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Breaking News

Breaking News

Titel: Breaking News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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nachspürend. Wirft sich gegen ihn, umschließt den Hinterkopf mit der Rechten und schlägt ihn mit aller Macht gegen die Hauswand, umklammert das Handgelenk mit der Pistole. Der Mann geht in die Knie, doch statt hinzufallen, rammt er ihm den Ellbogen in die Seite. Hagen stöhnt auf. Wie ein Affe klammert er sich an seinen Gegner, ohne die Hand loszulassen. Der Killer versucht, ihn abzuschütteln, gerät aus dem Gleichgewicht, gemeinsam schlagen sie hin, rollen herum. Die Waffe schlittert davon. Jetzt ist der andere oben, verzerrte Züge in der Dunkelheit. Presst ihm mit dem Unterarm die Luft ab. Hagen fühlt seine Augen aus den Höhlen treten, das Blut staut sich in seinen Schläfen. Verzweifelt ringt er nach Atem, langt aus und drückt dem Kerl seine Finger in die Augen. Der Killer brüllt gepeinigt auf, der Druck lässt nach. Hagen greift in sein Haar, zieht seinen Kopf nach hinten, kommt frei, prügelt auf das dunkle Gesicht ein.
    »Ma kore po?«
    Über ihnen flammen Lichter auf, Fensterläden schlagen.
    Ein Moment ist er abgelenkt, bunte Blitze.
    Der Killer hechtet zu der Waffe.
    »Sheket! Ani kore lamishtara!«
    Auch anderswo geht Licht an, kein Wunder bei dem Mordsspektakel, das sie veranstalten, wenn es das mal nicht trifft, Mords spektakel!, begleitet von der Frage, wer am Ende wen umgebracht haben wird.
    (Du mich jedenfalls nicht.)
    ( DU NICHT !)
    (Du bringst niemanden mehr um.)
    Er setzt dem Kerl nach, der den Pistolengriff schon gepackt hält, schlingt den Arm um seine Kehle.
    Reißt ihn auf den Rücken und drückt zu.
    Drückt.
    Drückt, so fest er kann.
    Die Waffe poltert zu Boden.
    Der Killer windet sich. Rollt auf den Bauch, zieht Hagen mit, stemmt sich hoch. Kommt auf die Beine und versucht, seinen Plagegeist gegen die Hauswand zu drücken. Hagen lässt nicht locker. Um keinen Preis der Welt wird er locker lassen. Wieder und wieder wirft sich sein Gegner rücklings gegen die Mauer, um ihn zu zerquetschen, schlägt nach hinten, krallt sich in sein Haar, seine Kleidung.
    Hagen nimmt den zweiten Arm zur Hilfe. Legt alle Kraft in seinen Griff, zieht die Schlinge enger.
    Der Killer wankt.
    Fällt auf die Knie.
    Auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes wird eine Tür geöffnet, jemand schreit Unverständliches.
    (Nicht loslassen. Nicht loslassen. NICHT –)
    Im Würgegriff stirbt der Gegner.
    Stirbt entsetzlich langsam.

    Wehrt sich verzweifelt, kein sauberer Tod wie im Kino, kein knackendes Genick. Hagen wüsste gar nicht, wie das geht, jemandem das Genick zu brechen, überhaupt ist ihm schleierhaft, welche Kraft ihn befähigt, das hier zu Ende zu bringen. Wut und Angst setzen Reserven frei, die seine Gene aus dämmriger Zeit codiert haben müssen, als Menschen noch eine jagende und gejagte Spezies unter vielen waren, eine Tierart am Rand des Erwachens. Er hört das Röcheln des Sterbenden, riecht, wie er sich einnässt, das ganze entwürdigende Programm, denkt an Tonja, an ihr erbarmungswürdiges Ertrinken, drückt zu und fühlt den großen Körper endlich erschlaffen.
    »Ma ata ose? Ma ze tzarich lihiot?«
    Männer in langen weißen Hemden kommen über den Platz gerannt, aus dem Fenster über ihm erklingt eine Wortkanonade.
    Mea Schearim reibt sich die Augen.
    Nummern werden gewählt, Ordnungskräfte herbeigerufen.
    Hagen lässt den Toten zu Boden plumpsen.
    Hebt die Waffe auf und richtet sie auf die heraneilenden, bärtigen Männer.
    »Keinen Schritt«, keucht er.
    Sie bleiben stehen, ratlos, plötzlich verängstigt. Ohne sie aus den Augen zu lassen, geht er in die Knie und tastet den Toten ab, greift in seine Kleidung, findet eine Brieftasche, einen Schlüsselbund, ein weiteres Magazin mit Munition, verstaut alles in seiner Jacke. Springt auf die Männer zu, schreit sie an, unartikuliert, wie ein Tier –
    Erschrocken weichen sie zurück.
    – macht kehrt und schlägt sich in die nächste Gasse.
    Niemand folgt ihm.
    Er orientiert sich am Geräusch der Autos, die Häuser Mea Schearims enden, und plötzlich liegt die erleuchtete, vierspurige Sderot Hayim Barlev vor ihm wie eine Grenze zu einer anderen Welt – einer Welt, in der Björklund noch lebt, mit Lukoschik an der Bar sitzt, den Mann hinterm Tresen um den Schlaf bringt, in der sie ihn johlend begrüßen und fragen, wo er jetzt herkommt.
    Hagen schaut auf die Uhr. Viertel nach zwei.
    Taumelt unter eine Straßenlaterne, fischt die Brieftasche des Toten hervor, öffnet sie. Starrt auf den Ausweis.
    Auch ohne Hebräisch lesen zu können, weiß

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