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fünfte? Ich wär sehr dran interessiert, es zu erfahren. Ansonsten kennen Sie jetzt meine Perspektiven.«
Perlman schaut hinaus auf den sonnenbeschienenen Platz, die Palmen, das strahlende Gebäude des Suzanne Dellal Zentrums für Tanz und Theater schräg gegenüber.
»Es gibt eine fünfte Himmelrichtung«, sagt er.
»Und wo liegt die?«
»In Ihnen.«
Drei Tage verbringt sie in einem sicheren Haus am Stadtrand von Tel Aviv, wo Perlman, ein Psychologe und ein Rakas-Ausbilder sie einer Reihe von Intelligenztests unterziehen.
Cox steckt voller Widersprüche.
Hängt keiner Ideologie an, politisch desinteressiert. Ihre Schulbildung muss als erbärmlich gelten, dennoch weiß sie annähernd alles über die Französische Revolution, liefert treffende Analysen ihrer Hintergründe, kann indes wenig Erhellendes zum Sechstagekrieg beisteuern.Die Biografie Charles Mansons ist ihr geläufig, eines Mannes, der lange vor ihrer Geburt im fernen Kalifornien das Böse entfesselte, Gandhi hingegen, John F. Kennedy, Chaim Weizmann? Fehlanzeige. Präzise legt sie dar, wie man Exoplaneten nachweist, durch Spektralanalysen, und versagt an der Funktionsweise eines Radios. In weitgehender Unkenntnis der Weltliteratur (Homer? Shakespeare? Hemingway? Fuck, keine Ahnung, Mann! ) liest sie komplexes Zeug wie Orwells 1984 oder Amos Oz’ Geschichte von Liebe und Finsternis. Ihre Ausdrucksweise ist derb, geschult an TV -Serien und Comics, bis sie unvermutet Fremdwörter und Formulierungen einstreut, die einem anderen Geist zu entstammen scheinen.
»Wie passt das zusammen?«, fragt Perlman den Psychologen am Ende des zweiten Tages.
»Sie hat einen IQ von 160.«
»Das besagt wenig.«
»Erst mal besagt es, dass sie in der Lage ist, alles zu verstehen. Cox ist extrem lernfähig. Setzen sie ihr was vor, sie frisst es. Vorausgesetzt, es interessiert sie.«
»Und falls nicht –«
»Hinterlässt es nicht den mindesten Eindruck. Ihr Wissen ist aleatorisch. Irgendwo hat sie mal was über Robespierre gehört, fand es spannend – jetzt ist sie Expertin.«
Perlman sinniert darüber nach.
»Wirklich Expertin? Oder doch nur ein Nachschlagewerk, das sich als Expertin verkauft?«
»Kein talentierter Papagei, wenn Sie das meinen. Ihre kognitiven Fähigkeiten sind hoch entwickelt, sie hat nur keine Bildung erfahren.« Der Psychologe überlegt. »Stellen Sie sich den Weltraum vor. Leuchtende Galaxien, dazwischen Tintenschwärze. Etwa so sieht es in ihrem Kopf aus.«
Sie testen ihren Teamgeist.
Ihre Reaktionsfähigkeit.
Ihr Kombinationsvermögen.
Es ist verblüffend. Cox erkennt komplizierteste Muster, wo andere Unordnung erblicken. Sie ist der geborene Pilot in the picture. Ihr Gehirn verarbeitet auf einen Schlag mehr Sinnesreize als das der meisten Menschen.
»Und setzt sie in Schlüsse um«, sagt der Psychologe. »Blitzschnell. Das ist das Entscheidende.«
»Klingt nach evolutivem Vorteil.«
»Durchaus. Das Mädchen ist eine Überlebensmaschine. Sie mag zwar aussehen wie Bumble Bee –«
»Bumble Bee?«
» Transformers . Coole Filme. Nie gesehen?«
Schon wieder jemand, der ihm sein popkulturelles Defizit vor Augen führt. Er bräuchte dringend ein bisschen kundige Beratung.
»Ist sie teamfähig?«
»Schwer zu sagen.«
»Gefährlich?«
»Shoshana weist ein hohes Maß an Empathie auf. Aber tief in ihr kocht eine alte Wut.« Der Psychologe macht eine Pause. »Ja, sie ist zweifellos gefährlich. Die Frage ist, für wen.«
Augenscheinlich gibt es nichts Langweiligeres als das Hauptquartier eines Geheimdienstes.
Weder glimmen überall Großbildschirme, sitzen Menschen mit Headsets vor futuristischen Maschinen, noch flirten Agenten lässig mit der Chefsekretärin. Was gelegentliche Besucher des Schin Bet zu sehen bekommen, sind Büros, die ebenso gut eine Finanzbehörde beherbergen könnten. Was sie nicht sehen, soll man auch nicht sehen (und will es nicht, im Falle manch gemütlicher Verhöreinrichtung), ohnehin spielen sich die wirklich aufregenden Sachen in den Köpfen ab.
Und dort, wo’s brennt.
Im Außeneinsatz sind Bond und Bourne realer, als man glaubt.
Avraham Hills Büro setzt der Schmucklosigkeit die Krone auf. Vom Preis fürs schönste Innendekor ist es mindestens so weit entfernt wie Harry Potters Besenkammer. Klotziger Schreibtisch, Landkarten an den Wänden, Bücher, zwei Telefone. Jetzt sitzt der Leiter des Zentralkommandos, Zigarette im Mundwinkel, zurückgelehnt in seinem bandscheibenfreundlichen
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