Brechreizend - Die fiesesten Reiseziele der Welt
ich meinem Buch diesen Beitrag hinzu. Ich bitte Sie schon jetzt um Verzeihung.
A. Der Strip in Las Vegas
Es gibt wirklich sehr, sehr viele Dinge, die einem am Strip, der Hauptstraße von Las Vegas, missfallen können. Der Strip ist bekannt für seine Casinos, die Clubs und – im Fall des Bellagio Hotel – für einen tanzenden Springbrunnen, dessen Fontäne sich zur Melodie von Luck Be a Lady Tonight bewegt. Die Nachbildung der Freiheitsstatue ist ein interessantes Beispiel für die Bereitschaft der Amerikaner, Reproduktionen als vollwertigen Ersatz für das Original anzuerkennen. (»Der sieht ja genau aus wie der in New York!«, hörte ich eine Frau begeistert ausrufen – wobei ihr Finger auf eine Nachbildung des Eiffelturms deutete.)
In manchen Themenhotels, wie dem Venetian oder dem Mandala Bay , läuft man gerne herum. Den meisten Unterkünften entlang dieser Straße jedoch fehlen versöhnliche Attribute. Nehmen Sie zum Beispiel das Luxor – eine gigantische schwarze Pyramide, die von einer riesigen Sphinx bewacht wird. Obwohl das Hotel erst 1993 eröffnet wurde, vermittelt es mit seinen dunklen Gängen, den verblichenen, reproduzierten Hieroglyphen und wackligen Geländern, die einen Besucher nur notdürftig vor einem Sturz ins mehrere Meter tiefer liegende Casino schützen, bereits jetzt das Gefühl von Zerfall. Das Resultat ist selbst für Las Vegas beeindruckend: Es zeigt ein Gebäude, das die Hoffnungslosigkeit einer existenziellen Krise mit dem Flair eines Parkhauses kombiniert.
B. Radioaktiver Niederschlag
Fast achtzig Prozent der Fläche von Nevada sind im Besitz der Regierung, die sich entschloss, die ausgedehnten Wüsten des Bundesstaates nicht für ein drogenumnebeltes Festival (vgl. Burning Man ), sondern für atomare Tests zu nutzen. Der Nevada Test Site ist mit seinen riesigen Explosionskratern das bekannteste nukleare Testgebiet der Regierung. Zwischen 1951 und 1992 fanden hier mehr als eintausend Atomexplosionen statt. Die Menge des dabei freigesetzten radioaktiven Niederschlags liegt bis heute im Dunkeln. 1997 allerdings veröffentlichte das National Cancer Institute eine Untersuchung, derzufolge durch oberirdische Kernwaffentests weite Teile des Landes mit radioaktivem Jod I-131 verseucht sind, und zwar so stark, dass 10 000 bis 75 000 neue Fälle von Schilddrüsenkrebs auftraten. Für mich persönlich ist dieses Argument durchaus ausreichend, den Bundesstaat nicht zu besuchen. Andere Menschen denken darüber anders – für sie bieten das U.S. Department of Energy (Energieministerium) und die Nevada Test Site einmal im Monat eine kostenfreie Rundfahrt an.
C. Atommülllager
Bei so vielen Kernwaffentests muss man natürlich den Abfall entsorgen. Lange Zeit wollte man dies am Yucca Mountain tun, der sich – ausgesprochen praktisch – gleich auf dem Testgelände befindet. In diesem Berg hätte man mehr als siebzigtausend Tonnen nuklearen Müll lagern können. Die Regierung höhlte den Berg über zwei Jahrzehnte lang mit Kosten von mehreren Milliarden Dollar aus, was das Projekt zur größten öffentlichen Baustelle Amerikas aller Zeiten machte. Im Jahr 2009 jedoch wurde der Plan verworfen, und bis heute weiß niemand, wo Amerikas nun heimatloser Atommüll gelagert werden soll (das ursprünglich geplante Endlager ist übrigens ein weiterer Ort, den man nicht besichtigen muss). Es gibt zumindest einen triftigen Grund dafür, dass Yucca Mountain nicht weiter ausgebaut wurde: 2007 stellten Geologen fest, dass ein Teil des Komplexes unmittelbar über einer Verwerfungslinie liegt.
D. Aliens
Wenn man in Nevada lebt, besteht die Gefahr, paranoid zu werden: Wenn die Regierung den Bundesstaat schon für seine Kernwaffentests nutzt, warum dann nicht gleich für andere, ähnliche Dinge? Zum Beispiel, um Besucher aus dem Weltraum zu verstecken? Sie glauben mir nicht? Dann fahren Sie mal nach Rachel! Rachel ist ein winziges Städtchen – eigentlich mehr ein Trailer Park –, das etwa hundert Kilometer von der nächsten Tankstelle entfernt an einer Straße liegt, die man scherzhaft »Extraterrestrial Highway« (»Autobahn für Außerirdische«) getauft hat. Dank seiner Nähe zur mysteriösen Area 51 (ein streng geheimer Luftwaffenstützpunkt) ist es zum Mekka für hartgesottene amerikanische Alien-Fans geworden – Rachel bestärkt sie in ihrem Glauben. Die offizielleWebsite des Städtchens beinhaltet auch eine Einwohnerliste: »Menschen: 98«, steht dort zu lesen, und »Aliens: ??«.
Weitere Kostenlose Bücher