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Sichtweite gerät, wird umgehend unter Feuer genommen, sämtliche Versuche endeten bislang mit Totalschäden und überstürztem Rückzug.
»Und da soll nur ein Haufen Bauern sitzen, um uns mit Ziegenscheiße zu bewerfen?«, forscht Arik.
Einige lachen.
Der Oberkommandierende nicht.
»Ihnen dürfte aufgefallen sein, dass wir über einen Geheimdienst verfügen, Scheinermann.«
Arik zögert. Sieht die Erregung in den Gesichtern der Zugführer. Ihre Hoffnung, die Straße bis zum Morgengrauen unter Kontrolle gebracht zu haben, ihre Nervosität und Angst, während kostbare Zeit verstreicht.
»Ich will den Angriff nicht infrage stellen«, erwidert er ruhig. »Nur den Zeitpunkt.«
»Der ist jetzt.«
»Jadin sieht das anders.«
Jetzt wird der Oberste sauer. Arik steht einige Dienstgrade unter ihm, was er da betreibt, grenzt an Insubordination, außerdem tragen Debatten wie diese wenig dazu bei, die Moral zu stärken. Aber stimmt, Jigael Jadin ist Operationschef im Generalstab, und er sieht es anders. Bis zuletzt hat er für eine Verschiebung gekämpft.
»Weil er dachte, uns stünden nicht genügend Kämpfer und Ressourcen zur Verfügung«, sagt der Oberbefehlshabende. »Aber wir sind nicht länger irgendwelche rivalisierenden Milizionäre. Wir sind die 7. Brigade der israelischen Streitkräfte!«
Kocht den Brei auf, den alle schon gegessen haben, schmeckt aber immer wieder gut.
Israelische Streitkräfte.
Die Armee des Staates Israel.
He, ihr da draußen:
WIR – SIND – EIN – STAAT .
Meinetwegen, denkt Arik. Ändert wenig daran, dass die Brigade ein zusammengestoppelter Haufen blutjunger Immigranten ohne jede Kampferfahrung ist. Holocaust-Überlebende, die auf Zypern festgesessen haben, bevor sie endlich einreisen durften, um vom Pier weg zur Armee verpflichtet zu werden. Die meisten kennen Schlachtfelder nicht mal von Fotos. Arik müsste ernsthaft besorgt sein, trügen nicht zwei Umstände zu seiner Beruhigung bei:
Erstens, der Haufen wird verstärkt vom 32. Infanteriebataillon der Alexandroni-Brigade.
Zweitens, der Kommandeur des 1. Zugs der Kompanie B des Bataillons heißt Ariel »Arik« Scheinermann.
»Der Premier sorgt sich«, fährt der Oberkommandierende fort. »Jeder Tag, den wir zögern, kann uns in Westjerusalem den Hals kosten. Aber wir werden den Arabern Feuer unterm Arsch machen, dass sie wie Kometen bis nach Amman fliegen. Wir müssen die verdammte Straße befreien, also holen wir uns jetzt Latrun. Noch Fragen?«
Ein sengender Blick in Ariks Richtung. Was nicht misszuverstehen ist. Der Oberkommandierende schätzt ihn, er schätzt sogar seine Impertinenz, aber was genug ist, ist genug.
»Nein.«
»Sie kommen klar mit Ihrem Gips?«
»Kein Problem.« Arik hebt seinen bandagierten Arm, Autounfall vor zwei Wochen, aber er will es sich nicht nehmen lassen, den Zug zu leiten. »Meine Geheimwaffe. Wer damit eins über den Schädel kriegt –«
Die Stimmung lockert sich.
Und eigentlich sorgt er sich auch nicht wirklich wegen der Araber oder der Brigade. Etwas anderes beschäftigt ihn. Dass nämlich, so intensiv er die Karten des Operationsgebiets studiert, kein Gefühl der Vertrautheit aufkommen will, wie es sonst bei ihm der Fall ist. Die flache Talsenke unterhalb der felsigen Hügel, die schwer einsehbaren Olivenhaine, das ganze Terrain macht ihn aus unerfindlichen Gründen nervös.
Was soll’s.
Wahrscheinlich sieht er nur Gespenster.
Doch erst mal sehen sie gar nichts mehr.
Eine geschlossene Decke aus Nebel hängt über den Feldern.
Geisterhaft.
Weit nach Mitternacht sind sie losgegangen vom Kibbuz Hulda, zwei Kompanien der 7. Brigade, zwei vom 32. Bataillon. Um fünf liegt endlich die flache Ackerlandschaft des Ajalon-Tals vor ihnen, mit Latrun und der angrenzenden Hügelkette dahinter. Die Waschküche ist eine Photonenfalle, die Schwaden phosphoreszieren vom ersten, kaum wahrnehmbaren Licht der Morgendämmerung und verschlucken das Hinterland. Arik fragt sich, wie sie in dem Nebel irgendwas erkennen sollen, wenigstens wird er sie schützen, wenn sie auf die Stadt vorrücken.
Das Gute ist, sie haben das Überraschungsmoment auf ihrer Seite.
Niemand dort oben rechnet mit ihnen.
Allerdings sind sie fünf Stunden hinter ihrem Zeitplan. Viel zu spät aufgebrochen, nachdem die Befehlshabenden sich über Details in die Wolle bekamen.
»Stopp.« Hebt die Hand.
Etwas erstrahlt am Himmel.
Ein Leuchtgeschoss.
»Warum schießen die mit Leuchtmunition?«, zischelt der Mann neben
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