Breathe - Flucht nach Sequoia: Roman (German Edition)
sagt Alina. »Oder etwa nicht?« Ihre Stahlaugen durchbohren mich. »Bewaffnen Sie uns«, befiehlt sie meinem Vater.
»Aber gerne«, sagt er und gibt sein Gewehr an Silas weiter, der erst die Waffe, dann meinen Vater anblickt und nickt. Mein Vater nimmt der Soldatin die Waffe ab und reicht sie Alina.
Er streckt mir die Hand entgegen. Ich ergreife sie und so stehen wir einen Moment da, ohne den Blick voneinander losreißen zu können. »Wie das auch immer ausgeht…« Er hält inne. Silas zieht sich zurück. Alina folgtihm. »Du bist ein tapferer Mensch, Quinn«, sagt er. Es ist keine Entschuldigung, aber doch das, was er mir geben kann.
»Jetzt werd mal nicht dramatisch«, sage ich, halb im Witz. Ich entziehe ihm meine Hand und stürze mich in die Zone Eins.
BEA
Es muss mindestens einen Tag her sein, seit sie mich in diese fensterlose, luftdichte Zelle geworfen haben. Ich habe weder gegessen noch getrunken und meine Arme und Beine sind an einen Stuhl gefesselt. Vor ein paar Stunden habe ich mich angepinkelt. Es riecht grauenhaft und ich winde mich auf der Sitzfläche, um das unangenehme Gefühl etwas zu lindern. Ich werde hier nicht rumflennen, damit sie am Ende glauben, sie hätten mich kleingekriegt.
Ich versuche, meine Hände loszureißen, doch das kostet mich nur eine weitere Hautschicht meiner roten, wund gescheuerten Handgelenke. Als ein Klappern mir ankündigt, dass die Wache die Tür aufschließt, höre ich auf.
Der Wachmann hält die Tür auf und Niamh Knavery kommt hereinstolziert. Sie starrt mich an, als hätte mich wer hingekotzt. »Hier stinkt’s«, sagt sie. »Hast du dich etwa angepisst?« Wenn ich könnte, würde ich ihr zweigen, wie sehr mir ihr Gerede am Arsch vorbeigeht. Für den Gestank hier sind die verantwortlich, nicht ich.
Nach einer kurzen Pause erscheint Lance Vine. Er hält sich den Arm über die Nase. Schon beinah komisch, dass ausgerechnet er mich hier eklig findet. »Gib uns fünf Minuten«, trägt er dem Wachmann auf, der nickt und mitsamt dem Schlüsselbund an seinem Gürtel auf den Gang verschwindet.
»Ich hab nichts verbrochen«, sage ich.
»Komm mir nicht so«, schäumt Niamh verächtlich.
»Dein Vater hat meine Eltern ermordet. Ich hab allen Grund, dich zu hassen«, erkläre ich ihr, obwohl ich dann auch Oscar hassen müsste, und das tue ich nicht. Keiner von ihnen kann etwas dafür, was Cain Knavery war.
Vine baut sich neben Niamh auf und reibt sich die Nase zwischen Daumen und Zeigefinger. »Wenn’s nach mir geht, müssen wir hier nicht noch groß herumtun. Jude Caffrey hat gemeldet, dass die Lage sich zuspitzt. Zeit zum Handeln.« Er stellt sich vor Niamh und drückt mir seine schwitzige Pfote über den Mund. »Wir waren der Meinung, wir hätten die meisten von euch erwischt, als wir den Hain vernichtet haben. Wer greift uns dann jetzt an?«
»Schon wieder ein Aufstand in der Kuppel?«, frage ich. Ob Quinn da mit drinnen hängt? Könnte er hier sein? Ich verspüre einen schwachen Hoffnungsschimmer. »Wenn Sie so ein knallharter Bursche sind, warum stehen Sie dann nicht da draußen und kämpfen persönlich gegen die Bösen?«
Er verpasst mir eine schallende Ohrfeige. Der Stuhl kippt nach hinten und knallt auf den Boden. Ich lande auf meinen hinter dem Rücken fixierten Handgelenkenund muss die Zähne zusammenbeißen, um nicht aufzuschreien. Ich drehe mich auf die Seite und versuche, meine Handgelenke zu bewegen.
Niamh presst die Lippen zusammen. »Steckt Wendy dahinter?«
»Oder war es Oscar?«, fügt Vine hinzu.
Niamh erschauert. »Und ich denk mal, Wendy hat auch diesen neuen Angriff auf die Kuppel mit vorbereitet«, sagt sie hastig, um mich ja nicht zu Wort kommen zu lassen. »Wir sollten hier einfach die Luft abdrehen und sie ersticken lassen.« Über mir zuckt Vine die Schultern. Er schert sich einen Dreck darum, was mit mir geschieht.
Ein Geräusch im Flur lässt mich erstarren. Ein weiterer Soldat tritt in die Tür. Bei meinem Anblick muss er schlucken. »Sie werden in der Kammer bei der Sitzung erwartet, Herr Präsident«, meldet er.
Vine dreht sich zu Niamh. »Sag denen, ich bin gleich da.«
»Ja, Herr Minister«, sagt sie. Mir verpasst sie noch einen kleinen Tritt.
»Ich bin nicht anders als du, Niamh«, sage ich. Das ist weder Bettelei noch Um-Hilfe-Flehen, ich gebe ihr nur die Chance, doch noch das Richtige zu tun.
»Nein, Bea«, sagt sie. »Wir sind von Grund auf verschieden und das ist Teil des Problems. Du und deine Terroristen wollen das
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