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Breaking News

Breaking News

Titel: Breaking News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Irgun, Lechi, Arbeitspartei, jeder will das Empire zum Teufel gejagt haben und fordert die Lorbeeren ein, dabei müssten sich alle zusammen bei den Arabern bedanken. Deren Aufstände haben die Briten schließlich zur Einsicht gebracht, eher würden sich Schlangen und Mäuse befreunden als Juden und Muslime, doch die Araber haben gerade keine Zeit, Dankesbekundungen entgegenzunehmen.
    Zu tief verstrickt in eigene Rivalitäten.
    Zu sehr damit beschäftigt, jede Variante einer Zweistaatenlösung empört von sich zu weisen.
    Und das ist dumm.
    Sehr dumm.
    Denn damit legen sie ihre Zukunft in die Hände der Vereinten Nationen, und wer will schon Fremde über seine Zukunft entscheiden lassen. Noch könnten sie die UN -Abstimmung verhindern, indem sie vernünftige Gegenvorschläge unterbreiten, was allerdings eine gemeinsame Position erfordern würde, und derzeit eint sie nur die fiebrige Erwartung des Moments, da vor dem Government House in Jerusalem letztmalig der Union Jack eingeholt wird.
    Dann, verfluchte Zionisten, werden wir über euch kommen!
    Euch unseren Zorn spüren lassen.
    Und bis es so weit ist, üben wir schon mal.
     

    »Da! Da sind sie.«
    Limousinen fahren vor, die Menge teilt sich, lässt die Delegierten durch, manche in Würde erstarrt, andere lächelnd, winkend und verwundert um sich blickend, als könnten sie selbst nicht glauben, was sie gleich tun werden. Ben Gurions schlohweißes Haar leuchtet in der Sonne. Er geht dicht, sehr dicht an ihnen vorüber, und Jehuda denkt:
    Diese Haare!
    Wie zwei gebauschte, weiße Flügel.
    Rachel gräbt ihre Finger in seinen Arm. Er sieht ihre Augen glänzen, vor Stolz?, denkt er, aber nein, sie sind feucht geworden, und da weiß Jehuda, jetzt gerade denkt sie an Schalom.
    In ihrem Herzen klafft ein Loch, das nicht verheilen will.
    Er versteht sie.
    Auch er denkt oft an seinen Vater, aber er war elf, als die Bombe ihn in Stücke riss. Jehudas Leben hat sich danach schnell wieder zum Ganzen gerundet.
    Rachels nicht.
    Sie ist eine fröhliche Frau, mit Mitte vierzig bringt sie Männer immer noch dazu, sich auf offener Straße nach ihr umdrehen, und die meiste Zeit verlebt sie im Hier und Jetzt. Oft aber endet ihr Blick eine Handbreit vor ihrem Gesicht. Dann schaut sie nach innen, und dort wohnt die Vergangenheit. In solchen Momenten rollt sie Steine den Berg hinauf. Versucht das Paradoxon aufzulösen, dass Schalom tot ist, gerade weil sie dem Tod entflohen sind. Dass er noch leben könnte, hätten sie es drauf ankommen lassen und wären in Berlin geblieben.
    Sind denn alle deutschen Juden ermordet worden?
    Hätten wir nicht eine Chance gehabt?
    Was, wenn wir nach Amerika gegangen wären? Wenn Schalom sich nicht mit diesem Tufik as-Azuri angefreundet hätte, dann hätte er an jenem Tag nicht in Carmichaels Café gesessen.
    Was, wenn –
    In selbstquälerischer Auslassung der Umstände vergisst sie, dass ihnen für Amerika das Geld fehlte und die US -Behörden ihnen ohnehin kein Visum erteilt hätten, weil die Einreise zu diesem Zeitpunkt bereits stark reglementiert war.
    Vergisst, dass Sicherheit eine Illusion ist, genährt durch Pausen zwischen Katastrophen.
    Dass man nirgendwo sicher ist.
    Nicht mal in seinen Gedanken.
     

    Die Menge applaudiert, dann sind sie im Museum verschwunden, David Ben Gurion, Golda Meir, Levi Eschkol und wie die Geburtshelfer alle heißen, die vor 24 Stunden noch nicht wussten, wie sie das Kind nennen sollen.
    Zion?
    Judenstaat?
    Judäa?
    Ivri?
    Ben Gurion hat Israel vorgeschlagen (Israel = der mit Gott streitet), außerdem empfohlen, die von den UN skizzierten Grenzverläufe nicht in die Unabhängigkeitserklärung mit aufzunehmen, diesen Flickenteppich, und dann auch noch Jerusalem inmitten arabischen Gebiets.
    Als international überwachte Zone.
    Lachhaft.
    International überwacht? Die Stadt ist eingekesselt. Das jüdische Viertel von der Arabischen Legion besetzt. So sieht’s aus. Seit der Jischuw den Teilungsplan im vergangenen Jahr akzeptiert hat, tobt in Palästina ein blutiger Bürgerkrieg, jeder gegen jeden. Die Briten sind weg, die Gewalt dauert an, und die arabischen Nachbarn beginnen mitzumischen. Gleich nach Abzug der Besatzer hat sich Jordanien die Westbank unter den Nagel gerissen, Ägypten liebäugelt mit Gaza, die muslimischen Potentaten möchten den Kuchen unter sich aufzuteilen. Ein Judenstaat ist dabei nicht vorgesehen, der Teilungsplan ergo Makulatur. So oder so hat Israel nur eine Chance, nämlich aus dem zu erwartenden

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