Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)
und löse einfach nur vorsichtig seine Augenbinde. Als er wieder sehen kann, schüttelt er fassungslos den Kopf und presst die Lippen aufeinander.
»Bea«, flüstert er und tritt ein Stück näher.
Ich spüre seinen Atem und lehne mich ein Stück zurück. Er hat überall blaue Flecke und Prellungen im Gesicht. Ich strecke meine Hand aus, und als ich den Schorf auf seinem Kinn berühre, zuckt er zurück und schließt die Augen.
»Du hast es wirklich geschafft«, wispere ich.
Und dann sagt erst mal keiner von uns was. Wir schauen uns einfach nur an. Zum ersten Mal richtig.
»Alinas Cousin hat mich gefunden«, erklärt er schließlich. Sein Mund macht Bewegungen, als wolle er noch mehr sagen, aber das tut er nicht. Dann schüttelt er den Kopf und nimmt einen neuen Anlauf. »Ich muss … ich muss dir so viel sagen. Ich bin beim Führungskräftetraining angenommen worden … aber das war eine abgekarteteSache. Und das ist noch nicht mal das Schlimmste. Wenn ich dir erzähle, wer ich wirklich bin, zu was für einer Familie ich gehöre, dann würd’s mich nicht wundern, wenn … wenn du mich nie wiedersehen willst.«
»Du lebst!«
Ich verlagere mein Gewicht von den Fersen auf die Zehen, sodass sich plötzlich unsere Nasenspitzen berühren. Und da passiert es: Er küsst mich! Ich rechne damit, dass er sich zurückzieht, dass der Kuss wie üblich rein freundschaftlich bleibt, aber er zieht sich nicht zurück! Seine Lippen bleiben auf meine gepresst, und dann öffnen sie sich leicht und ich spüre Quinns Atem in meinem Mund. Unwillkürlich schlinge ich meine Arme um seinen Hals und drücke mich an ihn. Und dann tritt er plötzlich doch einen Schritt zurück und schaut mich an.
»Du hast ja grüne Augen«, sagt er.
»Ja. Übrigens schon seit Jahren.«
Und daraufhin setzt er den Kuss fort.
ALINA
Als Petra uns in den Versammlungsraum führt, fällt mein Blick sofort auf Quinn, der am anderen Ende des runden Tisches sitzt, ganz dicht neben Bea. Er sieht absolut nicht mehr aus wie einer, über den ich mich lustig machen würde. Ja, er wirkt so verändert, dass ich mich kurz frage, ob es tatsächlich Quinn ist.
»Setzt euch!«, befiehlt Petra.
Silas und ich nehmen gegenüber von Quinn und Bea Platz. Jazz setzt sich zusammen mit Petra in die Mitte und Roxanne und Levi platzieren sich ihnen gegenüber. Quinn nickt mir schüchtern zu, bevor er sich wieder Bea zuwendet. Obwohl Bea zwölf Stunden lang in einer stockdunklen Zelle gehockt hat, sieht sie strahlender und lebendiger aus, als ich sie je gesehen habe.
»Also, was ist der Stand der Dinge?«, fragt Petra Roxanne und Levi, die den ganzen Morgen die Umgebung ausgespäht haben.
Roxanne räuspert sich und reibt sich mit dem Daumen über ihr gesundes Auge, bis es ganz rot und feucht ist. Dann räuspert sie sich noch einmal.
»Wir vermuten, dass sie sehr bald mit voller Wucht angreifen werden. Nur drei Meilen entfernt, also in unmittelbarer Nähe des Stadtzentrums, hört man Schüsse und vereinzelte Explosionen. Sie zerstören alles, was noch aufrecht steht.«
»Hab ich’s nicht gesagt?«, lässt sich Silas vernehmen.
Petra wendet sich an Levi. »Und was meinst du?«
»Sie sind uns auf der Spur.« Levi verschränkt die Arme über seiner breiten, nackten, tätowierten Brust und wirft Quinn einen hasserfüllten Blick zu.
Petra wedelt mit der Hand in Quinns Richtung. »Silas glaubt, dass dieser Premium-Schmarotzer mit einem ranghohen Offizier verwandt ist. Hast du darüber irgendetwas herausgefunden?«
»General Jude Caffrey ist Oberbefehlshaber der Armee.«
Bea atmet tief ein, während Quinn auf seinem Stuhl herumrutscht. Einen Moment später legt Bea ihren Arm um ihn.
»Ihr versteht mein Dilemma, oder? Wir können ihn nicht einfach gehen lassen.«
Jetzt schaut Petra Silas und mich an, doch wir sagen kein Wort. Wir wissen, was jetzt kommt. Im Grunde ist die ganze Unterhaltung eine einzige Show, denn der Plan steht längst. Uns ist völlig klar, was passieren muss, damit Bea und Quinn den Rebellenhain verlassen dürfen.
»Also, der Deal ist folgender: Der Premium und seine Freundin dürfen unter einer Bedingung gehen.« Bei dem Wort ›Freundin‹ errötet Bea. »Ihr lasst euch von der Armee aufgreifen und erzählt dem werten Herrn Papa,dass ihr uns mit knapper Not entkommen seid. Dann führt ihr die Soldaten, die ganz scharf darauf sind, unser Versteck zu finden, weit weg von uns, damit wir Zeit gewinnen, um uns zu rüsten. Und wenn ich weit weg sage, dann
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