Breathe - Flucht nach Sequoia: Roman (German Edition)
Totengräber mir den Spaten überziehen will.
»Ausgestoßene!«, brüllt Crab und grapscht nach meiner Atemmaske. Ich trete ihn mit beiden Füßen in die Brust, er fällt zu Boden und das verschafft mir ein paar wertvolle Sekunden, um ihm die Maske runterzureißen. Ich zerre so fest, dass die Schläuche aus dem Tank mitkommen, und er schlägt wild in meine Richtung. Doch im Atmen kann er mit den anderen nicht mithalten und nach wenigen Sekunden gibt er auf und beginnt zu röcheln, als die mageren Luftverhältnisse seine Lungen angreifen.
»Maske her, du Drecksgör«, schnarrt er.
Ich rase zu Silas, schiebe seine Maske zurecht und schüttle ihn. »Wach auf!« Ich hebe seinen Kopf, um nach Wunden zu suchen, aber in der Dunkelheit kann ich kaum was erkennen und plötzlich raschelt es hinter mir und die Maske wird mir runtergerissen. Ich springe auf, wirble herum und habe auf einmal Crabs Hände um den Hals, er drückt zu, die Augen treten ihm fast aus den Höhlen.
Keiner von uns bekommt ausreichend Luft und so landen wir beide zusammengekrümmt auf dem Boden.
Seine Hände umklammern mich so fest, dass ich ihn nicht abschütteln kann. Es fühlt sich an, als wolle er mir das Genick brechen. Ich grabe ihm meine Nägel in die Hand und zerkratze ihm das Gesicht, kämpfe, kämpfe um mein Leben. Doch da fällt ein Schatten über uns.
Silas.
Crab gibt mich frei und startet einen Fluchtversuch, doch Silas hat den Spaten. Crab hält sich völlig sinnlos die Augen zu und Silas haut ihm mit der Schaufel über den Kopf. Lautlos sinkt Crab in sich zusammen. Ein Schaudern durchfährt mich, mein starrer Blick fällt auf Silas.
Der wirft mir seine Atemmaske zu, holt dann meine herbei und schiebt sie sich über Mund und Nase. »Er ist tot«, sage ich.
Silas hebt Crabs Kopf etwas an. »Ja«, meint er. Aus Crabs Kopf tropft eine dunkle, rote Flüssigkeit auf die Erde. So etwas wie Bedauern durchsickert mich, doch ich unterdrücke es sofort. Entweder er oder wir. So war es doch. Nicht wahr?
»Niemand darf ihn finden«, sagt Silas. Er zieht mich auf die Füße.
»Warum nicht?« Mein Hals tut immer noch weh.
»Sonst verdächtigen die noch uns. Ich will nicht der Nächste sein.«
Ich beuge mich runter und hebe Crabs Beine an. Silas übernimmt die Arme. Aus dem zerschmetterten Schädel des Totengräbers tropft das Blut.
Rasch schleppen wir Crab zu dem Loch, das er sich selbst ausgehoben hat, und werfen ihn auf die erste Leiche. »Ich hol den Spaten«, sagt Silas. Ich starre runter auf Crab und den anderen Toten, Wange an Wange, die Gliedmaßen völlig verzerrt.
Kaum ist Silas wieder da, beginnt er zu schaufeln, und als seine Muskeln verkrampfen, übernehme ich. Wir rackern uns ab, bis nichts mehr zu sehen ist. »Wirsind Mörder«, sage ich und wische mir die schweißnasse Hand an der Hose ab.
Auf dem Rückweg versuchen wir, Crabs Blutspur mit Steinen und lockerer Erde zu überdecken. »Lass uns die Sauerstoffflasche irgendwo lagern. Vielleicht brauchen wir die noch«, sagt Silas und lässt mich ein paar Minuten bei der Wand zurück, während er ein gutes Versteck sucht.
Bleibt nur noch das Problem, wie wir wieder reinkommen sollen. Hier am Hintereingang von Sequoia scheint es keine Kameras zu geben, doch die Mauern sind mit Scherben gespickt. Wenn wir rüberklettern, wird jeder beim Frühstück unsere Schnittwunden sehen.
»Alina«, murmelt Silas. Er hat sich hingekniet. »Da ist ein Weg hinein. Oder raus.« Ich kauere mich neben ihn und schaue hin.
Unter der Mauer hindurch hat jemand einen engen Tunnel gescharrt.
»Passt du da durch?«
Silas beantwortet meine Frage, indem er sich Kopf voran in den Tunnel zwängt. Er muss sich winden und quetschen, aber er schafft es, und bald bin ich auch hindurch, von Kopf bis Fuß mit Erde paniert. »Hoffentlich ist das Flutlicht noch aus«, sagt Silas.
Einen Mann umgebracht, mehr haben wir heute nicht erreicht, und als wir zur Hütte hasten, hallt ein Wort in Endlosschleife in meinem Kopf: Mörderin. Mörderin.
Genau das bin ich geworden.
QUINN
Gezänk weckt mich auf. »Lass mich in Ruhe«, stöhnt der Junge aus seiner Zelle.
»Wenn du die ganze Zeit schnarchst«, sagt das Mädchen.
»Kann ich nichts für.«
Ich drehe mich auf dem harten Betonboden um. Sie stehen sich gegenüber und rangeln durch die Gitterstäbe miteinander. Als das Mädchen mich entdeckt, hört sie auf.
»Was hast du denn angestellt?«, fragt sie. Ich stehe auf und bürste mir den Dreck ab.
»Nix«, sage
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