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Breaking News

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Titel: Breaking News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Hälfte verlassen. Zwischen Bäumen und Straßenlaternen hängen ratlos Transparente: Wir siedeln für Israel, Wer Gaza verrät, verrät Jerusalem, Für die Palästinenser macht es keinen Unterschied, ob wir in Haifa oder Gaza leben – für uns auch nicht. Parolen, die in den südlichen Siedlungen zum guten Ton gehören. In Dugit, Nisanit und Elei Sinai, den säkularen Dörfern Nordgazas, wirken sie eher deplatziert. Dafür flattern überall orangefarbene Bänder im Wind, sieht man orange Stirnbänder, Kappen und T-Shirts. Das Orange der Zitrushaine im jüdischen Gaza ist zur Farbe des Widerstands geworden, seit Monaten verteilen Aktivisten landesweit solche Bänder, mit denen man gegen die Evakuierung protestieren kann.
    Nützt nur nicht viel.
    Dugit ist verlassen, Elei Sinai entleert sich wie ein leckgeschlagenes Schiff. In Nordgaza wird Zahal kein nennenswerter Widerstand entgegenschlagen.
    Erst vergangene Woche haben Phoebe und Jehuda ihre Entscheidung,freiwillig zu gehen, öffentlich gemacht. Das Problem ist, sobald die Religiösen spitzkriegen, dass du dich mit Bassis Truppe geeinigt hast, gehen sie dir aus dem Weg, als hätte dir die Lepra die Nase abgefressen. Zerstechen dir die Reifen, schmieren Verräter an deine Haustür. Und das ist nur der Anfang. Wartet, bis Benjamin seine Studenten schickt, so wie er es im Sinai getan hat. Täglich sprechen rechtsnationale Politiker von »Juden-Deportation«, geißeln radikale Rabbiner den Abzug als »biblische Sünde« und rufen die Soldaten zur Befehlsverweigerung auf. Es stellt sich die Frage nach der letzten Instanz, wer entscheidet, was richtig, was falsch ist, wie immer lautet die Antwort »Gott!«, und Gott schaut herab auf seine im Glauben entflammte Gemeinschaft und denkt:
    WAS soll ich?
    Ihr seid ja nicht ganz beieinander.
    Jetzt, wo raus ist, dass die Kahns bei der SELA unterschrieben haben, regt sich keiner sonderlich darüber auf. Nicht in Elei Sinai. Es führt lediglich dazu, dass auch noch die Letzten ihre Namen unter die Verträge setzen und den Möbelwagen bestellen. Und natürlich ist Yael strikt gegen die Abkopplung, sie trägt ein knalloranges T-Shirt und schimpft in perfekter Zweistimmigkeit mit Phoebe auf die Regierung, ohne das mulmige Gefühl loszuwerden, unter einer Art Narkose zu handeln, als steuere sie mit Hochgeschwindigkeit in die entgegengesetzte Richtung, in die sie eigentlich will.
    Wie programmiert.
    Aber wer oder was hat sie programmiert?
    Irgendwas stimmt da ganz und gar nicht.
    Die Entwurzelung ihrer Familie schmerzt sie, zugleich fragt sie sich, wie sie ernsthaft dagegen sein kann, den Haufen psalmodierender Ekstatiker weiter südlich in die Schranken gewiesen zu sehen. Auch in Elei Sinai beruft sich mancher auf Josua 15, Vers 47, überwiegend aber sind die Leute halbwegs bei Verstand. Selbst für Atheisten zu ertragen, nur geh mal nach Nezarim! Prangt inmitten palästinensischen Territoriums wie ein Fettauge auf der Brühe. Völlig isoliert, Wachtürme, bombenfester Beton. Die Panzerung des Busses, der die gesicherte Verbindungsroute abklappert, würde jedem Merkava zur Ehre gereichen, weshalb ihn palästinensische Heckenschützen regelmäßig Materialtests unterziehen. Ein einziges Gefängnis, dieses Nezarim, das an den Witz von dem Irren denken lässt, der in der Wüste Löwen fangen will. Er stellt einen Käfig auf, setzt sich hinein und bildet sich ein, drinnen wär draußen. Vor Jahren hat Zahal Vorsorge getroffen, dass die Orangen- und Olivenhaine niemandem ermöglichen, sich unbemerkt anzuschleichen,indem sie das komplette Umland dem Erdboden gleichmachte, jetzt haben Siedler und Feinde einander über tristes Brachland im Blick. Regelmäßig wird der Ort beschossen, und doch kennt Yael Mütter, die ihre Kinder nirgendwo anders aufwachsen sehen möchten. Ähnlich abgedreht sind sie in Kfar Darom, wo sonst findet man eine Frau wie Hanna Barat? Acht Blagen und eine palästinensische Kugel im Rückgrat, die sie in den Rollstuhl zwingt, was ihr aber nur als Bestätigung dient –
    »– erst recht hier zu siedeln! Der Anschlag hat mich bestärkt, Gott hat entschieden, baruch haschem !«
    Gelobt sei sein Name.
    Gelobt sei auch der Name ihres jüngsten Sohnes, Amichai Israel, Das Volk Israel lebt! So heißt der Kleine. Wenn er in der Schule zur Tafel muss, kommt immer gleich das ganze Volk nach vorne. Durchgeknallte in Yaels Augen, zugleich tun sie ihr leid. Als eine Kommilitonin sie im Januar mit zu ihren Eltern nach Nezarim

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