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Breaking News

Breaking News

Titel: Breaking News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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weniger ist, dass die anderen Kinder nicht mit ihm spielen würden. Sie hänseln ihn, lassen wenig Bereitschaft erkennen, ihn einzubeziehen, wenn irgendwo was steigt, Völkerball, über Baumstämme balancieren, und natürlich entgeht ihnen nicht, dass die Scheinermanns bei ihren Eltern so beliebt sind wie allergisches Jucken.
    Andererseits, Kinder.
    Gerade mal sechs.
    Noch in einem Alter, in dem die unmittelbare Erfahrung reicht, Vorurteile zu zersetzen, außerdem ist Kfar Malal ja nicht unübersichtlich. Arik weiß, wo sie sich treffen. Würde er öfter hingehen, sie ließen den Bullen schon mitmachen.
    Aber er traut sich nicht.
    Lieber hockt er bei Regen, wenn es so richtig vom Himmel runterprasselt, allein im Stall, dividiert Strohhalme auseinander und hängt seinen Gedanken nach.
    Außerdem nimmt sein Vater ihn hart ran. Auf dem Hof ackert er – na ja, wie ein Bulle halt. Verglichen mit ihm schwimmen Jehuda und Benjamin in Freizeit. Wird gepflügt, geharkt, gesät, gedüngt, gefüttert, geerntet, geschlachtet, der Wagen beladen, Arik muss ran. Samuel Scheinermanns Experimentierfreudigkeit beginnt sich auszuzahlen. Süßkartoffeln, Erdnüsse, Avocados, Orangen, all das, worüber sie im Moschaw anfangs gelacht haben, wirft jetzt Geld ab, außerdem ister ständig auf Reisen und verdingt sich als Agrarwissenschaftler, selbst aus der Türkei kommen Aufträge rein. Die Zeiten des Hungerns sind vorüber. Inzwischen liegt sein Einkommen weit über dem Dorfdurchschnitt. Beliebter macht ihn das nicht, eine brodelnde Mischung aus Wut, Neid und Anerkennung schlägt ihm entgegen, obendrein noch die Gefahr durch arabische Banditen, also schiebt die Familie rund um die Uhr Wache.
    Arik hat einfach keine Zeit zum Spielen.
    »Ach, nur ’ne Stunde«, versucht Jehuda ihn zu überreden. »Vorm Abendessen.«
    »Ja, wir wollen später noch zum Sandbombenbauen«, sagt Benjamin. »Komm doch einfach mit.«
    Sandbombenbauen, großartige Sache! Einer bringt eine alte Zeitung mit, Seite rausreißen, nassen Sand drauf, zusammenknüllen, fertig ist die Bombe.
    Und dann auf den Gegner pfeffern.
    Aber volles Rohr.
    Jedes Mal haben sie Riesenspaß (ihre Mütter, die das Zeug aus den Klamotten waschen müssen, weniger), selbst Benjamin macht mit. Ist zwar ein lausiger Werfer, und richtig basteln kann er die Bomben auch nicht. Meist fällt der Sand im Flug schon raus, klar, dass sie ihn dafür auslachen, aber wer zu laut lacht, kriegt es mit Jehuda zu tun.
    Arik schaut zu den Bäumen, hinter denen der Moschaw beginnt, Sehnsucht im Blick.
    »Ich würd ja gern.«
    »Aber?«
    »Muss meinem Vater helfen. Ärger zu Hause.«
    »Was denn für Ärger?«
    Arik druckst herum. Die Antwort sitzt ihm wie ein Frosch im Hals.
    »Sag schon.«
    »Meine Mutter kommt nicht aus ihrem Zimmer.«
    »Und warum nicht?«
    »Weil –« Arik schaut düster drein. »Sie hat ihre Brieftage.«
    »Ihre WAS ?«
    Jehuda hat zwar schon gehört, dass seine Mutter ihre Tage hat, offenbar eine Umschreibung für Gereiztheit und Austeilen von Backpfeifen, aber was sind jetzt Brieftage?
    »Na, sie schreibt eben Briefe.«
    »An wen?«
    »An ihre Eltern. In Tiflis. An meine Tante. Meine Onkel leben inEuropa, an die auch. Sie schreibt einen Riesenhaufen Briefe an alle, sie hat auch Freunde in Afghanistan. Die kriegen alle Post.« Stockt. »Mit uns redet sie dann nicht.«
    Uns: Samuel, Arik, seine Schwester Dita.
    Hochinteressant.
    Sie ziehen ihm die Würmer aus der Nase, und Arik, motiviert von so viel unverhofftem Interesse, wird gesprächiger. Erzählt ihnen, wie fürchterlich allein sie sich auf dem Hof fühlen, weil der ganze Moschaw gegen sie ist. Wie Ausgestoßene kommen sie sich vor. Seinem Vater geht das mächtig an die Nieren, und seine Mutter, na, die leidet halt auf ihre Weise.
    »Sie wollte nämlich mal Ärztin werden. Aber das geht jetzt nicht mehr. Wegen der harten Feldarbeit, sagt sie. Gestern hat sie geweint und meinen Vater angeschrien, sie hätte nie hierhergewollt. Er wäre schuld, dass wir so ein elendes Leben führen.«
    »Elendes Leben?«, echot Jehuda. Schaut sich um. »Ich find unser Leben nicht elend.«
    »Uns mag aber keiner.«
    »Doch.« Benjamin überlegt. »Unsere Eltern mögen deine Eltern.«
    »Ja, als Einzige.« Ariks Miene verdüstert sich noch mehr. »Wisst ihr, letztes Jahr haben sie in Tel Aviv jemanden erschossen, so einen Anführer der Arbeiter. In Kfar Malal sagen alle, die Resivio – Revi – Revisionisten hätte ihn umgebracht.«
    Klar sagen sie

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