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Breaking News

Breaking News

Titel: Breaking News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Verfluchte Bürokratenbande. Doch dann rief er an. Völlig unvermutet. Ich hatte schon nicht mehr damit gerechnet.«
    »Und was hast du ihm gesagt?«
    »Komm vorbei, natürlich! Bis morgen Mittag hab ich den Idioten Feuer unterm Arsch gemacht. Ihr kriegt die beste Wohnung, das schönste Haus. Ihr müsst nur wählen.«
    Phoebe stellt es anders dar, aber was kann sie über das Telefonat schon wissen? Hätte Jehuda überhaupt davon erzählt, wenn es nicht positiv verlaufen wäre?

    »Du wolltest ihnen wirklich helfen?«, fragt sie.
    »Das will ich immer noch.« Er zeigt auf die Fotos. »Ich dachte, Phoebe könnte an einem dieser Plätze Interesse haben. Oder? Sie wird nicht ewig bei deiner Tante wohnen wollen.«
    »Sie wird nichts von dir annehmen.«
    »Sie muss ja nicht wissen, dass es von mir kommt.«
    Yael lässt noch einmal die Fotos durch die Hand gleiten, versucht sich Phoebe in einem der Häuser vorzustellen. Allein, ohne Jehuda. Beziehungsweise in Gesellschaft seines Gespensts.
    Und dem Uris.
    Nette WG , was?
    Ihre Großmutter braucht keinen Reparateur, sondern einen Exorzisten.
    Und ich auch, denkt Yael. So wie wir beide von Dämonen befallen sind, würden wir stundenlang Galle kotzend unter der Zimmerdecke hängen.
    »Ich muss darüber nachdenken«, murmelt sie.
    Ariks Lippen zucken, spitzen sich, dann sagt er: »Weißt du, Yael – ich lebe damit, für das gehasst zu werden, was ich tue. Manche werden für das geliebt, was sie nicht tun. Sie handeln nicht, entscheiden nichts, finden nur für alles schöne Worte, jedermann applaudiert. Ist das besser? Auf alle Fälle einfacher. Mein Weg war das nie. Du kannst es den einen nur recht machen, wenn du die anderen vor den Kopf stößt, und das ist entsetzlich. Es bringt dich an den Rand deiner Kraft, weil du Menschen wehtust, die du liebst. Gaza zu räumen – das war, als hätte ich mir die rechte Hand abgehackt. Ohne Betäubung.«
    »Warum hast du es dann gemacht?«
    Er sieht sie an. »Weil es richtig war. Unausweichlich.«
    »Wer entscheidet, was richtig ist?«
    »Der Blick zurück in die Geschichte, und den werfen andere. Man kann nur handeln aus innerer Überzeugung.«
    »Klingt einsam.«
    »Es ist einsam«, nickt er. »Wenn du ein Land führst, bist du der einsamste Mensch der Welt. Es gibt keine Instanz mehr über dir. Niemand, zu dem du hochblicken kannst, der dir die letzte Verantwortung abnimmt. Nur noch dich. Das musst du aushalten können.« Er macht eine Pause. »Ich ging in Gaza zu einer Familie, fünf Tage vor der Räumung, und die Frau sagte: Kommen Sie, ich zeige Ihnen etwas. Und sie zeigte mir ein Symbol über dem Hauseingang, eines, das den Todesengel fernhält. Sie persönlich haben das über unserem Haus angebracht, sagte sie.Vor vielen Jahren. Sie persönlich erklärten uns, es sei gut für Israel, dass wir hier siedeln. Und jetzt erklären Sie uns, dass wir zum Wohle Israels gehen müssen. Das traf mich bis ins Mark. In der Nacht darauf träumte ich, ich hinge in einem Brunnen an einem Seil. Ein Schacht ohne Boden. – Und das Seil riss.«
    Einen Moment lang, wie das Aufleuchten einer Kerzenflamme, rührt sie an, was er sagt. Einsame Menschen, die glauben, das Richtige zu tun.
    Nein, denkt sie zornig.
    Du hast getan, was du getan hast, Arik. Du tust, was du tust. Lebe damit. Ich lebe auch damit.
    »Zeit für deine Medikamente«, lächelt sie.
Jerusalem
    Am Morgen darauf lässt ihre Konzentration zu wünschen übrig.
    Mit Folgen.
    Schlaflos ist sie in ihrer Wohnung herumgegeistert, hat gelesen, ferngesehen und versucht, sich von ihren Gedanken abzulenken, mit dem Ergebnis, dass sie sich zu einer Art Belagerungsring um ihr verängstigtes Ego geschart haben, eine diffuse Bedrohung im Dunkeln. Inzwischen machen ihr die Nächte mehr zu schaffen als die Tage. Alles scheint aus den Fugen geraten. Fürchtet sie, nicht einschlafen zu können, wälzt sie sich Minuten später in albtraumdurchfurchtem Schlummer, sind ihr Kopf und Glieder schwer von Müdigkeit, liegt sie stundenlang wach und erblickt mit geschlossenen Augen schlimmere Dinge, als sie mit offenen zu sehen bekommt.
    Der Stress macht sich bemerkbar. Ständiger Kopfschmerz sitzt wie eine geballte Faust hinter ihren Augen, die ersten Handlungen des Tages verrichtet sie wie somnambul, mehr und mehr kommt es ihr vor, als träume sie ihr Leben.
    Um 7:10 Uhr quittiert sie die Medikamente.
    Huscht ins Arztzimmer, niemand da, schließt ihren Schrank auf und lässt die Tabletten aus der Plastikbox in

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