Breaking News
schaffen.
»Kommen! Bitte kommen.«
Doch der Oberkommandierende ist weg.
Pfeifen, Einschlag. Vor ihm platzt das Erdreich auf, spritzt ihm in die Augen. Als er wieder sehen kann, kauert der Mann mit dem Granatwerfer neben ihm.
»Azriel. Gib mir das Ding. Wir nehmen uns die Festung vor.«
»Okay. Du lädst, ich feuere.«
Weit hinten kann er Punkte ausmachen, die sich über die Felder bewegen. Offenbar sind die anderen, als sich der Nebel hob, weiter nachSüden vorgestoßen als gedacht. Was ihnen reelle Chancen eröffnet, den Waldrand zu erreichen.
Sein Trupp hingegen –
Nie und nimmer schaffen wir es bis dorthin.
Und bevor wir den Rückzug auf offenem Terrain antreten, können wir uns ebenso gut selbst erschießen.
Es hilft nichts, sie müssen weiter auf Latrun vorstoßen und unterhalb des Hangs Schutz suchen, wo die Scharfschützen sie nicht so leicht erwischen können. Er schreit Befehle. Die Mörser sollen Feuerschutz geben, alle anderen rennen, was das Zeug hält. Gleichzeitig volle Ladung aus den beiden 65-mm-Geschützen, schweren, radgelagerten Kanonen, deren Schrapnelle gut und gerne sechs bis sieben Kilometer schaffen, damit können sie denen in der Festung ordentlich einheizen, schaut sich um –
Die Radkanonen stehen herrenlos herum.
Wo sind die Kerle, die –
Da liegen sie. Tot.
Arik nimmt den Granatwerfer auf die Schulter. Wartet, bis Azriel eine der Patronen in die Röhre geschoben hat, zielt und feuert.
»Nächste.«
Wieder ein Feuerstoß. Und noch einer. Azriel füttert das Ding, so schnell es geht, Arik visiert im Sucher die jordanischen Stellungen an, und plötzlich bleibt der Nachschub aus.
»Azriel? Wir haben keine –«
Sieht Azriel mit offenem Mund im Feld hocken. Ein heller Blutfaden läuft aus seinem Mundwinkel, in seiner Brust klaffen Löcher. Dann geliert sein Blick, er kippt mit dem Gesicht in den Schlamm und rührt sich nicht mehr. Arik flucht. Inzwischen ist es taghell, die aufsteigende Sonne badet die Felder in Licht. Wo zwei Kompanien sein sollten, sind nur Männer in wilder Flucht auszumachen. Rechter Hand erstreckt sich ein ausgetrocknetes Flussbett, vertieft sich auf einer Länge von 20 bis 30 Metern, wo es an die Hügelkette mündet –
»Zur Mulde!« Das Maschinengewehrknattern reißt seine Worte in Fetzen. »Rechts! Die Mulde!«
Spurtet los. Vor seinen Augen hüpft die Landschaft, über der Festung steht heller Rauch. Der Beschuss lässt nicht nach. In atemlosem Zickzack rennt er die Anhöhe hinauf, sieht weitere Männer fallen, schafft es bis unterhalb der Olivenbäume, wirft sich bäuchlings in die Vertiefung. Hier sind sie fürs Erste sicher, Bestandsaufnahme: Von seinen 36 Kameraden sind die meisten auf der Strecke geblieben, die es bis hierher geschafft haben, größtenteils verletzt. Ein Stück weiter liegt ihr einziges Funkgerät. Er streckt die Hand danach aus, als eine Kugel hineinschlägt und es unter seinen Fingern auseinanderfliegt.
Auch das noch.
Und wo kommt dieses unheilvolle Summen her?
Arik braucht einen Moment, bis er die Ursache identifiziert hat, da ist die Invasion bereits in vollem Gange. Wolken von Fliegen und Stechmücken senken sich auf sie herab und sammeln sich in offenen Wunden, noch eine vom Blutdurst getriebene Armee, und gegen die können sie nun gar nichts ausrichten.
Der Tag wird heiß werden.
Nicht im übertragenen Sinne.
Im meteorologischen.
Er legt den Kopf in den schweißnassen Nacken. Noch balanciert die Sonne auf der Hügelkante, doch schon jetzt bringt wahre Backofenhitze die Luft zum Flirren. Der Himmel ist von milchigblauer Färbung, vollkommen wolkenlos, aber wären da Wolken, würden sie sich wohl zu zwei Worten formen:
KEINE GNADE
Was kommt als Nächstes, denkt Arik.
Zwei nervenaufreibende Stunden lang denkt er es, während die jordanische Artillerie das Land in Blei taucht, ohne Pause.
Dann sieht er sie.
Arabische Soldaten.
Mittlerweile rauchen die Felder vom Beschuss, an einigen Stellen sind kleine Feuer ausgebrochen. Die Männer verharren auf dem Bauch liegend. Richtet sich gelegentlich einer auf, um die Lage zu checken, kassiert er sofort einen Treffer. Die Zahl der Verwundeten steigt, außer Arik sind nur vier Kämpfer unversehrt. Bislang haben die Verteidiger auf dem Berg sie mit Granaten, Kugeln und Schrapnellen eingedeckt, dann wird es von einer Sekunde auf die andere ruhig.
Vergleichsweise ruhig.
Etwa so, wie sich ein mittelschwerer Schauer zu Sturzregen verhält. Immer noch zu heftig, um
Weitere Kostenlose Bücher