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Breaking News

Breaking News

Titel: Breaking News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Bürokratie mit Scheuklappen in die falsche Richtung gelaufen und überhaupt nichts klar war. Das Appartementhaus stand nicht mehr zur Debatte. Bassis Behörde hatte den Erwerb eingeleitet, ohne sich an geeigneter Stelle Rückendeckung zu verschaffen, woraufhin ein Beamter des Finanzhofs zu dem Schluss gelangt war, so viel Luxus sprenge jeden Rahmen, halb so edel sei gut genug für die Dorftrottel aus Elei Sinai. Natürlich drückte er es diplomatischer aus, aber jetzt lag der Deal auf Eis.
    Und plötzlich fehlten an die 100 Wohnungen.
    Das Ganze war hochnotpeinlich, irgendein Schlaukopf entschied, die Leute kurzerhand auf eine Wohnwagensiedlung am Rande Beer Schevas umzuverteilen, dummerweise ohne die Betroffenen über die Gründe in Kenntnis gesetzt zu haben.
    Teufel aber auch –
    Vergessen zu erwähnen.
    Eine Entschuldigung folgte, das Papier nicht wert, auf dem sie stand. Wohl oder übel mussten die Kahns, mit dem Nötigsten bepackt, nach Beer Scheva zockeln, wo sie ein Ungetüm von Caravan erwartete, dasdem Augenschein nach jeden Sandsturm seit der Vertreibung der Israeliten mitgemacht hatte. Unmöglich, die Farbe zu bestimmen. Entlang der Schweißnähte des Wohnwagens sammelte sich Kondenswasser, nachts kühlte die Wüste ab, das Kondensat fand sich zu dicken Tropfen, die Phoebe ins Gesicht klatschten, kaum dass sie sich in den Schlaf geheult hatte. Immerhin wussten sie jetzt, warum die Matratzen klamm waren. Wie als Antithese zur permanenten Feuchtigkeit funktionierte die Toilettenspülung nach dem Zufallsprinzip, und als Phoebe tags drauf Spiegeleier braten wollte, fiel der Generator aus und war mit Tritten und guten Worten nicht mehr in Gang zu setzen.
    Im Wesentlichen beschrieb dies den Zustand des gesamten Caravan-Parks.
    Unmut und Verzweiflung machten sich unter den Evakuierten breit, so hatte sich das keiner vorgestellt. Die SELA schwor Stein und Bein, in Sachen Appartementhaus sei das letzte Wort noch nicht gesprochen, aber davon wuchsen keine Wohnungen.
    Die Verzweiflung schlug in Zorn und Aufruhr um.
    Hier würden sie nicht bleiben.
    Um keinen Preis.
    Jemand regte an, zurück in den Gazastreifen zu ziehen und einige der verlassenen Häuser zu besetzen.
    Nicht die eigenen.
    Viel besser. In Schirat HaYam, einer Siedlung des Gusch-Katif-Blocks, werde der Widerstand organisiert, dort habe ein angesehener Militärhistoriker die »Unabhängige Jüdische Autonomie von Gaza Beach« ausgerufen und eine beeindruckende Streitmacht hinter sich versammelt, es sei jede Menge Platz da und jeder Unterstützer willkommen.
    Also fahren sie nach Schirat HaYam.
    Der Weg führt vom Grenzübergang Kissufim über eine gesicherte Straße zum Meer, dennoch ist der Blick auf das arabische Umland nicht zu vermeiden. Außerhalb der Siedlungen ist der Gazastreifen ein Trümmerfeld, vernarbt von der Intifada, ödes, kaum bebautes Land. Die Dörfer und Lager trist und grau, Rohbauskelette, die nie jemand fertigstellen wird, dennoch bewohnt, Straßen voller Schlaglöcher und Müll, Absperrungen, Stacheldraht. Auf ganzen Arealen türmt sich der Schutt, Stahlrippen krallen sich rostrot in den Himmel, die zerbombten Reste der palästinensischen Infrastruktur. Eine feine Schicht Betonstaub liegt über allem, die das Atmen erschwert, kann aber auch sein, dass einem nur vor lauter Betroffenheit die Luft wegbleibt. Dieser Teil des Nahen Osten wurde so gründlich zerschossen wie kein anderer, und inmittender Verwüstung recken die Dschihadisten stolz ihre Fäuste und versprechen neues Ungemach.
    »An Gewalt wird es nicht fehlen«, hat Ilias traurig zu Jehuda gesagt. »Wenn ihr abgezogen seid, bekommt Scharon seinen Frieden. Und wir bekommen einen Bürgerkrieg.«
    Jehuda sieht solche Gegenden nicht zum ersten Mal. Nie zuvor musste er in einer solchen Hucke wie dem Caravan wohnen, doch gerade fragt er sich, wie viele obdachlose Palästinenser mit Kusshand in das Ding einziehen würden.
    Elend ist relativ.
    Und Schirat HaYam auch nicht gerade eine Augenweide. Fast könnte man den Eindruck gewinnen, die Siedler dort wollten leben wie ihre biblischen Vorfahren.
    Dabei ist der Strand mit seinen Schatten spendenden Palmspalieren eigentlich ganz hübsch, das war’s dann aber auch. Statt stabiler Häuser notdürftig gekalkte Kästen, Baracken mit Wellblechdächern, unbefestigte Straßen. Ein rostiger Wachturm, auf dem trotzig die israelische Fahne flattert. Als Hauptquartier des Widerstands dient ein verfallen wirkender, bunkerartiger Klotz, das

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