Getöse über den Asphalt der Landebahn. Es war Sonntagmorgen, 6 : 27 Ortszeit. Sie waren als Letzte angekommen, hatten das Rennen aber dennoch gewonnen.
    Jubel und Applaus brachen los.
Ihr
Holland war Champion,
ihre
KLM war die Beste und
ihr
Kapitän ein Held. Die Freudenschreie wurden überstimmt von der enormen Kraft und dem Lärm der brüllenden Motoren, die aus voller Fahrt heraus abgebremst wurden – der Maschinenraum der Hölle. Noch ist es möglich, dachte sie. Und dann, klar und deutlich: Ich will es auch. Hand in Hand blieben sie sitzen, voller Anspannung.
    Die Geschwindigkeit wurde schnell verringert, und auch das Geräusch normalisierte sich. Der Kapitän ließ das Flugzeug in Richtung Flughafengebäude rollen und stellte dann seine vier Motoren aus. Geschafft. Ende der Reise, das Schiff ist im Hafen angekommen. Durchgejagt, aber unversehrt. Sie hatten dafür 49 Stunden, 57 Minuten und 13 Sekunden gebraucht. Mit einem Vorsprung auf ihren eigenen Zeitplan von 14 Stunden und 41 Minuten hatten sie das Endziel erreicht und damit den Flugrekord England – Neuseeland von 1946 um zehn Stunden unterboten. Es gab allen Grund, außer sich vor Freude zu sein.
    »Ich lass dich nicht fallen.«
    Langsam und widerwillig entzog sie ihm ihre Hand. Heiser vor Ergriffenheit schrien alle durcheinander. Noch nie zuvor waren normale Passagiere innerhalb von fünfzig Stunden ihre eigenen Antipoden geworden. Dies war die schnellste Emigrantenreise, die es je gegeben hatte. Ungeduldig wurden die Anschnallgurte gelöst, die Auserwählten tanzten auf ihren Sitzen herum. »Bleiben Sie bitte sitzen«, rief der Steward. »Wir müssen uns alle beherrschen und einen guten Eindruck machen.« Auch hier glitt eine weiße Jacke in den Kabinenraum, und sie mussten die Prozedur mit der Sprühflasche erneut über sich ergehen lassen. Draußen standen fünfzehntausend Leute, verriet der Mann, fast alle
Dutchies
, einige hatten in ihrem Auto übernachtet. Und während die Auswanderer flink, vor lauter Aufregung nach Luft schnappend, ihre Nasen und Münder bedeckten, bereitete der Steward sie darauf vor, dass aus ihrer uniformierten Ankunft leider nichts werden würde, da es regnerisch und kalt war und ein rauer Wind wehte. Sie mussten ihre Jacken anziehen.

7
    Der Kapitän öffnete die Tür der Liftmaster und ließ seine Auserwählten die Treppe herunterlaufen, die Erfolgskoffer in der Hand. Mit bleichen, erwartungsvollen Gesichtern setzten sie ihren ersten Schritt auf den Boden ihres neuen Vaterlandes. Wären sie nicht von den Blitzlichtern geblendet worden, so hätten sie weiter vorn beim schlichten Flughafengebäude eine Legion von Landsmännern hinter den Gittern sehen können, ein Meer von wiegenden Köpfen, schreienden, singenden Mündern und winkenden Armen mit rot-weiß-blauen Fahnen und Schildern: »Willkommen, Vogel aus dem Vaterland!«
    Wieder erklang die Nationalhymne, ungleich, außer Takt, heiser und ergriffen.
    Ada wurde bewusst, dass die gebogenen Wände des Flugzeugs Sicherheit geboten hatten, eine überschaubare Welt und ein übersichtliches Leben, nahe dem Mann, nach dem sie sich verzehrte. Das war nun vorbei, und vor ihr lag ein unbekanntes und überwältigendes Terrain, das sie mutterseelenallein, auf geschwollenen, schmerzenden Füßen erkunden musste. Damit hatte der flachsblonde Junge, der irgendwo dort drüben auf sie wartete, nichts zu tun. Sie fröstelte und zog den Kragen ihrer Jacke enger um ihren Hals. Sie konnte Derk in der Menge nicht ausmachen, sie standen zu weit weg, es waren zu viele Menschen. Keine der Bräute konnte ihren Verlobten ausmachen, sie stellten sich auf die Zehenspitzen und suchten die Menge ab, irgendjemand fing an zu jammern, aber es war nicht zu ändern: Sie waren durch Radioreporter, Kameramänner, Fotografen, Würdenträger und ein ausgedehntes Empfangsprogramm von ihren Lieben getrennt. Maori, die stundenlang barfuß und in traditionellen Gewändern dem Regen und Wind getrotzt hatten, winkten mit Speeren und schrien, tanzten und sangen. Sie übertönten die Nationalhymne hinter den

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