Breeds: Tabers Versuchung (German Edition)
ganz egal, wo er war oder was er tat.
Er schlüpfte durch die Tür, dann hielt er sie für die zierliche, schweigende Gestalt seiner Schwester auf, die das Zimmer betrat. Nach einem letzten Blick zu ihr schloss Taber die Tür leise hinter sich. Roni drehte schnell den Schlüssel um und schob den Stahlriegel vor. Die Breeds schlossen ihre Schlafzimmer besser ab als andere Leute ihre Häuser. Bei dem Gedanken lehnte sie den Kopf gegen die dicke Holztür und kämpfte mit den Tränen.
Sie konnte nichts und niemanden vor der Tür hören. Sie wusste, dass der dicke Teppich die meisten Geräusche verschluckte, aber sie wusste auch, wie viele Männer aus Sicherheitsgründen im Haus schliefen. Die Breeds gingen kein Risiko ein, was die Frau ihres Anführers und die Mutter des ersten Kindes des Rudels anging. Alle Vorkehrungen waren getroffen, um Merinus und Roni vor jeder Bedrohung zu schützen.
»Ihm passiert nichts.« Dawn Daniels Stimme erklang leise und sanft, fast schnurrend hinter Roni.
Roni holte tief Luft, drückte sich von der Tür ab und drehte sich zu der anderen Frau um. Taber hatte ihr gesagt, dass Dawn ein Puma-Breed war. Ihre DNA war mit dem Genmaterial einer scheuen, eleganten Berglöwin vermischt worden. Sie sah allerdings aus, als steckte eine kleine Hauskatze in ihr.
Sie war schlank, fast zerbrechlich und mehrere Zentimeterkleiner als Roni. Obwohl sie einige Jahre älter war als Roni, sah sie aus wie ein Teenager – ein sehr junger Teenager – , bis man die Schnellfeuerwaffe bemerkte, die sie mit großer Selbstverständlichkeit trug, oder bis man in ihre gequälten Augen sah.
Dawn wurde unruhig, als Roni sie in dem dämmrigen Licht betrachtete, das aus dem anderen Raum hereinfiel. Schulterlanges, dickes dunkelblondes Haar umrahmte ihr schmales, herzförmiges Gesicht.
»Danke, dass du bei mir bleibst«, sagte Roni leise und ging zur Couch, während sie versuchte, das nervöse Zittern ihrer Hände zu unterdrücken. Sie legte die Waffe neben sich auf das Kissen und kauerte sich in eine Ecke des Sofas, ohne die andere Frau aus den Augen zu lassen.
Dawn folgte ihr, setzte sich jedoch ihr gegenüber in den Sessel. Sie lehnte das Gewehr gegen ihr Knie und betrachtete Roni mit schüchterner Neugier.
»Taber ist einer unserer besten Kämpfer«, sagte sie mit ihrer leisen, melodischen Stimme. »Er wird nicht zulassen, dass irgendjemand hier raufkommt. Und wenn, dann lasse ich ihn nicht durch die Tür.«
In den letzten Worten schwang stahlharte Entschlossenheit mit. Es war dunkel im Zimmer, daher konnte Roni kaum noch etwas erkennen, aber sie sah die Wut in Dawns Augen aufblitzen.
Roni hatte noch keine Gelegenheit gehabt, mit Dawn oder einem der anderen Familienmitglieder zu sprechen, die sie aus Sandy Hook kannte. Sie konnte nicht behaupten, Dawn zu kennen, denn sie hatte sich in der Kleinstadt kaum blicken lassen, und wenn, dann redete sie fast nie. Es lag etwas sehr Verschlossenes, Herzzerreißendes in ihren stillen Gesichtszügen, als trüge sie ständig einen Mantel aus Albträumen.
»Das Haus ist großartig«, sagte Roni schließlich, um die Unterhaltung in Gang zu halten. Sie musste sich auf etwas anderes konzentrieren als die möglichen Gefahren, mit denen Taber draußen konfrontiert war. »Wie habt ihr es gefunden?«
Ein spöttisches kleines Lächeln erschien auf Dawns vollen Lippen. »Das Gelände wurde uns zur Verfügung gestellt, zusammen mit einer netten kleinen Summe Geld, um den anderen Breeds zu helfen, die man an verschiedenen Orten fand. Mehrere Council-Mitglieder waren hochrangige Mitglieder unserer Regierung.« Die Worte klangen derb und nachdrücklich.
»Wie viele gibt es bis jetzt?«, fragte Roni neugierig.
»Bis jetzt sind es fast einhundert Breeds, die daran arbeiten, uns in Washington einen Platz in der Gesellschaft zu sichern. Und jeden Monat werden es mehr … « Sie verstummte, als würde ihr der Gedanke an die, die noch kommen würden, in der Seele wehtun.
»Es tut mir leid.« Roni wusste nicht, was sie sagen sollte.
Dawn lächelte freundlich, und ihr Gesicht erstrahlte. »Es muss dir nicht leidtun, Roni. Wir leben. Ist das nicht alles, was zählt?« Es war offensichtlich, dass Dawn sich diese Frage oft selbst stellte.
Was war es nur, was sie an sich hatte? Roni hatte die ruhige Aura der anderen Frau nie durchschaut. Sie hatte die Männer im County beobachtet, wenn Dawn in der Nähe war. Raue, harte Männer wurden plötzlich weich, ihr Lächeln sanft. Männer, die
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