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schweigt einen Moment. Ihm ist elend zumute.
»Was ist mit der Bezahlung?«
Yael schaut ihn an und senkt den Blick. Ekelhaft, in der Tat. Er steht kurz davor, Staatsgeheimnisse ihres Landes an Araber zu verscherbeln, aber was kann sie schon sagen. Sie sitzt im Glashaus.
In einem ganzen Glaspalast.
»David hat eine Blitzüberweisung auf mein Konto getätigt«, spricht Mansour die erlösenden Worte. »Ich hole das Geld später ab. Die Summe sollte für euch beide reichen.« Er lächelt. »Ihr müsst nicht zu Verrätern werden.«
Man sieht Tonnen von Yaels Schultern rutschen.
Und Hagen? Hat plötzlich einen Kloß im Hals. Muss aufpassen, nicht die Fassung zu verlieren.
»Ich zahle es zurück«, flüstert er. »Ich zahle alles zurück.«
Hanaan schwenkt die Fleischgabel.
»Nachschlag?«
Sie reden über anderes.
Hanaan, erfahren sie, war drei Jahre an der Londoner Uni. Im Gegensatz zu Mansour spricht sie ein weiches, fast akzentfreies Englisch, wie man es nur im Ausland erwirbt.
»Eigentlich wollte ich Fremdsprachenkorrespondentin werden.« Ihre Augen glänzen. »Ich hatte immer diesen Traum, in der UN zu sitzen. Zu dolmetschen, wie sie die Welt unter sich aufteilen.«
»Dann kamen die Kinder dazwischen«, sagt Mansour.
Und Hagen denkt, eigenartig. Das Universelle mancher Formulierungen. Als würden Kinder ihren von Selbstverwirklichung beschwingten Müttern heimtückisch auflauern, um ihnen im vielversprechendsten Moment höhnisch gackernd dazwischenzukommen.
»Trotzdem war’s nicht umsonst.« Mansour steht auf und setzt dieKaffeemaschine in Gang. »Hanaan wird die Korrespondenz mit unseren ausländischen Partnern erledigen. Wenn wir so weit sind, in alle Welt zu exportieren.«
»Ihr wollt das Sesamgeschäft international aufziehen?«, fragt Yael.
»Auch der freie Westen mag Tahini.« Mansour grinst. »Wir werden die Tahini-Weltmacht.«
»Und nebenbei baust du Häuser?«
»Der Konjunkturzug rollt. Wer jetzt nicht aufspringt, läuft ihm hinterher. Ich meine, schaut euch um. Handel, Gehälter, Beschäftigungsquote, alles zieht an.«
Weil sie mit Israel können, erklärt er weiter. Anders als die in Gaza. Solange die Hamas dort quertreibt, bleibt der Gazastreifen abgeriegelt und chancenlos. Handel? Mit wem? Sechs Jahre nach der Entkopplung leben die Gaza-Palästinenser wie eingemauert, blockiert zu Wasser und zu Land. Die Besatzung mag Geschichte sein, von außen wurde eine neue installiert, jetzt gleicht die Gegend einem gut bewachten Zoo. Israels Armee rückt nach Belieben ein, fliegt drüber weg, schießt Häuser und Autos in Brand. Und die Islamisten wissen nichts Besseres, als das Volk (das zunehmend wünscht, sie nie gewählt zu haben) tiefer und tiefer in die Bredouille zu reiten, indem sie ihrerseits Raketen nach Israel schießen und sich für ihren Starrsinn feiern lassen. Vielleicht, weil Allah mit ihnen ist. Vielleicht aber auch nur, weil in dem Schlachtgetöse untergeht, dass sie von Wirtschaft so viel verstehen wie Wale vom Kunstflug.
Dagegen, meint Mansour, stehe das Westjordanland doch ganz gut da.
»Überall neue Bauprojekte, hier, in Dschenin, in Ramallah. Neue Betriebe, Bars, Restaurants –«
»Neue Handelsbeschränkungen«, sagt Hanaan und gießt Wasser nach.
»Und wenn.« Mansour balanciert ein Tablett mit Mokkatassen an den Tisch. »Das geht vorüber.«
»Da ist Mustafa anderer Meinung.«
Ihr Mann runzelt die Stirn. Die Unterhaltung nimmt eine Wendung, die ihm offenbar missbehagt.
»Mustafa ist ein Freund«, erklärt Hanaan. »Er hatte mal 25 000 Hühner, die Eier verkaufte er nach Israel. Aber vor einem Jahr hat die Regierung in Jerusalem verboten, palästinensische Eier ins Kernland zu verkaufen. Seitdem bezieht Israel seine Eier aus der Türkei.«
»Mustafa hat immer noch Hühner«, sagt Mansour.
»Ja. Zwei Dutzend.«
»Man kann nicht alles Israel in die Schuhe schieben«, sagt er, und es klingt merkwürdig aus seinem Mund. »Hätte die PA mehr Ahnung von Finanzen –«
»Du willst sagen, wäre sie nicht so korrupt.«
»Sie gibt das Geld für falsche Dinge aus.«
»Ach, hör doch auf. Die stecken es sich in die Tasche!«
Mansour süßt seinen Kaffee nach.
»Wir haben es jedenfalls richtig gemacht. Oder?«
Weil sie eigenes Geld in die Hand genommen haben. Ihre Häuser sind abgesichert, während die meisten hier auf Pump bauen. Zur Bank laufen und sich das komplette Vorhaben finanzieren lassen. Keiner macht sich Gedanken über die Rückzahlung, wozu auch,
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