Breeds: Harmonys Spiel (German Edition)
unterstützte sie. Wenn sie nur dieses Prickeln in ihrem Nacken loswerden könnte. Dieses instinktive Bewusstsein, dass etwas nicht stimmte, dass etwas an der ganzen Unternehmung nicht richtig war. Und sie konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass Lance etwas vor ihr verbarg. Der Mann, der ihr in Broken Butte versichert hatte, dass dies ihre Welt war und dass er folgen konnte, hatte die Regeln geändert.
Es war nicht so, dass er ihr nun nicht folgte. Das tat er. Mehr oder weniger. Er gab ihr Rückendeckung, damit sie tiefer in den Wald vordringen konnte, entgegen ihrem Instinkt, der sie zur Umkehr drängte.
Sie suchte noch einmal die Umgebung ab, konnte aber keine Anzeichen für Leben entdecken bis auf die allgegenwärtige Natur. Sie atmete tief ein, stand auf, straffte die Schultern und stieg dann noch höher den mit Felsblöcken übersäten Berg hinauf in Richtung der niedrigen Höhle, wo die Box mit den Unterlagen versteckt war.
Harmony spürte Lance in ihrem Rücken. Das mächtige Scharfschützengewehr, das er trug, war geladen und einsatzbereit. Er hatte es nach ihrer kurzen Pause entsichert. Sie wusste, dass er gehofft hatte, sie würde das beinah geräuschlose Gleiten von Metall auf Metall nicht hören. Aber sie hatte es gehört.
Er war nicht so gelassen, wie er zu sein vorgab. Er konnte die Schwingungen der Gefahr spüren, und sie war sicher, dass die sanfte Brise, die sie umwehte, ihm viel mehr Informationen brachte, als er ihr mitgeteilt hatte.
Nach einem halbstündigen Fußmarsch durch das unebene Terrain erreichten sie schließlich die kleinen, verstreuten Steinblöcke und Büsche, hinter denen sich der Eingang der Höhle versteckte.
Harmony hob die Hand, um anzuzeigen, dass sie anhalten wollte, bevor sie auf die kleine Lichtung trat. Sie blickte nach oben und suchte die Bäume ab, die Bergkiefern, Espen und Weißfichten, die hoch aufragten.
»Bring es hinter dich, Harmony«, flüsterte Lance. »Ich gebe dir Deckung.«
Sie kaute unschlüssig an ihrer Unterlippe.
»Bist du sicher?«
»Der Wind ist sicher, Baby.« Er atmete ruhig. »Es geht um deine Freiheit. Jetzt geh.«
Geh.
Das letzte Wort war ein Befehl. Die Kraft dahinter trieb sie an zu handeln. Sie schlich geduckt um die Lichtung herum, die Schulterblätter verkrampft vor Anspannung, und achtete darauf, dass sie im Schatten blieb. Nicht, dass der Schatten ihr viel genutzt hätte, wenn sie von Coyoten beobachtet wurde oder auch nur von Menschen mit Brillen wie ihrer. Die Nacht war nicht mehr so sicher, wie sie es einmal war für die Wesen, die in ihr lebten.
Sie beugte sich tief hinunter, betrat vorsichtig die Höhle und schnurrte leise, als sie hörte, wie die Berglöwenmutter ein warnendes Fauchen ausstieß. Harmony ging weiter in die Höhle hinein, ihr Blick wurde sanft, als sie die Löwin sah, die zusammengerollt im hinteren Teil lag. Zwei Löwenjunge starrten Harmony neugierig an, während die Bernsteinaugen der Mutter sich verengten und sie langsam Harmonys Witterung aufnahm.
Ein grollendes Willkommensknurren kam aus der Kehle der großen Katze. Harmonys Geruch war ein Teil der Höhle, und diese Löwin war dieselbe, die sich schon seit fünf Jahren in der Gegend aufhielt. Sie hatte dort gejagt und ihre Jungen aufgezogen.
»Ja, wir sind alte Freunde, nicht wahr?«, murmelte Harmony, aber die Worte waren kaum hörbar zwischen dem leisen, tiefen Schnurren, mit dem sie die Berglöwin ansprach. »Ich bin nur gekommen, um zu holen, was mir gehört. Das ist alles.«
Harmony ließ sich auf alle viere nieder, um die Mutter zusätzlich zu beruhigen, und kroch zu dem Felsspalt, der sich in einem tiefen Schatten an der Seite öffnete. Die Box war noch da; sie fühlte sich kühl an und war nach all den Jahren von Staub bedeckt.
Sie zog sie heraus und wollte sich gerade wieder umdrehen, als sie sich plötzlich zwei verspielten Jungen gegenübersah, die ihre Tatzen nach ihrem Ohr ausstreckten und dabei fauchten wie kleine Katzen.
Die Mutter war aufgestanden und sah aus einer Entfernung von ein paar Schritten geduldig und aufmerksam zu. Vorsichtig streckte Harmony die Hand aus und kraulte mit den Fingern das kleine Männchen am Bauch, während es sich an ihrem behandschuhten Handgelenk festkrallte.
Ein Lächeln umspielte ihre Mundwinkel, als die Schwester zu knurren und sich eifersüchtig mit ihrem Bruder zu balgen begann. Während die Kleinen dadurch abgelenkt waren, trat Harmony den Rückzug an. Als sie der Mutter in die Augen sah, drehte
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