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Bestrebungen seitens PA und Hamas sichtbar, Ariks Blasphemie vom Vortag zu Elefantengröße aufzublasen. Aller Agitation zum Trotz will die Intifada nämlich nicht so recht in Gang kommen, wie ein Auto, das man nach Jahren aus dem Schuppen holt, legt sie Fehlstart auf Fehlstart hin. Einige der Steinewerfer steigen auf Molotowcocktails um, die Bereitschaftspolizei wechselt ihre Gummigeschosse gegen scharfe Munition aus und tötet vier Palästinenser.
Jetzt kommt Zug in die Sache.
Eine Straßenkreuzung im Gazastreifen, Fatah-Demo, Schusswechsel mit Zahal. Ein Palästinenser und sein Sohn suchen Deckung, ein Kamerateam von France 2 hält drauf. Cut. Nächste Einstellung, der Junge tot im Arm seines schwer verletzten Vaters. Drastisch, verstörend, Fernsehfutter für Nationen. Bei näherem Hinsehen Zweifel: Was ist hier echt, was wurde inszeniert?
Tod in Gaza, Klappe, die nächste?
Bilder schaffen Tatsachen, die Frage kommt zu spät.
Schmach den Besatzern!
Die Eskalation spielt der PA in die Hände, Arbeitsteilung wie folgt: Hamas und Islamischer Dschihad erledigen die Drecksarbeit, Arafat distanziert sich – distanziert sich – distanziert sich – distanziert sich. Bei so viel Distanz müsste er längst am äußeren Rand des Sonnensystems außer Sicht geraten sein, stattdessen hält er in seiner Mukata regelmäßige Gipfeltreffen mit den Führern aller palästinensischer Fraktionen ab, um deren Vorgehen zu koordinieren. Die Nerven liegen blank. Polizisten erschießen während einer friedlichen Kundgebung 13 unbewaffnete Israelis – zwölf davon sind Araber. Der Albtraum, Israels arabische Einwohner könnten sich mit ihren unterdrückten Nachbarn solidarisieren und nach Art einer fünften Kolonne gegen ihre jüdischen Mitbürger wenden, nimmt reale Züge an. Inzwischen wird Ehud Barak schon grün im Gesicht, wenn er nur an diesen Tempelbergbesuch denkt , wie konnte er den Irrsinn bloß genehmigen? Keiner vor ihm hat es so rapide vom Hoffnungsträger zum Buhmann gebracht: erst Camp David in den Sand gesetzt, jetzt schafft er es nicht mal, effizient brutal zu sein. Desillusioniert und ratlos, beginnt selbst die Friedensbewegung zu zweifeln, ob Sicherheit noch durch Dialog erreicht werden kann. Das Paradoxe ist, dass die Rechten, gerade, weil sie während der letzten Jahre an Sympathie verloren haben, jetzt umso leichter ins Spiel kommen. Wer harte Bandagen anlegt, muss nicht sympathisch sein. Du holst dir keinen Hardliner, um mit ihm zu kuscheln, sondern damit er dir die Bösen vom Leib hält, indem er selbst noch böser ist.
Und durchgreifen können die Rechten. Dafür müssen sie sich kein bisschen ändern. Nicht um Beliebtheit buhlen, keine kühnen Visionen entwickeln.
Nur sie selbst sein.
Konzessionen, Zugeständnisse?
Vergesst es!
Die Bedrohung überschattet alles, also entscheiden sie sich für die nächstbeste Option.
Einen Krieger.
Und wenn es je in Israel einen Krieger gab, dann heißt er Ariel Scharon.
Als Yael an Phoebes Geburtstag den Grenzposten Erez überquert (vorbei an Schlangen wartender Palästinenser, die jeder Einzelne gefilzt werden), kommt sie sich vor wie im Krieg. Überall Militär- und Sanitätsfahrzeuge, Soldaten, die vor Ausrüstung kaum laufen können. Finger liegen um Abzüge, nervöse Blicke springen von Person zu Person. Der Zaun um Gaza, gespickt mit Kameras und ferngesteuerten MG s, vermittelt mehr denn je den Eindruck, als beginne dahinter der leibhaftige Jurassic Park.
Eine Zone tödlicher Gefahr.
Yaels Heimat.
Sie lenkt den Wagen über den Pufferstreifen zwischen Sperranlage und palästinensischem Gebiet, sieht die roten Dächer Elei Sinais vor sich auftauchen, in die Kargheit gewürfelt wie Monopoly-Häuschen.
Wahnsinn.
Doch Yael hat aufgehört, den Wahnsinn infrage zu stellen. Israel mauert sich ein im Status quo. Bloß nichts verändern, keinen Schritt zurück. Die Aufgabe besetzten Terrains kann nur in eine Katastrophe münden. Jeden Fußbreit, den wir weichen, werden sie nachrücken, uns jagen, diesmal geht es gegen Israel selbst, um seine Vernichtung und Auslöschung.
Das ist die Lektion, die meine Generation gelernt hat, denkt Yael.
( WAHNSINN , WAHNSINN –)
Na, dann ist es eben Wahnsinn. Noch jeder hier ist am großen Wurf gescheitert, wozu sich Gedanken machen? Hier lebt ihre Familie. Leben Phoebe und Jehuda, und im Westjordanland siedeln Miriam und David mit ihren Kindern. Welcher Feuersturm immer über Israel hinwegfegen wird, für Yael zählt
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