Breathe - Flucht nach Sequoia: Roman (German Edition)
andere Seite der Luke.
»Es muss nicht stimmen. Das mit Bea«, raunt er in die Nacht.
Mein Magen macht einen Satz. »Ich glaub schon.«
»Lass uns abwarten, was Quinn erzählt«, meint er. »Den Leuten hier glaub ich erst mal gar nichts.«
Ich möchte gar nicht groß drüber nachdenken. Warum auch? Was hätte Denken jemals verändert? Ich robbe zur Dachkante und lasse mich mit den Füßen voran langsam hinuntergleiten. Als ich meinen Griff löse, lande ich unsanftauf der Erde. Diesmal springt das Flutlicht nicht an und ich laufe geduckt in die Stille hinein. Wenige Sekunden später ist Silas neben mir.
Wir halten die Köpfe unten und schleichen uns hinter die Hütte. Wolken verhüllen den Mond, wir sind umgeben von völliger Finsternis. Silas packt zur Sicherheit meinen Jackenzipfel. Als wir bei der letzten Hütte angekommen sind und unsere Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt haben, bleiben wir stehen. Der Anbau ist rechts von uns, vor dem Hauptgebäude, die übrigen Nebengebäude zu unserer Linken. Zwischen den Nebengebäuden und uns befindet sich eine große, offene Fläche. Wenn die mit Bewegungsmeldern gesichert ist, fliegen wir auf.
Die Wolkendecke bricht auf und der Mond spendet ein bisschen Licht. Silas lässt rasch den Blick umherschweifen. »Da müssen die Zellen sein. Schmale Fenster«, sagt er und deutet auf ein gedrungenes Gebäude in der Ferne. Gerade will er etwas hinzufügen, als wir gedämpfte Stimmen hören. Wir drücken uns platt an die Wand, als plötzlich Vanya und Maks erscheinen. Ruhig atmen, leise atmen…
»Tut mir leid mit deiner Tochter«, sagt Maks.
»Für mich war sie schon lange gestorben«, antwortet Vanya.
»Vielleicht ist sie’s ja gar nicht. Ich trau keinem von denen über den Weg«, meint er. »Die haben es faustdick hinter den Ohren.«
Vanya lächelt. »Na und? Den anderen Verrätern hat ihr Hirn bei uns auch nicht groß was gebracht, oder?«
Während sie im Duett kichern, wird plötzlich alles in grelles Licht getaucht. Ich ziehe schnell den Kopf wieder um die Ecke und greife instinktiv nach Silas’ Hand. Er legt einen Finger auf das Luftauslassventil meiner Maske. Als ob er mich noch ermahnen müsste, keinen Mucks zu machen.
»Was treiben die Idioten da?«, sagt Vanya. »Geh und schalt das Flutlicht wieder aus.« Maks nimmt die Beine in die Hand.
»Da ist Vanya«, sagt eine neue Stimme.
»Was treibt ihr da eigentlich? Was, wenn euch jemand sieht?«, zischt Vanya und die Flutlichter erlöschen. Ich schiebe mein Gesicht wieder um die Ecke. Silas drängelt sich hinter mich und späht über mich hinweg. Wo eben noch Maks stand, schleppen jetzt zwei Männer ein langes, in Plastik gehülltes Objekt. Sie legen ihre Last ab und keuchen vernehmlich.
»Der Geländewagen hat den Geist aufgegeben«, informiert einer der Männer Vanya. »Mussten’s dann selber tragen.«
»Schaff diesen Müll einfach raus, wo er hingehört. Und wenn ich euch noch mal bei so was erwische, dann werdet ihr in Plastik eingewickelt.« Vanya tritt einmal heftig gegen die Rolle und dampft wutentbrannt ab, während die Männer ihr nachgucken.
»Hat die ihre Tage, oder was?«, flüstert der eine. Der andere kichert. Als sie ihr Bündel wieder hochheben, zupft mich Silas am Ellbogen. »Wir müssen ihnen nach«, flüstert er.
»Warum?«
»Willst du einen Tipp abgeben, was in dem Plastik steckt, oder soll ich?«
»Und was ist mit Quinn?« Wir müssen rausfinden, ob’s ihm gut geht und was mit Bea passiert ist.
»Was, wenn das da Quinn ist ?«, fragt Silas. Ich starre auf die Rolle. Wenn Silas recht hat, können wir keinen Tag länger bleiben, Abel hin oder her.
»Das glaub ich nicht«, flüstere ich.
»Er war nicht beim Essen.«
»Lass uns das checken.«
Wir folgen den Männern in gebührendem Abstand, geduckt und so dicht an den Gebäudewänden wie möglich. Sie plaudern unentwegt und stöhnen immer wieder unter ihrer Last. »Hätten bis morgen warten sollen«, sagt einer.
»Besser, wir bringen’s hinter uns.« Schließlich haben wir die hintere Mauer erreicht, die Sequoia von der Außenwelt abgrenzt. Wie beim Haupteingang sind die oberen Ziegel mit Scherben gespickt. Seufzend lassen die Männer das Bündel fallen und scheinen aus dem letzten Loch zu pfeifen. »Ich brauch Luft«, hustet einer.
»Aber wie. Sobald wir das hier hinter uns gebracht haben, schlag ich mein Lager neben einer Oxybox auf.« Er wühlt in seiner Tasche herum und zieht einen schweren Schlüsselbund hervor, den er im
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