Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)
aufs Gröbste missachtet – und deshalb müssen vielleicht Leute sterben. Es sind sogar schon welche gestorben.
»Chefin?« Das ist Roxanne. Sie trägt eine Augenklappe und ist unverzichtbar für die Bewegung, denn sie ist absolut skrupellos. Ebenso übrigens wie Levi.
»Wir haben ungebetene Gäste«, erklärt ihnen Petra. »Fesselt sie und werft sie in eine der Zellen. Die Alte ist eine Ausgestoßene, also Vorsicht mit ihr. Und nehmt ihnen ihre Atemgeräte ab, was auch immer sie für welche benutzen. Ich möchte die Kontrolle über ihren Sauerstoffverbrauch haben. Beauftragt Song, etwas Sauerstoff in die Zellen zu pumpen.«
Und als hätte Petra ihn mit ihren Worten heraufbeschworen, steht Song plötzlich neben ihr.
»Welchen Gehalt?«, fragt er.
»Nicht zu hoch. Nicht mehr als zwanzig Prozent. Sie werden sich schon dran gewöhnen.«
»Bitte behandele sie nicht als Gefangene. Eine Zelle ist wirklich nicht nötig«, flehe ich. Zwar ist Maude tatsächlich gerissen und verschlagen, aber ich denke an Bea. »Ehrlich, wir können ihnen vertrauen. Da bin ich mir sicher.«
»So, da bist du dir also sicher? Sorry, Alina, aber deine Meinung zählt hier nicht mehr. Deine Urteilskraft hat dich in letzter Zeit ja wohl ziemlich im Stich gelassen.« Petra legt Jazz eine Hand auf den Kopf. »Begleite Roxanne und Levi, meine Süße, ja? Nehmt den Gefangenen ihre Waffen und ihren Proviant ab. Und gebt ihnen nichts zu essen.«
Jazz tänzelt barfuß zur Bunkertür, als würde sie in den Park zum Spielen gehen, während Roxanne und Levi wie Leibwächter hinter ihr herstampfen.
»Bitte, Petra, das ist echt nicht nötig. Wirklich, die beiden sind keine Bedrohung«, versuche ich es noch mal, aber es ist zwecklos. Ich kenne Petra gut genug, um zu wissen, dass ihre Bäume Vorrang haben.
Und dann geht sie einfach und lässt mich stehen.
»Alle hergehört!«, richtet sie sich an die Leute im Bunker. »Ihr könnt jetzt zurück nach oben auf eure Posten. Aber haltet euch bereit, jederzeit wieder in Deckung zu gehen.«
»Und was soll ich jetzt machen?«, frage ich, während ich Petra hinterherlaufe.
»Du?« Petras Stimme wird zu einem leisen Murmeln.Sie krempelt die Ärmelaufschläge ihres Mantels hoch. »Du verbringst den Rest des Tages in der Schießanlage und trainierst.«
»Und wofür trainiere ich?«
»Du hattest offenbar genug Mumm in den Knochen, um einen Krieg loszutreten, Alina Moon. Jetzt beweise, dass du auch den Mumm hast zu kämpfen, verdammt noch mal. Und bereite dich entsprechend vor.«
BEA
Dorian zeigt uns gerade die Schlafräume, als ich plötzlich von hinten gepackt werde. Noch bevor ich protestieren oder mich freistrampeln kann, wird mir die Maske vom Gesicht gezogen und ich werde, panisch nach Luft schnappend, etliche Treppen hinuntergezerrt und schließlich in einen fensterlosen Raum aus nacktem Beton geworfen. Maude landet kurz nach mir in der Zelle und ihr ist es wohl noch schlimmer ergangen: Sie hat die Augen verbunden, ist geknebelt und an Händen und Füßen mit einer dicken Schnur gefesselt. Die Tür wird zugeknallt und mit einem Mal ist es stockdunkel, nur ein schwacher gelblicher Schimmer dringt unten durch den Türschlitz.
Die Luft im Raum ist dünn. Ich kann nichts anderes tun, als auf Händen und Knien zu Maude zu kriechen, die sich in einer Ecke zusammengekauert hat. Mir ist so schwindelig, dass ich das Gefühl habe, jeden Moment kotzen zu müssen.
»Maude«, sage ich sanft und nehme ihr die Augenbinde ab, doch sofort bellt draußen auf dem Gang eine Stimme: »Rühr die Ausgestoßene nicht an!«
In der Tür gibt es eine Luke, wahrscheinlich um Essen durchzuschieben, und in dieser Luke zeichnet sich der Schatten eines Kopfes ab.
»Dann gebt ihr Luft. Oder erlaubt mir wenigstens, ihr den Knebel rauszunehmen. Sie ist eine alte Frau.«
Nach einer Pause meldet sich die Stimme wieder: »Okay, aber wenn sie zu jaulen anfängt, kommen wir rein und bringen sie zum Schweigen.«
Die Luke schließt sich. Ich löse den Knebel und Maude atmet so tief ein, wie sie nur irgend kann.
»Warum habt ihr mich nich einfach inner U-Bahn liegen lassen?«, fragt sie. Ihre Stimme klingt hart und böse, so als hätte ich ihr unrecht getan, als ich sie gerettet habe.
»Maude, sag so was nicht, das ist schrecklich. Du wirst nicht sterben. Das lasse ich nicht zu«, rede ich auf sie ein, obwohl meine Möglichkeiten, sie zu retten, wohl nicht größer sein dürften als ihre, mir zu helfen. »Glaubst du auch, dass Alina
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