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Brautflug

Brautflug

Titel: Brautflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marieke Pol
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Frühstückstisch seinen Tee eingeschenkt, während er mit der aufgeschlagenen Zeitung vor ihr saß. Sie hatte sich darauf gefreut, sie freute sich noch stets.
    »Ihr seid bereit, sehe ich«, sagte Leon.
    Marjorie und Hans sahen einander an. Ja, sie waren bereit.
    »Sobald ich ein Flat für uns finde«, erklärte Hans.
    Marjorie hielt ein Kochtopfset in die Höhe. Ein Stapel wolkige, graue Emaille. Ihre Augen suchten nach einem Ort zwischen all ihren ausgestellten Trophäen. »Ein bisschen wenig Platz für meine Sachen, Es, so zu zweit«, rief sie«, aber na ja, ich bin nicht der Typ dafür, jemand anderen vor die Tür zu setzen!«
    Esther senkte dankbar den Kopf, so wie es von ihr erwartet wurde. Mit Händen und Füßen hätte sie sich dagegen gewehrt, denn es war ein perfekter Sonntagnachmittag: die Balkontüren weit geöffnet, sie saßen inmitten des mit Teeröschen bedeckten Mintgrün, vor den zwei geöffneten Kisten mit den Zollstempeln. Maori-Songs im Radio, ihre zwei netten Männer, schrecklich viele Zigaretten, all die idiotischen Kommentare von Marjorie, über die sie nicht lachen durften, und der Nachmittag ging bereits fast in einen herrlichen Sommerabend über. Sie war ganz ergriffen, als sie ihren Nähkasten sah: ihre Muster, die Papierrollen, ihr Zeichenmaterial und die Stapel Kohleskizzen, und erst recht, als ganz unten auf dem Boden der Kiste ihre Singer anscheinend unversehrt die Schiffsreise überlebt hatte.
    Die ganze Zeit spürte sie Leons Augen auf sich gerichtet.
    Während er lachte, rauchte und trank wie alle anderen, beobachtete er sie scharf. Sie wusste, dass er zwischen all den Gegenständen, die sie juchzend aus ihrer Schatzkiste hervorkramte, hoffte, etwas zu finden, was nicht nur mit ihr allein zu tun hatte, sondern mit ihnen zusammen. Und aus diesem Grunde ließ sie die Menora in dem zerschlissenen Unterkleid eingewickelt und stopfte das ganze Paket achtlos unten in ihren Kleiderschrank. Hätte er nicht den gequälten Diasporablick in den Augen gehabt, so hätte sie die Menora tatsächlich ausgepackt und auf die Fensterbank gestellt, doch sie wehrte sich dagegen, dem eine extra Bedeutung zu geben, insbesondere, da sie das Einzige war, das sie nach dem Krieg aus ihrem Elternhaus zurückbekommen hatte.
Was kann ich dafür, Puppe?, hatte das Amsterdamer Weibsbild gefragt, wir alle haben eine schwere Zeit hinter uns
.
    Nicht daran denken.
    Und weil er sie weiter anstarrte und sich seine Augen immer weiter verdunkelten, hob sie ihre Nähmaschine mit einer wütenden Bewegung hoch in die Luft – tatatataa – und küsste das schwere Metall mit den goldenen Griffen, als wäre es ein heiliges Objekt. Oder ihr Kind.
    »Da bist du ja wieder, mein Schatz. Komm her zu Mama …«
    Sie sprach mit einer hohen, hysterischen Stimme. Übertrieben, natürlich, doch das lag nur an seinem Blick. Sie stellte die Nähmaschine feierlich auf den Tisch und kontrollierte, ob alles noch dran war. Dann rieb sie sie mit einem Tuch ab, als ob sie aus purem Gold wäre, setzte eine willkürliche Rolle Garn auf, zog den Faden durch die Ösen, blies etwas Staub aus der kleinen Spule und fing an zu drehen. Alles funktionierte noch, was sie eigentlich hätte glücklich machen müssen, doch durch seinen Blick verspürte sie nur noch einen unangenehmen Schmerz in ihrem Bauch. Sie sah ihre Hochzeit in all ihrer Schwere und begriff, dass diese beladen sein würde, zentnerschwer, und nichts, worauf man sich freuen konnte. Und dass der stinkende Atem der Raubtiere die Luft im Haus verpesten würde.
    Inzwischen war Marjorie am Boden der Kiste angelangt. Sie zog das dicke Buch von Doktor Spock hervor, winkte damit zu Hans hinüber, der breitbeinig auf der Fensterbank saß. »So werde ich unsere Kinder erziehen.« Der allerletzte Gegenstand aus ihrer Kiste war ein Teppichklopfer. Sie verteidigte sich fröhlich, mit hochrotem Gesicht, gegen das höhnische Gelächter. »Sie haben gesagt, dass die das hier nicht hätten.« Hans kippte fast um vor Lachen. »Schreibt Doktor Spock das vor?« Dann lachten sie alle, und Leon schenkte die Gläser noch einmal voll. Esther beugte sich vor, zog die Spule aus der Halterung und biss den Faden durch.
     
    Sie überredete Peggy zu einem neuen maßgeschneiderten Kostüm, ohne dass sie allzu viel Überzeugungskraft dafür benötigt hätte. Die einzige Einschränkung war, dass es nicht zu
verrückt
werden sollte. Das verstehe sich doch von selbst, sagte Esther heilig empört. Mit demselben Gesicht

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