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an die Macht zu verhindern. Bloß, Schimon kann ihr das Hirn vollpumpen mit Gründen, es geht um etwas ganz und gar anderes.
»Morgen früh wird deine Familie in Efrat feststellen, dass die SELA eine Online-Überweisung getätigt hat. Die Hälfte der Summe, die Phoebe zusteht und eigentlich über einen Zeitraum von drei Jahren ausgezahlt werden soll. Nur damit du siehst, zu was wir in der Lage sind. Wir können lahmende Gäule in strammen Galopp versetzen, und glaub mir, die SELA lahmt auf allen vieren. Aber wenn du uns hilfst, Yael, werden auch wir euch helfen. Ihr werdet in Sicherheit sein.«
Als sie heute Vormittag in Efrat anrief, musste sie gar nicht von selbst zum Thema kommen. Die Einzahlung war schon per E-Mail bestätigt worden.
»Stell dir das vor, Yael!« Miriam im Taumel zwischen Unglaube und Begeisterung. »Das hilft uns ungemein!«
»Bloß nicht hinterfragen! Nachher war’s ein Versehen.«
»Bist du verrückt? Wir stellen uns tot.«
Nein, Schimon ist kein durchgeknallter kleiner Attentäter. Kein Jigal Amir. Es würde Yael nicht im Geringsten wundern, wenn hier irgendwelche Geheimdienstler den Sturz der Regierung betrieben. Schimon war über Ariks Zustand früher und besser im Bilde als die Medien, wusste im Detail, welche Therapie die Ärzte planten, hat es geschafft, den Anschlag auf das Leben eines Mannes als politische Rettung zu verkaufen.
Doch das hat nicht den Ausschlag gegeben.
Yael ist auf einem persönlichen Feldzug unterwegs, so sieht’s aus, und was immer Schimon an politischen Argumenten liefert, dient ihr nur dazu, sich einzureden, sie wäre es nicht.
Sie wird Miriam, David und die Kinder retten.
Phoebe, Jehuda und ihren Vater rächen.
Das ist ihre Legitimation.
Schikmim-Farm
Als der Wagen auf die schmale Zufahrtsstraße zur Farm einbiegt, hat sie sich innerlich anästhetisiert.
Die Schikmim-Farm ist groß, wie sie feststellt, vor allem sieht sie weit mehr nach Bauernhof aus, als sie erwartet hätte. Yael erinnert sich, Arik in Interviews oft über seine Liebe zur Natur sprechen gehört zu haben. Dass er aus Kfar Malal stamme, Sohn eines Agrarökonomen, und unter anderen Umständen ganz sicher Bauer geworden wäre.
Sie erblickt Koppeln, Ställe, landwirtschaftliches Gerät.
Sanft geschwungene Wiesen, Ackerland.
Eine Rinderherde in der Ferne.
Das Farmhaus selbst ist ein schlichter weißer Bau mit Vordach, umstanden von Bäumen und Palmgewächsen. Limousinen und ein SUV parken in der Auffahrt. Den Mann, der sie einlässt, würde man nicht mal einen Wimpernschlag lang für ein Familienmitglied halten, so sehr steht ihm Personenschützer auf die Stirn geschrieben. Keine Fragen, warum anstelle der resoluten Nurse aus dem Bilderbuch eine junge Assistenzärztin kommt, hier sind sie schon über alles informiert. Yael wird einen Flur hinuntergeführt, es riecht nach Gebratenem, erhascht einen Blick in die Küche. Gemütlich. Eine Frau, Ariks Schwiegertochter vielleicht, im Gespräch mit einem stämmigen Mann, den Vollglatze undAugenbrauen als Ariks ältesten Sohn Omri ausweisen. Ein Klavierkonzert durchweht das Haus.
Stimmt. Arik liebt Musik.
Überhaupt, während sie das Allerheiligste durchschreitet, fällt Yael auf, dass sie überraschend viel Privates über den Ministerpräsidenten weiß. Kunst interessiert ihn, Picasso und der französische Impressionismus. Falafel ist seine Leibspeise, und er würde gerne mal in die Mongolei reisen.
Hat er das alles im Fernsehen erzählt?
Oder weiß sie es von Jehuda? Ganz sicher nicht von Phoebe, die würde sich eher die Zunge abbeißen, aber möglicherweise hat ihr Großvater öfter über Arik gesprochen, als Yael es in Erinnerung hat.
Klavier und Orchester führen einen luftigen Dialog.
Sie betritt das Wohnzimmer.
Sieht ihn ausgestreckt auf dem Sofa liegen. Arik, König von Israel. Ariel Scharon. Antagonist ihrer Familie, auf den sich ihr ganzer Hass fokussiert, der Mann, den sie im Verlauf der nächsten zwei Wochen versuchen wird, regierungsunfähig zu machen.
Oder zu töten.
Bei ihrem Anblick schwingt er sich auf. Lächelt mit einem Ausdruck gelinder Überraschung.
»Oh. Guten Abend. Ich hoffe, Frau Abramovitch ist nichts passiert.«
Kommt ihr entgegen, schüttelt Yael die Hand.
Ihr Herzschlag setzt aus.
Eine Welle aus Eindrücken überspült sie, übermächtig, reißt sie fast von den Füßen, sie kann nichts dagegen machen, das Lächeln des Alten gewinnend zu finden, und auch nichts gegen den Frosch, der sich in ihrer
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