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Zukunft: Zuerst die Erlösung des Landes, dann die Erlösung des Volkes, zuletzt die Erlösung der Welt.
Und das Volk ist nicht erlöst, solange es sich mit Andersgläubigen den Hauseingang teilen muss.
Das versucht er Arik zu erklären –
Und Arik hört mit halbem Ohr hin, während er sich fragt, ob er Leute wie Benjamin je verstehen wird.
Was geht bloß in deren Köpfen vor?
Verdrehen die Lebensrealität in Erwartung einer endzeitlichen Rettergestalt, so wie die Schiiten überzeugt sind von der Rückkehr des verborgenen zwölften Imams und die Evangelisten der Johannes-Offenbarung entnehmen, dass Jesus zur Erde herabsteigen wird, sobald Israel wieder in biblischen Grenzen existiert.
Und das Schlimmste daran:
Immer muss es erst zur Apokalypse kommen.
Weltuntergang, weil die Ungläubigen ja irgendwie wegmüssen. Ohne finale Schlacht geht es nicht, nur der Gläubige überlebt und erlangt Glückseligkeit, und weil das einigen Gläubigen nicht schnell genug geht, kann man der Apokalypse ja schon mal von eigener Hand auf die Sprünge helfen. Fanatiker wie Levinger wären bereit, durch Ströme von Blut ins Paradies zu waten, ohne sich darum als schlechte Menschen zu empfinden. Ganz im Gegenteil. Die Gerechtesten aller, nur: Apokalypse muss sein!
Frieden hingegen ist ihnen suspekt, weil:
Friedensverträge = Land futsch = Erlösung vertagt.
Ihr habt nicht die geringste Ahnung, was Apokalypse bedeutet, denkt Arik. Wärt ihr mit mir im Sinai gewesen und hättet die verkohlten Leichen der Ägypter in ihren Panzerwracks gesehen –
Aber auch davon würde sich ein Moshe Levinger wahrscheinlich nicht beeindrucken lassen.
Benjamin schon.
Oder? Doch, Ben ist gemäßigt. Trotzdem erstaunlich, wie sich die Kahn-Brüder auseinanderentwickelt haben. Jehuda, wenig nachdenklich und unideologisch, ist der Kumpel geblieben, der er immer war, Ben entfernt sich auf seinem heiligen Streitross zusehends von dem Jungen, der in Kfar Malal an der Seite Wolf Larsens die Meere unsicher machte und mit Jules Verne zum Mond flog.
Eigentlich, denkt Arik, wenn man es genau betrachtet, sind Jehuda und ich die Brüder.
Was den guten Ben mit Eifersucht erfüllt, aber was soll er machen? Sein leiblicher Bruder liebt ihn, doch gemeinsame Themen finden sie kaum noch. Jehuda kann mit dem Erlösungstheater nichts anfangen, weniger noch als ich, den mit Ben zumindest das Interesse an der Besiedlung der eroberten Gebiete verbindet. Und natürlich ist Ben schlau genug, zu erkennen, dass ich nicht von der Thora getrieben werde, ermuss sich ja nur mein Zeitungsinterview von vergangener Woche zu Gemüte führen:
SCHARON: Judäa und Samaria waren integrale Bestandteile des Landes, bevor sie 1948 von den Arabern okkupiert wurden. Wir haben sie im Ringen um Israels Sicherheit zurückerobert, wir sollten sie im Interesse unserer Sicherheit behalten.
Was meinen Sie mit behalten? Annektieren?
SCHARON: Schauen Sie, ich möchte Ihnen etwas erklären. Ich bin in Kfar Malal groß geworden, einem Moschaw nördlich von Tel Aviv. Im Schatten arabischer Städte wie Kalkilya, von denen aus jahrzehntelang jüdische Dörfer terrorisiert wurden. Dieser schmale Küstenstreifen, aus dem ich stamme, ist das Herz Israels. Dort finden Sie zwei Drittel aller Israelis, unsere wichtigsten Kraftwerke, den Großteil unserer Industrie, unseren einzigen internationalen Flughafen. Zugleich war die Region der verwundbarste Teil des Landes. Terroristen konnten mühelos über die Grenzen gelangen, ihre Angriffe ausführen und in kürzester Zeit wieder verschwinden. Von den Bergen Samarias aus kann man das gesamte Gebiet überblicken. Und beschießen. Wir haben gesehen, dass feindliche Artillerie vom Westjordanland aus nahezu jeden Punkt im Küstengebiet erreichte. Würden wir die Kontrolle über Judäa und Samaria aufgeben, hätten wir wieder dieselbe prekäre Situation.
Es heißt aber, sie wollten die umstrittenen Gebiete nicht nur militärisch sichern, sondern auch zivil besiedeln.
SCHARON: Wir haben kein Interesse daran, uns das Land der Araber unter den Nagel zu reißen. Wir wollen sie nicht aus ihren Städten vertreiben, wir brauchen weder ihre Äcker noch ihr Vieh. Von entscheidender Bedeutung ist, dass wir die wichtigsten Straßenkreuzungen und Hügel sichern. So haben wir nicht nur die Westbank unter ständiger Beobachtung, sondern auch das Kernland.
Wäre es nicht eine Option, mit Jordanien Frieden zu schließen, Hussein das Westjordanland zurückzugeben und
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