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muss. Wie erwartet will Arik jetzt nur noch sie sehen, mit ihr über die Vergangenheit sprechen, über Jehuda und Phoebe (nach deren Befinden er sich pausenlos erkundigt), begierig lauscht er ihren Schilderungen, freut sich wie ein Kind über kleinste Details, die Yael ihm aus ihrem Leben zuteilwerden lässt. Sosehr sie versucht, jedes Mal schnell wieder von der Farm zu verschwinden, müssen sie ja über irgendwas miteinander reden in den paar Minuten, die sie seinen Körper zerstört, also redet sie über sich.
Belangloses Zeug.
Über die Zeit ihres Studiums, die Aufgaben einer Assistenzärztin, Bücher und Filme, die sie mag.
Dabei wäre es kein Problem, länger zu bleiben. Wer sollte sie hindern? Er ist der verdammte Ministerpräsident, wenn er sie hier haben will, können sie sich im Hadassah auf den Kopf stellen.
Aber dann müsste sie noch mehr mit ihm reden.
Und Yael will Arik nicht nett und sympathisch finden. Buchhalterisch rechnet sie jedes Lächeln, jede freundliche Geste ihres Patienten gegen seine Missetaten auf, um ihn weiter hassen zu können. Der Schock des persönlichen Kontakts ist überwunden, die Welle der Skrupel durchgerollt, auch wenn es sie gewaltige Kraft gekostet hat, sich ihr entgegenzustemmen.
Jetzt denkt sie nur noch an die Zukunft.
Daran, dass es RICHTIG ist.
Das Gift, das Phoebe ihr von Kindesbeinen an injiziert hat, soll endlich abfließen, zurück in die Blutbahn des Urhebers allen Kummers.
Zwischen den Behandlungen lässt sich Arik in den Regierungssitz fahren, trifft sich mit Vertretern der Medien, demonstriert Stärke und Unverwüstlichkeit. Vier Stunden täglich, die ihm seine Ärzte und Berater nach langen Diskussionen zugestanden haben. Die nutzt er, in drei Monaten ist Wahl, Kadima der Rennwagen, der gerade an allen vorbeizieht, er selbst am Steuer.
Wie, bitte, soll er da aussteigen? Doch nicht jetzt. Er ist der amtierende und aller Voraussicht nach nächste Premier Israels, nie haben ihn so viele Leute so dringend gebraucht. Trotz Erkrankung platzt sein Terminkalender aus allen Nähten, was es Yael ermöglicht, ihre Besuche kurz zu halten, doch am Nachmittag des vierten Tages erwartet er sie im Wohnzimmer mit einem Stapel Fotos.
»Was meinst du dazu?«
Sie schaut sich die Bilder an, Aufnahmen hübscher, frei stehender Häuser im Ländlichen. Durchweg Plätze von der Art, an denen man sich vorstellen könnte, alt zu werden.
»Willst du umziehen?«, fragt sie.
»Ich? Nein.« Er schüttelt mit traurigem Lächeln den Kopf. »Das waren die Vorschläge, die ich Jehuda machen wollte. Ihm und Phoebe. Wenn er an dem Tag nicht verunglückt wäre, würden sie jetzt in einem dieser Häuser leben.«
Yael beißt sich auf die Unterlippe.
»Das glaube ich kaum«, sagt sie leise.
»Warum nicht?«
»Du weißt doch, wie Phoebe über dich denkt.«
Schon steht sie inmitten verminten Terrains, und dabei hat sie sich so fest vorgenommen, jede Konfrontation zu vermeiden. Nicht, dass es sie nicht drängen würde, ihm die Meinung zu sagen, aber was soll das bringen, außer dass er sich brüskiert fühlt. Freundlicher, oberflächlicher Small Talk ist ihre Eintrittskarte in dieses Haus, und sie will noch eine Weile hier ein- und ausgehen.
So lange, bis die Arbeit erledigt ist.
Arik nickt. »Ich habe Jehuda gewarnt: Halte Phoebe da raus. Wir lassen es so aussehen, als habe die SELA auf mein Geheiß nachgelegt, dafür müssen wir keinen persönlichen Kontakt gehabt haben. Sag ihr nicht, dass wir uns treffen – lass es uns so halten, wie wir es die ganzen Jahre über gehalten haben.«
Yaels Blick springt zwischen den Fotos hin und her.
Wirklich schön.
Dann wird ihr bewusst, was Arik gerade gesagt hat.
»Hab ich das richtig verstanden? Ihr habt euch heimlich getroffen?«
»Stell dir vor, ja.« Er lacht. »Wie Schuljungen, die was Verbotenes tun.«
Komisch. Davon hat Jehuda nie etwas erzählt.
Warum nicht?, denkt sie. Wir waren Vertraute. Dachte er, ich sei zu sehr auf Phoebes Seite, um seine Treffen mit Arik zu billigen? Fürchtete er, ich könnte sein Geheimnis nicht für mich behalten?
»Und wann habt ihr euch zuletzt gesehen?«
»Über ein Jahr her. Davor alle paar Monate. Nachdem Haaretz schrieb, ich wolle Gaza räumen, rief er mich noch einmal an. Danach – Funkstille. Und ich sagte mir, das war’s. Jetzt will er nichts mehr mit dir zu tun haben. Also hab ich versucht, über Umwege was für die beiden zu regeln, in Aschkelon.«
»Ging leider schief.«
»Tja.
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