Breathe - Flucht nach Sequoia: Roman (German Edition)
ich. »Aber das scheint ja schon zu reichen hier.« Das Mädchen quietscht vor Lachen. Kichernd verpasst sie dem Jungen noch eine. Aber das ist kein echtes Lachen, das ist Hysterie. »Kommt man hier irgendwie raus?«, frage ich. Weiter oben bei der Decke gibt es ein ganz schmales Fenster, aber das war’s auch schon.
»Fluchtaktionen kann ich eher nicht empfehlen«, meint der Junge. Er zieht sein Hemd hoch und zeigt mir seine grün und blau gefleckte Brust.
»Maks?«, frage ich.
Er nickt, schiebt seine Hände durchs Gitter und entblößt den Rücken des Mädchens. Ihre Haut trägt ein rotes Zickzackmuster. »Mich hat er verprügelt und sie ausgepeitscht«, sagt er. »Weil wir eine Sauerstoffflasche geklaut haben. Mehr nicht.«
Ich muss würgen. Sosehr Bea mir auch fehlt, ich bin heilfroh, sie hier nicht reingezogen zu haben.
Im Schloss klappert ein Schlüssel und Maks stößt die Tür auf. Der Junge und das Mädchen verdrücken sich nach ganz hinten in ihre Zellen und beobachten, wie er auf mich zusteuert. »Tolle Neuigkeiten. Vanya hat dir verziehen und das heißt, du hast ein volles Tagesprogramm. Untersuchungen.«
»Untersuchungen?«
»Jetzt komm in die Gänge«, sagt Maks, zerrt die Zelltür auf und packt mich am Nacken. Ich wehre mich nicht, denn dann könnte ich dran sein. Außerdem ist außerhalb dieser Zelle die Wahrscheinlichkeit größer, Alina zu finden und hier rauszukommen, zurück in die Kuppel.
Der Junge und das Mädchen schauen mir hinterher. Panik im Blick.
Das würde mir wohl auch ganz gut anstehen.
ALINA
Ich wache schweißgebadet auf, das Gefühl fremder Hände um meinen Hals. Silas sitzt auf meinem Bett. »Nur ein Traum.«
Ich schiebe mir die Strähnen aus dem Gesicht. »Wie spät?«, frage ich. Alle anderen sind schon fertig angezogen.
»Sechs Uhr abends. Wir machen uns für diese beknackte Verpaarungszeremonie zurecht«, sagt er.
»Hab ich den ganzen Tag verschlafen?«
»Ich hab Vanya gesagt, du hättest es am Magen«, erklärt er.
Ich denke an Crabs mordlustigen Blick und wieder schnürt es mir die Kehle zu. »Hast du’s ihnen erzählt?«, wispere ich.
Silas rutscht dichter an mich heran. »Sie wissen von der Leiche, die da draußen begraben wurde. Was wir getan haben, erzählen wir nur, wenn’s gar nicht anders geht.« Er nimmt mich beim Kinn und schaut mir in die Augen. »Krieg dich ein, Alina. Du hast schon vorher getötet.« Ich schüttle abwehrend den Kopf. »Im Hain.Glaubst du, all deine Kugeln sind an den Soldaten vorbeigeschwirrt?«
Aber damals war es leichter – die Truppen waren weit weg, ich hatte ihre Gesichter nicht vor Augen und verscharren musste ich sie auch nicht.
Silas wendet sich an die anderen. »Nachdem wir gestern die Leiche gesehen haben, gibt es keinen Zweifel mehr… wir müssen hier raus. Unsere Hauptsorge ist der Sauerstoff. Song?«
Song kaut sich auf den Lippen rum. »Ich kann schon eine Möglichkeit finden, Sauerstoff zu binden und in irgendein luftdichtes Behältnis zu pumpen, aber zur Gewinnung brauchen wir Bäume oder die Formel für künstliche Luft… und die notwendigen Chemikalien.«
»Das scheidet also aus«, sagt Silas. Alles verstummt. Viel mehr Möglichkeiten bleiben nicht. »Ich hab noch die Karte, auf der Inger die Solar-Atemgeräte eingezeichnet hat. Mit denen können wir erst mal überleben und abwarten, bis Song was Besseres entworfen hat.« Er sieht uns alle nacheinander an. Ich würde gerne eine andere Idee beisteuern, aber ich habe keine.
»Mit den Solardingern sind wir gut zurechtgekommen, bis ihr aufgekreuzt seid«, schwindelt Maude. Aha. Wieso wollte sie mich wegen meiner Sauerstoffflasche umbringen, wenn sie damit so gut zurechtgekommen ist?
Dorian stemmt die Hände in die Hüfte. »Im Hain haben wir auch Leute begraben, wie du weißt. Ich verstehe nicht, wieso diese Leiche jetzt groß was ändern sollte.«
»Das war nicht nur die eine Leiche, Dorian«, sage ich. »Da waren Dutzende von Gräbern.«
Dorian zieht sich das rote Gewand über den Kopf und sieht uns herausfordernd an. »Diese Verpaarungssache passt mir genauso wenig wie euch, aber ich hab keine Lust, den Rest meines Lebens mehr tot als lebendig im Ödland rumzuirren«, meint er.
Wir sehen alle Silas an und warten darauf, dass er irgendeine Lösung aus dem Hut zaubert, die Dorians Ängste besänftigt. Ängste, die auch unsere sind. Doch Silas hat nichts dergleichen parat. »Wir müssen raus aus Sequoia, und zwar jetzt«, beharrt er nur.
»Keinen
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